Urheberrecht So leicht kann man YouTuber erpressen

Henning Steier

15.2.2019

Wie gut sind YouTubes Kontrollen von Beschwerden?
Wie gut sind YouTubes Kontrollen von Beschwerden?
Symbolbild: Keystone

Unbekannte haben von YouTube-Nutzern Geld gefordert, um erfolgreiche, aber unberechtigte Urheberrechtsbeschwerden zurückzunehmen. Das wirft ein Schlaglicht auf die Prüfmechanismen des grössten Videoportals. 

Die YouTuber mit den Künstlernamen Kenzo und ObbyRaidz sind von Unbekannten erpresst worden. Diese hatten Videos wegen vermeintlicher Urheberrechtsverletzungen sperren lassen. Daraufhin erhielten die YouTuber die Aufforderung, zwischen 75 und 400 US-Dollar zu bezahlen. Dann würden die Erpresser ihre Meldungen zurückziehen und YouTube die Clips wieder freigeben. 

Die Erpressten gingen auf die Forderungen nicht ein und machten sie öffentlich. YouTube aktivierte die Videos wieder und schloss den Kanal der Erpresser. Die beiden YouTuber spielen in ihren Videos meistens «Minecraft». Dass das Videoportal auf ihre Beschwerden reagierte, dürfte auch damit zu tun haben, dass Kenzo und ObbyRaidz 60'000 beziehungsweise 10'000 Abonnenten haben, also keine Unbekannten sind. 

Ob es Einzelfälle sind, lässt sich von aussen nicht beurteilen. Es gibt aber immer wieder Berichte über Prüfsystemprobleme. 2018 machte etwa Paul Davids Schlagzeilen: Er hatte laut YouTube das Copyright verletzt, es war allerdings sein eigenes:

Klar ist aber auch, dass angesichts der Grösse des Portals Fehler passieren. Und bekanntlich setzt Google bei der Kontrolle auf maschinelles Lernen statt auf Menschen, um die Kosten zu minimieren. Auch der jüngste Fall lässt also Zweifel an YouTubes Prüfmechanismen aufkommen. Jeder Clip kann mit ein paar Klicks etwa als anstössig oder urheberrechtsverletzend gemeldet werden. Laut YouTube wird jedes beanstandete Video geprüft, bevor es gesperrt wird. Bei den Clips von Kenzo und ObbyRaids war allerdings schnell klar, dass sie niemandes Rechte verletzten.

YouTubes Regeln für Melder sind übrigens eindeutig: «Du darfst keine falschen Angaben treffen. Der Missbrauch dieses Verfahrens kann dazu führen, dass dein Konto gesperrt wird oder andere rechtliche Folgen nach sich ziehen.»

ObbyRaidz reicht das nicht. Er hat Angst vor weiterem Missbrauch der Funktion, wie er im folgenden Video sagt: «Jeder kann das machen. YouTube macht es so einfach, den Kanal eines anderen kaputt zu machen.» Erpresser müssten bloss ein paar Videos eines Kanal wegen Copyright-Verletzungen sperren lassen und schon werde  der ganze Kanal gesperrt. YouTube kommentierte das nicht.

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