Körper als Materiallager Mars-Kolonisten könnten ihre Station mit Blut und Urin bauen

Von Dirk Jacquemien

18.9.2021

Die wertvollste Ressource einer Mars-Kolonie könnten die Astronaut*innen selbst sein.
Die wertvollste Ressource einer Mars-Kolonie könnten die Astronaut*innen selbst sein.
Getty Images

Baumaterialen zum Mars zu transportieren ist teuer und schwierig. Eine Mars-Kolonie könnte mit dem Blut und Urin ihrer Bewohner neue Unterkünfte erschaffen, wie britische Forscher nun beschreiben.

Von Dirk Jacquemien

18.9.2021

Wenn es irgendwann mal eine menschliche Kolonie auf dem Mars geben wird, wird es dort zu Beginn zwangsläufig ziemlich eng zugehen. Material zum roten Planeten zu schaffen, ist schliesslich extrem aufwendig und teuer. Ein weiträumiges Anwesen werden die Weltraum-Pionier*innen definitiv nicht zur Verfügung haben.

Jede hypothetische Mars-Mission plant daher die Verwertung lokaler Ressourcen. Sand und Gestein gibt es genug. Ein Problem ist dabei aber die Verfügbarkeit von Wasser, das es auf dem Mars vor allem in Form von Eis an den Polen sowie tief unter der Oberfläche gibt.

Zur Erschaffung von Baumaterialen ist ein Bindemittel zwingend erforderlich. Ein Reihe Forscher*innen der University of Manchester haben die Antwort nun in unserem Körper gefunden und ihre Erkenntnisse im Fachjournal «Materials Today Bio» vorgestellt.

Protein im Blut ist Zaubermittel

Sie setzen auf das Humanalbumin, ein im menschlichen Blut vorkommendes Protein. Dieses eigne sich hervorragend als Bindemittel, um Mars-Regolith — den Sand und das Geröll auf der Oberfläche — zu einer Art Beton zu machen. Würde man dagegen ein konventionales Bindemittel eigens auf dem Mars erschaffen, wäre dafür extra Maschinerie— die erst mal zum Mars gebracht werden müsste — sowie ein hoher Energie- und Wasserverbrauch erforderlich.

Zur Herstellung von Mars-Beton wird das Humanalbumin aus dem gespendeten Plasma extrahiert. Unter Zugabe geringer Mengen Wasser und dem Mars-Regolith entsteht so ein Baumaterial, das in seiner Härte mit traditionellem Beton vergleichbar sei, so die Wissenschaftler*innen aus Manchester. Gibt man noch ein bisschen Harnstoff dazu, lässt sich die Härte sogar noch um rund 300 Prozent steigern. 

So stellen sich die Forscher*innen die Produktionskette auf dem Mars vor.
So stellen sich die Forscher*innen die Produktionskette auf dem Mars vor.
University of Manchester

Ein/e Astronautin, die zweimal in der Woche je einen Liter Blut spendet, hätte im Monat genug menschliche Bindemittel zur Verfügung gestellt, um 2,5 Kilogram Mars-Beton zu ermöglichen, haben die Forscher*innen ausgerechnet. Innert 72 Wochen auf dem Mars könnte mit Hilfe des Blut und Urins einer Person dann genug Baumaterialen erschaffen werden, um Wohnraum für eine/n weitere/n Astronauten zu schaffen. Der Mars-Beton soll sich auch im 3D-Drucker verarbeiten lassen, so dass die nötigen Bauteile einfach und komfortabel produziert werden können.

Praktikabilität steht in den Sternen

Nicht ausgeforscht wurde, was für ein Einfluss auf Körper und Psyche der Astronaut*innen das Spenden von so viel Blut unter den Bedingungen der reduzierten Schwerkraft des Mars und einer zweifellos stresshaften Mission haben würde. Falls der Plan also nicht umsetzbar ist, haben die Wissenschaftler*innen bereits Alternativen vorgeschlagen.

So lässt sich auch das Blut und Urin anderer Säugetiere als Zutat für Mars-Beton verwenden, beispielsweise von Kühen. Hier gibt es dann aber noch das nicht unerhebliche Problem, wie die Kühe zum Mars gelangen sollen.