Videospielmesse BlizzCon 2022 nach Belästigungsvorwürfen abgesagt

Von Dirk Jacquemien

27.10.2021

Ende Juli legten Blizzard-Mitarbeiter*innen die Arbeit nieder und protestierten vor dem Firmensitz in Irvine, Kalifornien.
Ende Juli legten Blizzard-Mitarbeiter*innen die Arbeit nieder und protestierten vor dem Firmensitz in Irvine, Kalifornien.
Getty Images

Weil der Spielehersteller Activision Blizzard durch Vorwürfe der sexuellen Belästigung und dazugehörigen Klagen durch Behörden unter Druck steht, hat er seine alljährliche Messe BlizzCon abgesagt. 

Von Dirk Jacquemien

Blizzard Entertainment, mittlerweile Teile des weltgrössten Videospieleherstellers Activision Blizzard, hat sich mit Kult-Spielen wie «Diablo» oder «World of Warcraft» über Jahrzehnte hinweg eine treue Fanbasis aufgebaut. Diese trifft sich seit 2005 alljährlich auf der BlizzCon, einee Messe nur für Blizzard-Spiele.

2020 und 2021 fiel die Präsenzveranstaltung wie so viele andere Messen nachvollziehbarerweise der Corona-Pandemie zum Opfer. Im Februar dieses Jahres gab es immerhin ein Online-Event. Doch wie Blizzard nun mitteilte, wird die Messe 2022 gar nicht stattfinden — und diesmal ist offensichtlich nicht Corona Schuld.

Klage wegen sexueller Belästigungen

Man wolle die eingesparte Zeit nutzen, um die BlizzCon neu zu erfinden und zu ergründen, wie es zukünftig möglich sei, ein Event zu veranstalten, das «sicher, einladend und inklusive» für alle Teilnehmer*innen ist. Nicht explizit erwähnt wird der mutmassliche Auslöser für die Absage. Denn Activision Blizzard sieht sich gerade Anschuldigungen der sexuellen Belästigungen durch Blizzard-Führungskräfte ausgesetzt, die auch im Rahmen der BlizzCon stattgefunden haben sollen.

Im Juli 2021 reichte die kalifornische Arbeitsschutzbehörde DFEH Klage gegen Activision Blizzard ein. Dem Videospielhersteller wird vorgeworfen, systematisch eine Unternehmenskultur erzeugt zu haben, in der sexuelle Belästigungen alltäglich werden.



Belästigungen in der «Cosby Suite»

Die Klage nennt mehrere Beispiele für mutmassliches Fehlverhalten von Blizzard-Führungskräften. So soll «World of Warcraft»-Kreativdirektor Alex Afrasiabi während der BlizzCon eine Hotelsuite angemietet haben, in der er weibliche Mitarbeiterinnen belästigte. Das Hotelzimmer bekam den Spitznamen «Cosby Suite», nach dem Comedian Bill Cosby, der ebenfalls vielfach Vorwürfen des sexuellen Missbrauches ausgesetzt war.

Afrasiabis Verhalten soll über Jahre hinweg vom Blizzard-Präsidenten J. Allen Brack toleriert worden sein. Erst Mitte 2020 wurde Afrasiabi gefeuert. Ein anderer Vorwurf ist noch schwerwiegender. Eine Activision Blizzard-Mitarbeiterin beging Suizid während einer Geschäftsreise. Männliche Kollegen sollen zuvor auf einer Weihnachtsfeier Nacktfotos der Frau herumgereicht haben.

Sexismus auf offener Bühne

Der Sexismus fand aber keineswegs nur hinter verschlossenen Türen statt. An der BlizzCon 2010 fragte eine Teilnehmerin ein Panel aus rein männlichen Blizzard-Führungskräften, ob die weiblichen Charaktere in «World of Warcraft» zukünftig vielleicht nicht mehr so aussehen könnten wie die Frauen in einem «Victoria’s Secret»-Katalog. Die Männer auf der Bühne, darunter Brack und Afrasiabi, verspotteten die Teilnehmerin.

Nach Bekanntgabe der Klage stritt das Unternehmen zunächst jegliche Verantwortung ab. Die DFEH habe Blizzards «Vergangenheit» verzerrt und falsch dargestellt. Die Behörde bestehe zudem aus reinen «Staats-Bürokraten», die sich «verwerflich» verhalten würden.

Diese Reaktion sorgte bei den eigenen Mitarbeiter*innen für Empörung. Ende Juli legten deshalb Hunderte Angestellte kurzzeitig die Arbeit nieder. Im August trat dann Brack zurück. Eine interne Untersuchung führte zur Entlassung von 20 Personen wegen Belästigungen.