Schweiz-Iranerin fassungslos Schweizer Stars singen Protest-Song ein – kein Radio spielt sie

Von Franziska Pahle

2.6.2023

Shiva Arbabi hat sich mit zehn Schweizer Musikerinnen und Musikern im Projekt «Swiss Artists for free Iran» zusammengeschlossen, um Solidarität mit den Menschen im Iran zu zeigen. Doch die Radiostationen wollen «Frau, Leben, Freiheit» nicht spielen.

Von Franziska Pahle

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Radiomoderatorin Shiva Arbabi hat mit zehn Schweizer Künstlerinnen und Künstlern den Iran-Protestsong «Frau, Leben, Freiheit» produziert.
  • Radio SRF 3 und weitere private Radiostationen wollen den Song nicht in ihrem Programm thematisieren.
  • Radio-Pionierin Arbabi will mit ihrem Song Solidarität mit den Menschen im Iran zeigen und gegen das abflauende Interesse der Medien gegen die weiterhin anhaltenden Proteste im Iran ankämpfen.

«Als das Lied fertig war, dachte ich, die Radios würden es sicher thematisieren», sagt Shiva Arbabi zu blue News. Gemeinsam mit zehn Schweizer Künstlerinnen und Künstlern – Sina, To Athena, Adrian Stern, Heidi Happy, Tim Freitag, Panda Lux, Wolfman, Esmeralda Galda, Lord Kesseli und Reponaut – hat sie den Song «Frau, Leben, Freiheit» produziert.

Dabei handelt es sich um die deutsche Coverversion von «Baraye». «Das Original-Lied wurde zur Hymne der Proteste, die ein Ende des islamischen Regimes fordern», erklärt Arbabi.

«Erste feministische Revolution»

Doch der Song ist kaum irgendwo zu hören. Trotz des Staraufgebots nehmen ihn die Radiostationen nicht ins Programm auf. Shiva Arbabi kann das nicht verstehen: «So ein Musikprojekt gab es in dieser Form noch nie. Es ist etwas Einzigartiges mit einer so wichtigen Botschaft. Schweizer Musikschaffende unterstützen die erste feministische Revolution der Geschichte, wie kann man das nicht honorieren?» Lediglich das Zürcher Radio 1 von Roger Schawinski habe das Werk im Rahmen eines Interviews vorgestellt.

Besonders enttäuscht ist Arbabi vom SRF. Dort habe sie mit einem Musikredaktor gesprochen. «Er sagte zu mir, er habe den Song nicht mal zu Ende gehört und meinte schnippisch, das sei nichts für sie.» Sie empfand diese Aussage als «überheblich» und «respektlos». Arbabi war selbst als Radiomoderatorin bei verschiedenen Sendern tätig. Seit 2010 betreibt sie ihr eigenes Internetradio piratenradio.ch.

SRF will Song nicht spielen

Doch warum will SRF das Lied nicht spielen?

Auf Nachfrage von blue News sagt Tamara Steffen, Leiterin Tagesaktuell Musik Pop & Rock: «Wir haben die Anfrage in der Redaktion besprochen und entschieden, den Song nicht bei Radio SRF 3 zu thematisieren.» Er würde nicht in das Musikkonzept von SRF 3 passen. Zudem habe die Umsetzung der Cover-Version nicht überzeugt.

«Falls die Antwort an Frau Arbabi von unserem Mitarbeiter als überheblich und respektlos wahrgenommen wurde, entschuldigen wir uns dafür. Die erwähnte Aussage des Musikredaktors bezieht sich darauf, dass er bereits zu Beginn des Songs merkte, dass dieser Song nicht optimal in unser Musikprogramm passt.» Steffen betont: «Der Entscheid, diesen Song im Programm nicht vorzustellen, beruht auf der musikalischen Einschätzung des Songs und nicht auf einer inhaltlichen Komponente.»

Sängerin Sina lobt das Projekt

Immerhin: Die mitwirkenden Künstlerinnen und Künstler stehen hinter dem Song. Über deren Unterstützung freut sich Shiva Arbabi besonders.

So betont Mundartsängerin Sina: «Das Bedürfnis nach Freiheit und einem selbstbestimmten Leben hört nicht einfach an einer Landesgrenze auf. Dass diese Bürgerrechtsbewegung von Frauen und Mädchen angeführt wird, um Gewalt gegen Frauen und Diskriminierung zu beenden, ist mutig und stark.»

Und weiter: «Mit einem auf Deutsch übersetzten iranischen Lied Solidarität zu bekunden, ist das Mindeste, das ich von hier aus tun kann.» Sina sagt, dass sie sich nur selten zu politischen Themen äussere. Aber: «Hier hatte ich das Bedürfnis, ein Teil davon zu sein.»

Der Original-Protestsong stammt von dem iranischen Musiker und Komponisten Shervin Hajipour. Er stellte den Songtext aus persischen Tweets zusammen, die das Leid, die Wut und die Hoffnung der iranischen Zivilbevölkerung ausdrücken. Vergangenen September kam es im Iran zu landesweiten Aufständen gegen das autoritäre Regime, das seit 44 Jahren an der Macht ist.

«Als ich das Lied zum ersten Mal gehört habe, hat es mich sehr berührt. Ich wollte, dass man den Text versteht», so Arbabi, die demnächst zusätzlich einen Remix zu «Frau, Leben, Freiheit» veröffentlichen wird. Der Original-Song gewann an den diesjährigen Grammy Awards den ersten Sonderpreis für sozialen Wandel.

Shiva Arbabi kämpft weiter

«Zwischendurch dachte ich, ich halte es nicht mehr aus, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Aber ich habe zum Glück wieder Kraft bekommen», sagt Arbabi.

Auslöser der Proteste im Iran war die Ermordung der 22-jährigen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini am 16. September 2022. Sie wurde von der iranischen Sittenpolizei verhaftet, weil ihr Kopftuch angeblich nicht richtig sass. Sie starb in Haft.

Shiva Arbabi will mit ihrem Song aufrütteln und die Menschen sensibilisieren, denn: «Es darf so nicht weitergehen. Die internationale Gemeinschaft hat die Verantwortung, die von ihnen propagierten Menschenrechte zu unterstützen.»


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