Sexismus-Vorwürfe SRF verteidigt reine Männer-Auswahl für Deville-Nachfolge

Von Franziska Pahle und Bruno Bötschi

2.3.2023

Comediennes wie Lara Stoll und Patti Basler kritisieren das SRF in einem offenen Brief: Keine Frau steht im Finale um die Nachfolge vom Sendeplatz von Dominic Deville. Nun nimmt das Leutschenbach Stellung.

Von Franziska Pahle und Bruno Bötschi

2.3.2023

Schlechte Bezahlung, intransparente Kommunikation, mangelnde Diversität, sprich: struktureller Sexismus.

Es sind happige Vorwürfe an die SRF-Comedy-Abteilung, die Patti Basler, Lara Stoll und weitere Frauen der Schweizer Comedy-Szene am vergangenen Wochenende in einem offenen Brief sammelten.

Der Grund für die Kritik: Aktuell steht keine einzige Frau der Schweizer Comedy-Szene in der Auswahl um die Nachfolge der Late-Night-Show von Dominic Deville.

Das SRF suchte nach dem Comedy-Eklat am vergangenen Wochenende nun am 1. März das Gespräch mit den Komikerinnen und Komikern der Schweiz. Einen Tag später nimmt das Leutschenbach zu den Vorwürfen Stellung.

Fehlende Diversität, mangelnde Transparenz

«Aktuell befindet sich das Auswahlverfahren (Anm. d. Red. für die «Deville»-Nachfolge) im Abschluss. Gegenüber verschiedenen Medien haben mehrere Comediennes unter anderem fehlende Diversität im Comedy-Angebot und mangelnde Transparenz bei der Entwicklung neuer Formate bei SRF kritisiert.»

Der Entscheid für die Nachfolge von Formaten wird bei SRF von «einem (...) divers besetzten Gremium gefällt». Laura Köppen, Abteilungsleiterin Audience von SRF sagt: «Es ist unser Ziel, auf diesem Sendeplatz möglichst viele Menschen anzusprechen. Dementsprechend ist die Bekanntheit der Persönlichkeiten ein relevantes Auswahlkriterium.»

Dass sich in diesem Auswahlkriterium nur Männer befinden, habe nichts mit «der hohen Qualität und Anzahl an Comedyfrauen in der Schweiz zu tun.»

Reto Peritz, Leiter der Abteilung Unterhaltung, betont: «Es ist auf einem einzelnen Sendeplatz nicht möglich, die Comedy-Szene in ihrer ganzen Vielfalt sichtbar zu machen.»

SRF will sich regelmässig mit Comedy-Szene austauschen

Aus diesem Grund gebe es bei SRF auch im Radio und online verschiedene Plattformen für Künstlerinnen und Künstler. Hier lenkt das SRF ein. Die Comedy-Inhalte darauf sollen vielfältiger werden.

Um der Szene gegenüber mehr Transparenz zu schaffen, hat die Comedy-Redaktion zudem einen regelmässigen Austausch mit der Comedy-Szene angeregt.

Heute seien Frauen in der Comedyszene weniger bekannt als ihre männlichen Kollegen, so Laura Köppen. «Dass in der Endauswahl für ein so wichtiges Format ausschliesslich Männer stehen, ist sicher auch nicht unsere Wunschvorstellung.»

Tamara Cantieni wünscht sich mehr Mut vom SRF

blue News fragt bei Komikerin Tamara Cantieni nach, was sie von der SRF-Stellungnahme hält. Sie sagt: «Ich finde, das Fördern von Komikerinnen und Komikern wäre eine wichtige Aufgabe vom SRF.»

Sie sehe wenig Bemühungen, dass Komiker*innen konkret unterstützt werden. Lieber setze man auf die immer gleichen Gesichter. Cantieni wünsche sich mehr Mut, das SRF riskiere zu wenig, denn: «Ich sehe wenig Frauen, die vom SRF aufgebaut werden. Ehrlich gesagt, keine.»

Das SRF betont am Ende: «Unser Ziel bleibt, die Vielfalt der Comedyszene perspektivisch auch am prominenten Sendeplatz am Sonntagabend sichtbar zu machen.»

Heisst aber auch – Stand jetzt – es bleibt dabei: Ein Komiker wird die Zuschauerinnen und Zuschauer am Sonntagabend künftig durch eine Late-Night-Show führen.


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