Hoffnung für Gelähmte Gehirnchip erlaubt es, WhatsApp-Nachrichten zu versenden

Von Dirk Jacquemien

19.7.2022

Mit Gedanken können gelähmte Patient*innen WhatsApp-Nachrichten verschicken.
Mit Gedanken können gelähmte Patient*innen WhatsApp-Nachrichten verschicken.
Getty Images

Ein Startup aus den USA hat einen Gehirnchip entwickelt, mit dem vollständig gelähmte Menschen WhatsApp-Nachrichten mit Gedankenkraft verschicken können.

Von Dirk Jacquemien

19.7.2022

Dank eines im Gehirn implantierten Chips können Menschen alleine über Gedanken mit der Aussenwelt kommunizieren. Das US-Start-up Synchron hat dazu erstmals einem Patienten in den USA seinen Chip eingesetzt. Der Mann ist an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) erkrankt und kann sich weder bewegen noch sprechen.

Synchron hatte zuvor bereits vier Patient*innen in Australien mit dem Chip ausgestattet. Ihnen gelang es damit, WhatsApp-Nachrichten zu verschicken oder sogar online shoppen zu gehen, wie «Bloomberg» berichtet.

Technik seit Jahrzehnten in der Entwicklung

Der Chip von Synchron ist ein Brain-Computer-Interface (BCI), eine Technologie, an der bereits seit Jahrzehnten geforscht wird. Eines der Ziele ist es dabei, gelähmten Menschen Bewegungsfähigkeiten über maschinelle Gliedmassen (Exoskelette) zu verschaffen sowie bei vollständiger Lähmung die Kommunikation mit der Aussenwelt zu ermöglichen.

Bisherige Umsetzungen eines Brain-Computer-Interface erfordern meist eine Öffnung der Schädeldecke, sind ziemlich sperrig und können üblicherweise nur unter Aufsicht im Spital genutzt werden. Die Miniaturisierung des BCI wird daher besonders vorangetrieben.

In diesem Bereich sind mehrere gute finanzierte Start-ups unterwegs. Prominentestes Beispiel ist hier sicherlich das von Elon Musk geführte Neuralink. Es hat allerdings bisher keine Genehmigung für Versuche am Menschen und hat seine Chips bisher nur in Schweinen und Primaten implantiert.

Nur kurze Operation nötig

Synchron ist der Musk-Firma also voraus. Und anders als bei dem bei Neuralink in der Entwicklung befindlichen Chips muss hierbei kein Loch in die Schädeldecke gebohrt werden. Stattdessen wird das Implantat nach einem Einschnitt im Genick durch die Blutbahnen an seinen Bestimmungsort im Motorcortex geführt.

Das Implantat wird dann noch mit unter der Haut geführten Kabeln mit einem weiteren Gerät, dem eigentlichen Computer, verbunden, das in der Brust des Patienten implantiert wird. Synchron vergleicht die Prozedur mit dem Einsatz von Stents oder Herzschrittmachern, die Operation dauere nur einige Minuten.

Das vergleichsweise wenig invasive Verfahren hat allerdings auch Nachteile. Da die Elektroden des Chips in den Blutgefässen verbleiben ohne direkten Kontakt zu Nervenzellen im Gehirn ist der «Empfang» der Gedanken nicht ganz klar. Der Patient muss derzeit noch jeden Buchstaben einzeln «erdenken», um zu kommunizieren.