Spielekritik Ist der PS5-Launchtitel «Godfall» wirklich nur Mittelmass?

Von Pascal Wengi

13.11.2020

In «Godfall» dreht sich alles um Kämpfen und Beutekisten öffnen.
In «Godfall» dreht sich alles um Kämpfen und Beutekisten öffnen.
Bild: Gearbox

«Godfall» ist einer der Launch-Titel der Playstation 5. Bei einigen Medien fiel das Spiel bereits durch die Tests. Doch ist die Kritik berechtigt? Wir haben uns den Titel ebenfalls zur Brust genommen.

Games mit Fokus auf Beute sind längst keine Besonderheit mehr. Egal ob «Borderlands», «Destiny», «Diablo» oder «Warframe» – Sie alle teilen sich einen ähnlichen Spieleablauf: Gegner erledigen, Beute aufsammeln, besser werden, Gegner erledigen, Beute aufsammeln. Dieser Sammelwahn ist ein grosser Teil des eigentlichen Gameplays des Genres und für viele Spieler der wahre Grund, wieso sie ihre Zeit darin investieren. Denn nur wer Beute mit den besten Eigenschaften für seinen Charakter sein Eigen nennen kann, ist  im späteren Verlauf des Spiels erst richtig erfolgreich.



Meist rücken Story, Nebenmissionen oder das eigentliche Gameplay etwas in den Hintergrund, wenn man nur noch Augen für die seltensten Beutebelohnungen hat. Das soll keines der oben aufgelisteten Spiele kritisieren, denn ich habe jedes davon mindestens 100 Stunden gespielt und jede Minute darin genossen. Den gleichen Boss immer und immer wieder zu bezwingen, auf der Suche nach dem Ausrüstungsgegenstand mit den perfekten Werten, das macht für mich ein gutes Looter-Game aus. Und Spoiler vorweg: «Godfall» schafft genau das.

Die Kämpfe in «Godfall» versprechen jede Menge Action und krachen ordentlich.
Die Kämpfe in «Godfall» versprechen jede Menge Action und krachen ordentlich.
Bild: Gearbox

Story? Was für eine Story?

Die Story von «Godfall» ist kaum erwähnenswert, aber gibt dem was man tut einen Sinn. Man spielt einen ultimativen Krieger, dessen Bruder gerne ein Gott werden würde und darum Krieg gegen alles und jeden führt. Wir müssen ihn aufhalten und dafür bessere Ausrüstung finden und seine Leutenants ausschalten. Hier darf man keine tiefen Charakterentwicklungen oder spannende Dialoge erwarten. Man spricht auch während des Verlaufs der Hauptstory gerade mal nur mit zwei Charakteren.

Kämpfen, Looten, Kämpfen

«Godfall» braucht aber auch keine Story, um zu funktionieren, denn es lebt vom intensiven Kampfsystem und dem steten Regen von Beute. Anders als zum Beispiel «Destiny» oder «Borderlands», welche das Looter-Genre dominieren, finden in «Godfall» die Kämpfe ausschliesslich mit Nahkampfwaffen statt. Das Kampfsystem erinnert sehr stark an jenes von «God of War» mit einer extrem nahen Kamera und wuchtigen, einfach zu lernenden Combos. Je nach ausgerüsteter Waffe ändert sich der eigene Spielstil: Mit riesigen Kriegshämmern ist man eher träge, teilt mit jedem Schlag aber ordentlich aus. Mit Doppelklingen auf der anderen Seite ist man sehr agil unterwegs, muss dafür aber mehr Treffer landen, um den selben Schaden am Gegner anzurichten.



Nebst Beute in Form von Waffen und Ausrüstung erhält man auch Materialien, welche man benötigt, um sich neue Kampfanzüge zu schmieden. Sie dienen im Spiel als eine Art Klasse oder Rolle im Kampf. So teilt ein Anzug etwa mehr Feuerschaden aus und besitzt die Fähigkeit, alle Gegner im Umkreis in Brand zu stecken. Ein anderer ruft sich drei Krieger herbei, welche einen im Kampf unterstützen. Ausser den passiven Boni und den Anzugsfähigkeiten unterscheiden sich diese aber nur optisch. Es gibt keine typische Klasse, welche den Spielstil diktiert, wie beispielsweise ein Assassine, Tank oder Magier. Der Spielstil ist einzig und allein von der gewählten Waffe abhängig und die Anzugs-Boni werden erst im Endgame wirklich tragend, wenn es auf jeden Prozentpunkt mehr Schaden ankommt.

«Nur noch eine Gegnergruppe»

In den ersten Minuten des Spiels wirken die Kämpfe etwas öde und bestehen oft nur aus einer Abfolge von Schlägen. Sobald der Spieler aber seinen Charakter auflevelt und immer mehr Fähigkeiten und passive Buffs freischaltet, verfügt er über ein grosses Arsenal von Angriffen und Fähigkeiten, welche dem Spiel einen sehr angenehmen und fordernden Spielfluss geben. Ich selber habe etliche Male auch nach dem Ende einer Mission einfach noch weitere Gegnergruppen bekämpft, nur um noch etwas mehr kämpfen zu können. Nur noch kurz ausprobieren, was passiert, wenn ich den Spezialangriff mit dieser Fähigkeit kombiniere – und schon hat man eine halbe Stunde lang die halbe Karte von Gegnern befreit. 

Eintönig aber schön

Ähnlich wie im Action-Adventure «Monster Hunter» wählt man über einen Hub die nächste Mission in einem der halb offenen Areale. Ob man dann direkt zum Ziel rennt oder zuerst das Gebiet nach Beute und versteckten Rätseln absucht, bleibt dem Spieler überlassen. Das Gebiet bleibt dabei immer genau gleich, nur die Platzierung der Gegner und Beute ändert zufällig bei jedem neuen Besuch. So hat man die Laufwege schnell intus und kann effizienter Beute sammeln. Dafür sieht die Welt sehr schick aus. Die Beleuchtung, die Umgebung und die Kampfeffekte wirken sehr passend und wie aus einem Guss. Noch nicht perfekt Next-Gen aber ein Ausblick, was uns in Zukunft erwarten könnte.

Das Leveldesing wirkt stimmig und schön.
Das Leveldesing wirkt stimmig und schön.
Bild: Gearbox

Perfekt für Ungeduldige

Grosses Thema bei den Next-Gen-Konsolen ist die Ladezeit, die gemäss den Entwicklern praktisch komplett verschwinden soll. Dass «Godfall» genau für diese SSD-Optimierung entwickelt wurde, merkt man aber auch beim PC. Mit entsprechender Hardware benötigt man nur wenige Sekunden vom Start des Spiels bis hin zu den ersten Kämpfen. 


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