Kommentar Hui und pfui! Die zwei Gesichter von EA und ihrer Geldpolitik

Von Pascal Wengi

22.10.2020

Star Wars: Squadrons - ein Traum für alle Weltraumpiloten
Star Wars: Squadrons - ein Traum für alle Weltraumpiloten
Bild: EA Games

Mit «Star Wars: Squadrons», «FIFA 21» und «Madden NFL 21» erschienen innert wenigen Wochen mehrere Spiele des selben Publishers, die in Bezug auf Fairness gegenüber dem Kunden unterschiedlicher nicht sein könnten. Leider.

Vor langer, langer Zeit erschienen Games dann, wenn sie fertig entwickelt und spielbereit waren. Ein Videospiel kaufte man sich und am Inhalt änderte sich nie etwas. So bietet «Zelda Ocarina of Time» auf dem N64 heute noch exakt das selbe Spiel, Pixel für Pixel, wie vor 22 Jahren.

Mit den Jahren entwickelte sich die ganze Branche dann beinahe in die gegenteilige Richtung. Heute ist es fast normal, dass Spiele in unfertigem Zustand auf den Markt kommen. Man spricht dann gerne von einer Alpha-Version oder Early Access, hat es aber oft mit einer Demoversion zu tun, die ein wages Versprechen abgibt, was sein könnte.



Gerade EA hat mit «Anthem» dieses System derart auf die Spitze getrieben, dass es den Ruf des einst so gut angesehenen Publishers ordentlich beschädigt hat. Wer sich das Portfolio von EA anschaut, dem tut dieser Umstand doppelt weh, denn einige der besten und einflussreichsten Spiele der Geschichte von «Battlefield» über «FIFA» bis hin zu «Need for Speed» stammen vom prestigeträchtigen Unternehmen. Nicht zu vergessen wahre Perlen wie die «Der Herr der Ringe»-Spiele, welche für mich mitunter zu den besten Videospielumsetzungen von Filmvorlagen gelten.

«Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde» war der Strategie-Hit für alle Herr-der-Ringe-Fans
«Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde» war der Strategie-Hit für alle Herr-der-Ringe-Fans
Bild: EA Games

Kontroverse um «Star Wars»

Auch EA's Mega-Franchise «Star Wars» blieb von Kontroversen nicht verschont. Der Mulitplayer-Shooter «Star Wars: Battlefront 2» sorgte vor Jahren für grossen Unmut bei Spielern, da kaufkräftige User mittels Ingame-Käufen Vorteile für Gefechte erwerben konnten und einige Inhalte realistisch gesehen nur gekauft, statt erspielt werden konnten. Nach der grossen Reklamationswelle und dem Weggang vieler Fans, reagierte EA dann doch noch und überarbeitete «Star Wars: Battlefront 2» komplett.

Mittlerweile ist daraus ein sehr gutes Spiel geworden und die Fans sind wieder besänftigt. Dennoch wurden immer wieder Stimmen laut, welche Rechteinhaber Disney dazu aufforderten, EA die «Star Wars»-Franchise wieder zu entziehen.  EA war also in der Pflicht, die Fans mit guten und fertigen Spielen zu überzeugen und ein zweites «Battlefront 2» tunlichst zu vermeiden.

Mit «Jedi: Fallen Order» gelang EA im Vorjahr dann sogar eine dicke Überraschung und etwas, was Fans kaum für möglich hielten. Das Spiel war einfach ein gutes Singleplayer Action-Adventure im Star Wars Universum. «Fallen Order» wusste zu begeistern und obwohl im Vorfeld einige selbsternannte Experten zu wissen glaubten, dass das Spiel nur so von Mikrotransaktionen und Pay2Win-Mechaniken strotzen würde, war dem absolut nicht so. Das Spiel kam gänzlich ohne Ingame-Käufe aus und verzichtete auch auf das Nachreichen von Inhalten. Die Spieler sollten einmalig für das Game bezahlen und es geniessen können.

Exklusiver Vorgeschmack: Mehrspieler-Kampf im neuen «Star Wars: Squadrons»

Exklusiver Vorgeschmack: Mehrspieler-Kampf im neuen «Star Wars: Squadrons»

Während einem Anspiel-Event von Electronic Arts konnten wir bereits die Flottengefechte im neusten «Star Wars»-Spiel austesten. Action ist garantiert, aber es bleibt zu hoffen, dass noch weitere Modi integriert werden.

01.10.2020

Das «Madden»-Debakel

Währenddessen, gefühlt am anderen Ende der Gaming-Welt, entwickelte sich das System «Ultimate» in «FIFA» oder «Madden» zur wahren Goldgrube für EA. Das Spiel mit dem Glückspiel sozusagen, denn Packs oder Boxen mit zufallsbasierten Inhalten gelten in einigen Ländern der EU bereits als Glücksspiel. Und gerade dieses nicht unumstrittene System wird regelrecht ausgeschlachtet. Ob es nun moralisch vertretbar ist oder nicht, dass man mit glücksspielähnlichen Systemen den Spieler bei Vollpreistiteln doppelt zu Kasse bittet, könnte man ja noch verzeihen , wenn der Rest des Spiels den Preis rechtfertigt.



Genau da hat EA momentan aber massive Probleme. «Madden NFL 21» dient als bestes Beispiel für den eklatanten Betrug am Kunden und wurde nicht zu unrecht auf Metacritic mit Negativ-Feedback bombardiert. Käufer bestrafen den neusten Football-Teil mit einer User-Wertung von 0.2 von 10 möglichen Punkten. Grund dafür ist, dass EA sehr offensichtlich seit gut vier Jahren das exakt selbe Spiel auf den Markt bringt und nur das Menü leicht anpasst.

Dabei gibt man sich nicht einmal die Mühe, Schriftzüge mit «Madden NFL 2019» aus dem Vor-Vorgänger zu entfernen. Ein Reddit-User hat sich zudem die Mühe gemacht und für «Madden NFL» 17-21 die Super Bowl Präsentation in einem Vergleichsvideo zusammengefügt: Von den Bildern, dem Schnitt und dem Gezeigten kriegt der Fan hier seit fünf Jahren exakt dasselbe zu Gesicht. 

Daneben werden beliebte Modi kaum weiterentwickelt oder gar komplett gestrichen, aber dafür jedem Spieler beim Start sofort der «Ultimate Team»-Modus aufs Auge gedrückt. Für viele Football-Fans war das in diesem Jahr einfach zu viel. Wie schon bei der Star Wars Franchise formiert sich nun eine beachtliche Bewegung, welche die NFL auffordert, EA die Rechte zu entziehen. Darunter befinden sich auch einige NFL-Profis, die den Wunsch der Spieler teilen.

Ex-NFL Profi TJ Lang hofft, dass die NFL ein besseres Produkt von EA verlangt. 

Quelle: Twitter.com

Bei «FIFA» sieht es im neusten Teil leider nicht viel besser aus. Zwar gibt es ein paar Neuerungen im Gameplay und die Spiele wirken, zumindest in den ersten Partien, etwas neuartig. Doch der wirkliche Sprung ist nicht da, welcher einen Vollpreis rechtfertigt. Man kann hier argumentieren, dass EA für die neue Konsolengeneration vielleicht eine geupdatete Version aus dem Hut zaubert und nachreicht. Ob das die 70 Franken rechtfertigt, ist trotzdem zweifelhaft.

Es geht auch anders

Dass EA auch komplett anders kann, zeigte sich mit dem Release von «Star Wars: Squadrons». Dem absoluten Traum für jeden, der sich schon immer gewünscht hat, mal im X-Wing oder Tie-Fighter an Weltraumschlachten teilzunehmen. Zwar kann man nicht von einer Simulation sprechen wie beim «Microsoft Flight Simulator», aber besser kann man Weltraumgefechte kaum darstellen.

Die Action ist schnell und gewaltig und die Flugsteuerung bietet das, was Hobby-Sternenjäger sich wünschen. Am Anspielevent haben wir für euch ein paar Eindrücke vom Gameplay gesammelt. Was «Squadrons» ebenso besonders macht, ist sein Release. Das Spiel ist fertig. Kein Content, welcher später nachgereicht wird. Kein Season Pass, mit welchem Inhalte dem Spieler künstlich vorenthalten werden. Keine Deluxe Skins, welche nur mit Echtgeld freigeschaltet werden können. Einfach ein Spiel wie damals 1998.

Dieser Punkt wurde an der Präsentation auch immer wieder betont. Man wolle den Hobbypiloten einfach ein Spiel bieten, an welchem sie Freude haben, ohne auf Inhalte hoffen zu müssen oder für Freischaltungen die Kreditkarte zücken müssen. Hier nimmt EA für mich ganz klar eine Vorreiterrolle ein und tritt hoffentlich einen Trend los, welcher die Branche nachhaltig verändert. Dass dieses Model für EA Erfolg hat, mag ich dem Publisher nur wünschen und hoffe, dass es der nötige Tritt in den Hintern ist, bei anderen Franchises etwas über die Bücher zu gehen.

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