Herzenssache An diesem Spiel arbeitet ein Mann seit mehr als 25 Jahren 

Von Martin Abgottspon

21.4.2021

«Of Pawns and Kings» soll nach mehr als 25 Jahren 2022 veröffentlich werden.
«Of Pawns and Kings» soll nach mehr als 25 Jahren 2022 veröffentlich werden.
Steam

Ingo Stuckenbrock hat sein halbes Leben in ein Spiel investiert, das eher nicht mehr dem heutigen Zeitgeist entspricht. Entmutigen liess er sich trotzdem nie.

Von Martin Abgottspon

Wer schon in den Neunzigerjahren mit Computerspielen gross geworden ist, wird sich nur zu gut an Games wie «Monkey Island», «Indiana Jones» oder «The Day of the Tentacle» erinnern. Point-and-Click-Abenteuer waren damals der grosse Renner. Witzige Rätsel mit noch witzigeren Dialogen der Stand der Technik.

Auch dem Deutschen Ingo Stuckenbrock haben die Spiele damals den Ärmel reingezogen. Ständiges Diskettenwechseln im Minutentakt wurde dafür in Kauf genommen oder er machte alternativ einen Ausflug zu Karstadt, wo er in der Computer-Abteilung «Defender of the Crown» spielen konnte.

«Defender of the Crown» gehörte zu Ingo Stuckenbrocks ersten PC-Spielen.

Bild: Youtube

Der Traum vom eigenen Videospiel

Die Liebe zu den Videospielen liess ihn später auch während seines Architekturstudiums nie ganz los. So entschied er sich irgendwann doch noch dafür, ein eigenes Spiel zu entwickeln. Auf unzähligen Zugfahrten entwarf Ingo Stuckenbrock Skizzen und Story-Entwürfe für sein Game «Schach-Welten». Gleichzeitig sammelte er erste Erfahrungen mit Programmiersprachen und digitaler Visualisierung.

Über Jahre hinweg brachte er dann seine Ideen und das Technische nach und nach zusammen, bis er schliesslich einen ersten funktionierenden Prototypen mit drei Kapiteln zusammen hatte. Und an diesem Punkt sollte die spannende Reise des Hobby-Entwicklers erst richtig beginnen. «Ich habe mich dann auf der Gamescom bei allen mir bekannten Publishern gemeldet und tatsächlich auch überall eine Einladung bekommen. Ich bin also mit meinem Laptop unter dem Arm nach Leipzig gefahren und habe mein Spiel drei Tage lang einem Publisher nach dem anderen vorgestellt. Was für eine aufregende Erfahrung», blickt Stuckenbrock heute in seinem Blog auf die Anfänge zurück.

Bis 2008 fand die Gamescom noch in Leipzig statt.
Bis 2008 fand die Gamescom noch in Leipzig statt.
Gamescom

Vorrang für die Familie

Zu einem Vertragsabschluss kam es aber trotzdem nicht. Die Angebote waren aus Sicht des Einmann-Entwicklers ganz einfach zu schlecht. «Die Bezahlung und Gewinnbeteiligung wäre erschreckend gering. Zudem hätte ich mich einem enormen Zeitdruck aussetzen müssen. Ich schlug das Risiko deshalb aus, auch im Sinne der Familienplanung.»



«Schach-Welten» war für Jahre wieder auf Eis gelegt. Bis zu dem Tag, als Epic sich entschied, ihre Unreal-Engine lizenzfrei für Entwickler zur Verfügung zu stellen. Damit hatte Stuckenbrock ein Werkzeug, mit welchem er sein Spiel gratis modernisieren und aufpolieren konnte. Der Glaube an sein Spiel war wieder erweckt.

Jetzt aber richtig

Rund 25 Jahre sind seit seinen ersten Entwürfen bereits vergangen. Jetzt aber will Stuckenbrock seine Herzensangelegenheit endlich Wirklichkeit werden lassen. Zu diesem Zweck holte er sich auch Hilfe von zwei weiteren Entwicklern, die ihn bei den Skizzen und Modellen sowie der Animation unterstützen. Gleichzeitig will er mit einer Kickstarter-Kampagne noch etwas Geld auftreiben, um dem Spiel den letzten Feinschliff zu geben. 

Geplante Veröffentlichung für «Of Pawns & Kings», wie das Spiel mittlerweile heisst, ist Juli 2022. Wie in den Klassikern der Neunzigerjahre steuert man dabei den 17-jährigen Nik per Mausklicks durch karibische Landschaften auf der Suche nach dem mystischen Verschwinden seines Grossvaters. Dabei begegnet man als Spieler natürlich zahlreichen Rätseln und deckt nach und nach die sonderbare Familiengeschichte des Teenagers auf.

Dieses Spielkonzept ist mittlerweile weitgehend von der Bildfläche verschwunden. Selbst Stuckenbrock hat etwas Angst, dass er mit dieser Art Spiel deshalb den optimalen Zeitpunkt längst verpasst hat. «Auf der anderen Seite glaube ich aber auch, dass sich mittlerweile eine Fanszene für solche Spiele etabliert hat. Diese müssen wir jetzt einfach aktivieren und ich hoffe, dass wir das mit diesem Spiel hinbekommen.»