Cartoon-Figuren mit Ablaufdatum Auch Mickey Mouse wird wohl bald durch den Dreck gezogen

Von Fabian Tschamper

14.5.2023

Mit Horrorfilm-Protagonist Winnie Puuh wird ein neues Zeitalter eingeläutet: Viele ikonische Figuren aus der Kindheit verlieren bald ihren Urheberrechtsschutz. Das dürfte zu einigen skurrilen Projekten führen.

Von Fabian Tschamper

14.5.2023

Mit «Winnie the Pooh: Blood and Honey» kam jüngst ein Film in die Kinos, der eventuell bei ein paar Menschen Stirnrunzeln ausgelöst haben dürfte. Warum darf ein unschuldiger und beliebter Disney-Franchise so durch den Dreck gezogen werden?

Eines kann ich dir verraten: Disney hat den Horrorfilm bestimmt nicht abgesegnet.

Und obwohl 2,5 Millionen Dollar an den Kinokassen für die meisten Projekte heutzutage einen unfassbaren Flop darstellen würden, für «Blood and Honey» war es ein Erfolg auf ganzer Linie: Der Film kostete nur 100'000 Dollar.

Wieso zum Teufel lässt Disney so etwas zu?

Die Antwort ist einfach: Das Studio hatte keine Wahl.

Das Märchenbuch mit Winnie Puuh ist von 1926, kreiert von Autor Alan Alexander Milne und Illustrator Ernest Shepard, und ist darum seit 2022 in der public domain. Will heissen: Puuh ist gemeinfrei, unterliegt also nicht mehr der Schutzfrist.

Wie lange ein solches Urheberrecht dauert, das hängt vom Land ab. In den USA verfällt das Recht eines solchen intellektuellen Eigentums nach 95 Jahren.

Wir sind nun so weit, dass in den nächsten zwölf Jahren einige ikonische Figuren gemeinfrei werden. Und viele davon werden wohl die – nennen wir sie mal – Winnie-Puuh-Behandlung bekommen.

Auch James Bond wird wohl leiden

Besonders betroffen vom Ablauf des Urheberrechts sind in den nächsten Jahren Disney und auch Warner Bros., die mit ihren Ikonen mehrere Milliarden Dollar gescheffelt haben.

Nur am Rande: Dieses Jahr sind bereits Sherlock Holmes und das jugendliche Detektiv-Duo der Hardy Boys in die public domain übergelaufen. Was nun folgt, siehst du hier:

Cartoons, Superhelden und Spione

  • Mickey Mouse (2024)
  • Pluto (2025)
  • Donald Duck (2029)
  • Superman (2033)
  • Die Figuren aus «Der Hobbit» von J.R.R. Tolkien (2033)
  • James Bond (2034)
  • Batman (2034)
  • Captain Marvel (die DC-Version, 2035)
  • The Flash (2035)
  • Captain America (2036)
  • Aquaman (2036)
  • Wonder Woman (2036)

Ganz so einfach wie bei «Winnie Puuh» ist es allerdings nicht immer. Das US-amerikanische Urheberrechtsgesetz ist sehr komplex. Die 95-Jahre-Regel gilt nur für Werke, die vor 1978 kreiert worden sind.

Copyright.gov, eine Website, die die entsprechenden Gesetze in den USA abdeckt, schreibt dazu: «Für Werke, die nach dem 1. Januar 1978 kreiert worden sind, gilt der Urheberrechtsschutz, solange der oder die Autor*in lebt, plus weitere 70 Jahre.»

In der Schweiz ist das Gesetz dasselbe, allerdings auch vor 1978. Für Fotografien sind es 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers.

Der Teufel liegt in den Details

Und damit kommen wir zur Haarspalterei. Eine Figur darf demnach 95 Jahre nach der Entstehung frei verwendet werden, oder? Nein, die Figur darf nur so verwendet werden, wie sie damals – vor 95 Jahren – existiert hat.

Nehmen wir als Beispiel Superman, der 1938 im ersten Comic von DC erschienen ist. Er wird 2033 gemeinfrei. Wollte ich also in jenem Jahr einen Superman-Film drehen, dürfte der Kryptonier nicht fliegen. Warum? Weil der Superman aus den «Action Comics» von damals die Fähigkeit zum Flug nicht hatte. Er konnte lediglich «auf hohe Gebäude springen».

Würde der Superman in meinem Film 2033 aber fliegen, dann knallt mir Warner Bros. eine dicke Klage vor den Latz. Zukünftige Filmemacher*innen müssen also ganz genau abklären, welche Fähigkeiten, Merkmale, Charakterzüge, Logos, etc. eine Figur zu ihrer Entstehung damals hatte, sonst wird es teuer.

Bambi und Peter Pan müssen dran glauben

Wie «Winnie the Pooh: Blood and Honey» aber klar gezeigt hat, ein solcher B-Movie kann schon ein bisschen Geld einbringen. Und wie der Regisseur des Horrorfilms jüngst zu «Hollywood Reporter» sagte, plane er ein «abgedrehtes» Kindheits-Cinematic-Universe. Dabei hat er schon zwei weitere Opfer gefunden, die in den letzten Jahren gemeinfrei geworden sind: Peter Pan und Bambi.

Die Projekte sollen «Peter Pan's Neverland Nightmare» und «Bambi: The Reckoning» heissen. In Letzterem ist Bambi «eine bösartige Killermaschine, die im Wald herumlungert». Genau, wie sich das Walt Disney damals gewünscht hat – oder eben genau nicht.


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