Zensur bei Discord Apples Prüderie stört und zerstört Online-Communitys

dj

16.4.2021

Discords iOS-App hat nicht mehr Zugriff auf alle Inhalte.
Discords iOS-App hat nicht mehr Zugriff auf alle Inhalte.
Getty Images

Weil Apple im iOS App Store die Sexualmoral der 1950er durchsetzen will, verschwinden vor allem LGBTQ-Online-Gemeinschaften in der digitalen Versenkung.

dj

16.4.2021

«Menschen, die Pornos wollen, können sich ein Android-Smartphone kaufen», sagte Apple-Gründer Steve Jobs 2010, und an dieses Mantra hält sich der iPhone-Konzern noch heute, wobei es dabei die Definition des Begriffs «Pornos» sehr weit fasst. Und durch seine Marktdominanz, die Apple durch seine völlige Kontrolle über den App Store besitzt, kann es auch andere Firmen zur Selbstzensur nötigen.

Neustes Beispiel ist hier Discord, ein aus der Gaming-Szene entwachsener Chat-Dienst, vor allem für Gruppenkommunikation. Auf Discord gibt es unzählige öffentliche Kanäle zu allen möglichen Themen. Doch zahlreiche Kanäle werden bald nicht mehr in der iOS-App von Discord auftauchen, nämlich wenn sie als «Not safe for work» (NSFW, zu deutsch etwa «Nicht für den Arbeitsplatz geeignet») gekennzeichnet werden.

Apple-Richtlinien bestimmen alles

Wie ein Discord-Sprecher dem «Rolling Stone» bestätigte, erfolgt die Blockierung, um mit den Apple-Richtlinien in Einklang zu bleiben. Diese verbieten Apps mit «primär pornografischen Inhalten», nur «beiläufige NSFW-Inhalte» sind erlaubt. Deshalb findet man etwa in der Twitter-App auf iOS sexuelle Inhalte, wenn man weiss, wo man suchen muss.

Bei der Durchsetzung der Richtlinien geht Apple allerdings offenbar recht willkürlich vor, wie Matthew Bischoff, ein ehemaliger Mitarbeiter von Tumblr, ausführte. Der Blog-Dienst entfernte Ende 2018 ebenfalls alle NSFW-Inhalte von seiner Plattform und ebenfalls, um weiterhin im App Store verbleiben zu können. Zuvor sei es sein Job bei Tumblr gewesen, über Wochen hinweg immer neue Wege zu finden, um die Apple-Zensoren zu befriedigen, so Bischoff.

LGBTQ-Künstler*innen verlieren weiteren Raum

Opfer des Apple-Puritanismus sind häufig marginalisierte Gruppen, die im Internet nach Möglichkeiten zur Selbstentfaltung suchen. Populär auf Discord — wie damals auch bei Tumblr — sind etwa erotische Zeichnungen von LGBTQ-Künstler*innen. Hier können sie die eigene sexuelle Identität sichtbar machen.

Mit dem Jugendschutz lässt sich eine Blockierung wie im aktuellen Fall jedenfalls nicht begründen. Hier gäbe es eine ganz einfache technische Lösung, denn iOS hat eine eingebaute Jugendschutzfunktion. Es ist also problemlos möglich, nicht jugendfreie Inhalte aus Kinderhänden fernzuhalten und gleichzeitig mündigen Erwachsenen nicht die eigenen Moralvorstellungen aufzuzwingen.