Marco Chillon im Interview Warum Homeoffice und Gaming langfristig wichtiger werden

Von Martin Abgottspon

16.6.2020

Marco Chillon inmitten seiner Produkte, die während Corona-Zeiten sehr gefragt sind.
Marco Chillon inmitten seiner Produkte, die während Corona-Zeiten sehr gefragt sind.
Bild: Razer

Der Schweizer Marco Chillon ist General Manager EU beim Computerzubehör-Hersteller Razer. Im Interview mit «Bluewin» spricht er über den Gaming- und Homeoffice-Boom während Corona, die Bedeutung von eSports und wagt einen Blick in die Zukunft.

Herr Chillon, Corona hat Gaming zuletzt zu einem Boom verholfen. Wie hat Razer diesen erlebt und wie konnte man schnell genug reagieren?

Die Zeit, die Menschen mit Videospielen verbringen, hat in der Corona-Phase deutlich zugenommen. Das zeigen vor allem die Rekord-Statistiken von Spieleplattformen wie Steam. Dementsprechend ist auch die Nachfrage nach unserer Hardware stark gestiegen. Unsere internen Abläufe konnten wir schnell an die neue Situation anpassen. Aufgrund unserer globalen Ausrichtung haben wir schon sehr früh von unseren Kollegen aus China von den möglichen Ausmassen der Corona-Pandemie erfahren. Somit haben wir in unserem Europa-Büro in Hamburg schnell reagiert, weil für uns die Gesundheit und Sicherheit der Angestellten und Allgemeinheit an oberster Stelle stehen. 

Inwiefern hat Razer auch durch die vermehrte Homeoffice-Umstellung profitiert? Woran lässt sich das konkret erkennen?

Unser Business hat aufgrund der hohen Nachfrage von europäischen Onlinehändlern nach Homeoffice-Equipment geboomt, sodass wir grosse Mengen unserer Webcams und Headsets absetzen konnten. Wir haben dabei mit gezielten «Stay at Home»-Bundles reagiert, unsere Lieferketten sichergestellt und unsere Marketingkampagnen entsprechend angepasst.  Dabei haben wir unseren Leitgedanken nie aus den Augen verloren: «For Gamers. By Gamers.» Wir sind ein Team aus Gamern, die ihren Job mit Leidenschaft ausüben. Egal, ob wir in der Mittagspause zusammen «League of Legends» spielen oder es um eine anstehende Marketingkampagne geht: Maximaler Einsatz und Wettbewerbsfähigkeit sind sowohl im Spiel als auch im Tagesgeschäft unser höchstes Credo. Das hat sich auch bei der Homeoffice-Umstellung gezeigt. Der Teamzusammenhalt war grossartig und die Kommunikation über Tools fast so, als würden wir physisch im Büro sein. 

Marco Chillon kam Ende 2011 als Senior Sales Manager DACH zu Razer. Als General Manager EU verantwortet der gebürtige Schweizer heute alle Geschäftsbereiche von Razer Europe. Zuvor war er bei Microsoft Deutschland und als Filialleiter einer Schweizer Vobis-Filiale tätig.

Viele Unternehmen hatten mit Lieferengpässen zu kämpfen. Wie haben Sie diese gemeistert?

Kurz nach den Ausgangsbeschränkungen ist die Nachfrage nach Gaming-Headsets und Homeoffice-Equipment rapide gestiegen. Unsere Webcams waren schnell ausverkauft, da niemand mit einer solch hohen Nachfrage binnen so kurzer Zeit rechnen konnte. Da wir aber ein breites Portfolio haben, hielten sich unsere Lieferengpässe während der Corona-Phase in Grenzen.

Wie nachhaltig ist dieser Trend und Boom für Ihr Unternehmen nun, wenn Corona wieder abflaut?

Ich denke, dass der Homeoffice-Trend in vielen Branchen und Unternehmensbereichen auch in Zukunft einen grösseren Stellenwert einnehmen wird. Viele Unternehmen werden zu Video-Calls wechseln, anstatt zu reisen und bei jedem Meeting physisch anwesend zu sein. Daher wird der Bedarf nach mobilen Office-Lösungen, wie unsere Laptops, und Streaming-Webcams fürs Homeoffice weiter steigen. Auch die Gaming-Community ist durch Corona gewachsen. Die exorbitant hohen Spielerzahlen, wie man sie während der Ausgangsbeschränkungen erlebt hat, werden langfristig vermutlich wieder zurückgehen. Von den neu hinzugewonnenen Gamern werden aber viele bleiben. Davon profitiert die Branche und wird weiter wachsen.



Sie sehen Corona also klar als Chance, woran würden Sie das sonst noch festmachen?

Corona wird auf jeden Fall die Digitalisierung vorantreiben. Auch wenn wir in Deutschland, Österreich und der Schweiz schon sehr digital denken, fehlt es vielerorts noch an der nötigen Infrastruktur – Schulen sind ein gutes Beispiel, aber auch zahlreiche Unternehmen kamen in der Corona-Phase an ihre technischen Grenzen. Dieses Segment wird hoffentlich schneller vorangetrieben. Für unser Tagesgeschäft wird es spannend, mitanzusehen, wie sehr flexible Homeoffice-Lösungen stärker in den Fokus rücken. Damit einhergehend würde auch der Markt und die Nachfrage nach unserer Homeoffice-Peripherie wachsen.

Haben Sie wegen Corona auch spezifische Kampagnen lanciert?

Razer hat schon früh begonnen, zahlreiche Initiativen zur Bekämpfung von Covid-19 zu starten. Wir haben beispielsweise unsere Produktionslinien umgestellt und eine automatisierte Maskenproduktion in Singapur hochgefahren. Zudem rufen wir seit kurzem die Gaming-Community dazu auf, aktiv bei der Bekämpfung von Covid-19 mitzuwirken. Gamer können über unsere Plattform Razer Cortex die digitale Währung Razer Silver beim Spielen sammeln und damit Schutzmasken an Hilfskräfte aus dem Gesundheitswesen spenden – das Sammeln von Razer Silver passiert dabei völlig automatisch und nebenbei.

Welchen Stellenwert spielt E-Sport beim Vertrieb? Würden Sie diesen wegen Corona neu oder anders beurteilen?

Der E-Sport konnte während Corona mehr als nur einen Mehrwert für den traditionellen Sport schaffen, weil Sportarten wie die Formel 1 und Fussball virtuell stattfanden. Viele Fussballer erkannten, wie nah der E-Sport mit dem echten Sport verzahnt ist und wie viel Spass es macht, FIFA-Turniere virtuell zu spielen. Das ist ein grosser Schritt für den E-Sport, um langfristig an Relevanz zu gewinnen. Für uns ist E-Sport einer der wichtigsten Grundpfeiler. Alle E-Sport-Teams aus dem Team Razer werden mit unserer Peripherie ausgestattet und wir involvieren die Spieler in die Entwicklung neuer Technologien und Peripherie. Wie schon erwähnt, ist ein grosser Vorteil des E-Sports sein digitaler Charakter. Viele E-Sport-Veranstaltungen können problemlos als Online-Turnier ausgetragen werden und so die Fans abholen. Ich denke nicht, dass die Vertriebsstrategie umgestellt werden muss. E-Sport wird weiterhin stattfinden und die Fans begeistern.



Wo sehen Sie in naher Zukunft den grössten Bedarf Ihrer Produkte? Wird auch Mobile-Gaming in Ihren Überlegungen noch wichtiger?

In Bezug auf Mobile-Gaming werden Themen wie 5G und Cloud-Gaming eine stärkere Rolle einnehmen. Unterwegs die neuesten, grafisch anspruchsvollen Games zu spielen, eröffnet ein ganz neues Spielerlebnis. Cloud-Gaming wird der nächste grosse Trend und Razer unterstützt diesen Bereich bereits mit dem Kishi-Cloud-Gaming-Controller für Smartphones. Der Razer Kishi definiert Mobile-Gaming neu und bringt ein konsolenähnliches Spielgefühl ins mobile Zeitalter – damit wird Gamern über Cloud-Gaming-Services das bestmögliche Spielerlebnis garantiert.

Was hat Razer betriebsintern in der schwierigen Zeit gelernt?

Der Zusammenhalt und die Atmosphäre im Team wie auch in der Gesellschaft sind das A und O: Nur wenn ein Team perfekt funktioniert, kann man eine Situation wie Covid-19 meistern. Das haben wir mit Erfolg geschafft!

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