Die Berlinale (7. bis 17. Februar) ist ein Filmfestival der Superlative. Nirgendwo sonst geht es so politisch zu wie an der Spree, nirgendwo sonst strömt so viel Publikum in die Säle, nirgendwo sonst müssen die Stars am roten Teppich so kräftig frieren. Rekordverdächtig auch: die Vielzahl der Skandale in der über 60-jährigen Berlinale-Geschichte. In der Galerie blicken wir zurück auf die grössten Aufreger.
Bereits im zweiten Jahr, also 1952, hatten die Internationalen Filmfestspiele von Berlin ihren ersten Aufreger: Filmemacher Orson Welles stand aufgrund teurer Herzensprojekte kurz vor der Pleite. In Europa war der «Citizen Kane»-Macher (1941) dennoch ein gern gesehener Gast. Im Bild schminkt sich Welles gerade als Mohr von Venedig, denn ...
... «Othello» war 1952 sein neuester Streich. Auch die Berlinale wollte sich deshalb mit dem Filmgenie schmücken. Doch die Ausschussmitglieder waren sich uneins. Welles äusserte sich zuvor schlecht über Nachkriegsdeutschland, es folgte die Ausladung. Als man den damals 36-Jährigen dann kurz vor Festspielbeginn doch haben wollte, zeigte er Berlin die kalte Schulter.
Mehr als nur Dekolleté liess 1961 Jayne Mansfield hervorblitzen. Ein kalkulierter Skandal, galt sie seinerzeit ohnehin als freizügiges Sex-Symbol. Als ihr aber bei einer Berlinale-Party auch noch das Kleid vor einer Schar anwesender Fotografen platzte, rief die Presse – teils pikiert, teils belustigt – die «Busen-Berlinale» aus.
1964 sorgte eine schwedische Produktion auf der Berlinale für Aufsehen: «491» sollte im Wettbewerb antreten, ein Drama um schwererziehbare Jugendliche. Sexueller Missbrauch wurde darin nicht nur angedeutet und dass aus Opfern oft Täter werden, nicht verschwiegen. Festivaldirektor Alfred Bauer zog den Film aus Angst vor Kritik zurück.
Noch mehr Sex und Gewalt: 1970 lief «o.k.» von Michael Verhoeven (im Bild mit Ehefrau Senta Berger) im Wettbewerb. Darin stellen vier Schauspieler – Bairisch sprechend, doch als amerikanische Soldaten verkleidet – die Vergewaltigung eines vietnamesischen Mädchens während des dortigen Krieges dar. Das Mädchen wurde damals gespielt von ...
... Eva Mattes (im Bild). Nach der ersten Aufführung protestierten Jurymitglieder, das Premieren-Kino Zoo-Palast wurde besetzt gehalten. Einige Filmemacher zogen ihre Beiträge zurück, sodass das Berlinale-Kommitee sich gezwungen sah, die Filmfestspiele abzubrechen – das erste und einzige Mal in seiner langen Geschichte. Es folgten Reformen.
Mit «Jakob der Lügner» von Frank Beyer wurde 1975 erstmals eine DDR-Produktion gezeigt. Prompt gewann der heutige Filmklassiker einen Silbernen Bären. Ein Jahr zuvor war bereits mit «Mit dir und ohne dich» eine sowjetische Komödie in Berlin ausser Konkurrenz zu sehen. Aus heutiger Sicht (k)ein Skandal: Die Boulevard-Presse hetzte etwa gegen die vermeintliche Ostpropaganda.
Ein Jahr danach konfiszierte die Staatsanwaltschaft den japanischen Beitrag «Im Reich der Sinne». Der Vorwurf: Pornografie. Das Festival besass aber eine zweite Kopie des expliziten Films von Regisseur Nagisa Oshima – unter anderem ist eine menschlichen Penis-Kastration zu sehen. Gezeigt wurde der Streifen dann halb öffentlich. Erst zwei Jahre später gab der Bundesgerichtshof «Im Reich der Sinne» frei.
Abermals sorgte ein Film über den Vietnamkrieg beinahe zum Abbruch des Festivals. Die immer grössere Ostblock-Delegation zog 1979 sowohl Filme als auch Jurymitglieder ab, da im selben Jahr «Die durch die Hölle gehen» ausser Konkurrenz gezeigt wurde. Der Film mit Christopher Walken (im Bild) und Robert De Niro in den Hauptrollen beleidige das Volk Vietnams, hiess es von sowjetischer Seite.
Auch die auf sieben Köpfe geschrumpfte Jury um Julie Christie diskutierte heiss über den Film. Dort war man mit der einseitigen Darstellung im später fünffach oscarprämierten Kriegsfilm ebenfalls nicht einverstanden. Erklärungen um Erklärungen wurden veröffentlicht – und die Filmfestspiele gingen weiter.
Die dritte RAF-Generation trieb gerade ihr Unwesen, als auf der Berlinale Reinhard Hauffs Film «Stammheim» 1986 im Wettbewerb antrat. Darin unter anderem zu sehen: Therese Affolter als Ulrike Meinhof und Ulrich Tukur als Andreas Baader. Das Berlinale-Gremium befand sich deshalb sprichwörtlich unter Beschuss ...
Die Boulevard-Presse sah in dem Film linke Propaganda, es kam gar zu Morddrohungen gegen Jurymitglieder, auf den Zoo-Palast wurde ein Buttersäure-Anschlag verübt. Und als der Film auch noch den Goldenen Bären gewann, machte Jurypräsidentin Gina Lollobrigida (im Bild) bei der Preisübergabe klar, dass sie mit der Wahl nicht einverstanden sei.
Robert Downey Jr. (links) kam 1995 nach Berlin, um den Historienstreifen «Restoration – Zeit der Sinnlichkeit» vorzustellen. Eigentlich. Doch der damals unter Alkohol- und Drogeneinfluss gerne rüpelhaft auftretende New Yorker nutzte lieber die ihm gegebene Zeit, um Schauspiel- und Filmkollegen Hugh Grant (rechts) in die Pfanne zu hauen: «Er ist am Boden. Ich bin spitze», brüstete er sich.
Der damalige Teenie-Schwarm Leonardo DiCaprio sorgte 2000 für einen Teenie-Aufstand. Mit «The Beach» wollte er sich freischwimmen vom damaligen «Titanic»-Hype. Doch das gelang dem Oscargewinner damals rein gar nicht.
Wohl noch nie bildeten sich so viele Teenie-Trauben rund um die roten Teppiche der Festspieltage. Und da eine Berliner Zeitung den jungen Mädchen auch noch 1'000 D-Mark versprach, sollten sie Leo abknutschen können, war DiCaprio eigentlich nur dabei zu sehen, wie er versuchte, die Verehrerinnen abzuschütteln und sich wegzuducken.
Moritz de Hadeln (Bild) stand 22 Jahre der Berlinale als Festival-Direktor vor, von 1980 bis 2001. Und eigentlich galt sein Vertrag auch noch zwei weitere Jahre. Doch der Schweizer bekam im April 2000 die vorzeitige Kündigung für 2001 ausgehändigt. Ein Zerwürfnis mit dem damaligen Kulturstaatsminister Michael Naumann war wohl der Grund des äusserst undurchsichtigen Rauswurfs.
Der Vorwurf: Er amerikanisiere und glamourisiere die grössten Filmfestspiele Deutschlands zu sehr – Leo DiCaprio lässt grüssen! Selbst bezeichnete de Hadeln die Kündigung als «absoluten Affront» und «stillos». Seit der Berlinale 2002 hält der aktuelle Festival-Leiter Dieter Kosslick (hier gemeinsam mit de Hadeln 2010) das Zepter in der Hand.
«Eine mutige Entscheidung» nannte es de Hadeln bei seinen letzten Filmfestspielen 2001, «Intimacy» mit dem Goldenen Bären auszuzeichnen. Abermals stand der Vorwurf der Pornografie im Raum. Die Aufregung über den expliziten Film von Patrice Chéreau (im Bild) spielte sich aber nur in der Öffentlichkeit und Presse ab.
2004 ging es erneut um Pornografie. Allerdings nicht im Zusammenhang mit allzu freizügige Szenen in einem Wettbewerbsbeitrag. Diskutiert wurde vielmehr die Vergangenheit von Sibel Kekilli. Die Hauptdarstellerin von Fatih Akins Hauptwettbewerbs-Gewinner «Gegen die Wand» spielte zwischen 2001 und 2002 in mehreren Schmuddelfilmen mit, was die Boulevard-Presse auf den Plan rief.
Während der Berlinale 2004 gab es kaum ein anderes Thema, immer weitere Enthüllungen sollten die Darstellerin diskreditieren. Am Ende setzte sich die Kunst durch, und Kekilli gilt als Ex-«Tatort»-Kommissarin und mit internationalen Auftritten wie in «Game of Thrones» (im Bild) als etablierte Schauspielerin.
Ein Jahr später rief die «Bild» erneut einen Skandal aus. Der Grund: Dieter Kosslick hatte die chinesische Schauspielerin Bai Ling in die Jury berufen. Bekannt für ihre aufreizenden Auftritte, sorgte die damals 38-Jährige immer wieder für Aufsehen. Unter der Überschrift «Berlin-nackte» beobachtete die Presse genau, was auf dem roten Teppich vor sich ging.
2006 schielten alle Augen auf den deutschen Beitrag «Der freie Wille», ein Vergewaltigungsdrama von Matthias Glasner mit Jürgen Vogel in der Hauptrolle. Die Schlagzeilen waren abermals reisserisch, die «B.Z.» wollte mit «Gewalt-Sex schockt die Berlinale» am Kiosk punkten. Vogel erhielt für seine Darstellung eines Triebtäters schliesslich den silbernen Bären.
Der Vergewaltigungsvorwurf gegenüber Roman Polanski besteht seit 1977: 33 Jahre später schickte er – unter Hausarrest stehend und aus Angst vor der Auslieferung an die USA – von seinem Schweizer Chalet aus den Film «Der Ghostwriter» ins Berlinale-Rennen.
Spätestens als man den Polen für seine Regiearbeit am Ende des Festivals auszeichnete, war die internationale Boulevard-Presse zur Stelle: Die Entscheidung sei keine künstlerische, sondern rein kollegial, hiess es. Polanskis Produzenten Robert Benmussa (links) und Alain Sarde (Mitte) nahmen den Preis im Berlinale Palast trotzdem gerne stellvertretend entgegen.
Bei Russlandkritik ist nicht zu spassen: Ein Notebook, auf dem die Endfassung des Films «Der Fall Chodorkowski» um den namensgebenden, einst inhaftierten Kreml-Kritiker (Mitte) enthalten war, wurde kurz vor dessen Premiere in Berlin aus dem Büro von Regisseur Cyril Tuschi gestohlen.
Nicht das erste Mal, dass das Putin-kritische Werk dem Filmemacher abhanden kam: Zuvor wurden während eines Hotelaufenthalts auf Bali Kopien entwendet. Tuschi (im Bild) konnte seinen mit Spannung erwarteten Film schliesslich trotzdem zeigen. Wer hinter den Diebstählen steckte, bleibt nach wie vor im Dunkeln.
2014 produzierte Shia LaBeouf einen Skandal auf dem roten Teppich. Mit einer Tüte auf dem Kopf inklusive der Aufschrift «I am not famous anymore» lief er bei der Premiere des Lars-von-Trier-Films «Nymphomaniac» über den Roten Teppich. Als wäre der Film mit seinen expliziten Sexdarstellungen nicht schon Schocker genug, benahm sich LaBeouf auch am Tag zuvor daneben ...
Mit der einstigen Rücktrittsverkündung des französischen Ex-Fussballers Eric Cantona – «wenn die Möwen dem Fischkutter folgen, tun sie das, weil sie denken, dass Sardinen ins Meer geworfen werden» – auf den Lippen, sprengte der «Transformers»-Star die Pressekonferenz und verschwand zugleich wieder.
Zahlreiche Besucher verliessen 2018 die Vorführungen des Experimentalfilms «Touch Me Not» dem Vernehmen nach vorzeitig. Insofern war es die «grösste anzunehmende Überraschung», wie ein Kritiker schrieb, dass das Drama von Regisseurin Adina Pintilie, das radikal seelische und körperliche Tabus offenlegt, mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde.
Das waren die grössten Berlinale-Skandale
Die Berlinale (7. bis 17. Februar) ist ein Filmfestival der Superlative. Nirgendwo sonst geht es so politisch zu wie an der Spree, nirgendwo sonst strömt so viel Publikum in die Säle, nirgendwo sonst müssen die Stars am roten Teppich so kräftig frieren. Rekordverdächtig auch: die Vielzahl der Skandale in der über 60-jährigen Berlinale-Geschichte. In der Galerie blicken wir zurück auf die grössten Aufreger.
Bereits im zweiten Jahr, also 1952, hatten die Internationalen Filmfestspiele von Berlin ihren ersten Aufreger: Filmemacher Orson Welles stand aufgrund teurer Herzensprojekte kurz vor der Pleite. In Europa war der «Citizen Kane»-Macher (1941) dennoch ein gern gesehener Gast. Im Bild schminkt sich Welles gerade als Mohr von Venedig, denn ...
... «Othello» war 1952 sein neuester Streich. Auch die Berlinale wollte sich deshalb mit dem Filmgenie schmücken. Doch die Ausschussmitglieder waren sich uneins. Welles äusserte sich zuvor schlecht über Nachkriegsdeutschland, es folgte die Ausladung. Als man den damals 36-Jährigen dann kurz vor Festspielbeginn doch haben wollte, zeigte er Berlin die kalte Schulter.
Mehr als nur Dekolleté liess 1961 Jayne Mansfield hervorblitzen. Ein kalkulierter Skandal, galt sie seinerzeit ohnehin als freizügiges Sex-Symbol. Als ihr aber bei einer Berlinale-Party auch noch das Kleid vor einer Schar anwesender Fotografen platzte, rief die Presse – teils pikiert, teils belustigt – die «Busen-Berlinale» aus.
1964 sorgte eine schwedische Produktion auf der Berlinale für Aufsehen: «491» sollte im Wettbewerb antreten, ein Drama um schwererziehbare Jugendliche. Sexueller Missbrauch wurde darin nicht nur angedeutet und dass aus Opfern oft Täter werden, nicht verschwiegen. Festivaldirektor Alfred Bauer zog den Film aus Angst vor Kritik zurück.
Noch mehr Sex und Gewalt: 1970 lief «o.k.» von Michael Verhoeven (im Bild mit Ehefrau Senta Berger) im Wettbewerb. Darin stellen vier Schauspieler – Bairisch sprechend, doch als amerikanische Soldaten verkleidet – die Vergewaltigung eines vietnamesischen Mädchens während des dortigen Krieges dar. Das Mädchen wurde damals gespielt von ...
... Eva Mattes (im Bild). Nach der ersten Aufführung protestierten Jurymitglieder, das Premieren-Kino Zoo-Palast wurde besetzt gehalten. Einige Filmemacher zogen ihre Beiträge zurück, sodass das Berlinale-Kommitee sich gezwungen sah, die Filmfestspiele abzubrechen – das erste und einzige Mal in seiner langen Geschichte. Es folgten Reformen.
Mit «Jakob der Lügner» von Frank Beyer wurde 1975 erstmals eine DDR-Produktion gezeigt. Prompt gewann der heutige Filmklassiker einen Silbernen Bären. Ein Jahr zuvor war bereits mit «Mit dir und ohne dich» eine sowjetische Komödie in Berlin ausser Konkurrenz zu sehen. Aus heutiger Sicht (k)ein Skandal: Die Boulevard-Presse hetzte etwa gegen die vermeintliche Ostpropaganda.
Ein Jahr danach konfiszierte die Staatsanwaltschaft den japanischen Beitrag «Im Reich der Sinne». Der Vorwurf: Pornografie. Das Festival besass aber eine zweite Kopie des expliziten Films von Regisseur Nagisa Oshima – unter anderem ist eine menschlichen Penis-Kastration zu sehen. Gezeigt wurde der Streifen dann halb öffentlich. Erst zwei Jahre später gab der Bundesgerichtshof «Im Reich der Sinne» frei.
Abermals sorgte ein Film über den Vietnamkrieg beinahe zum Abbruch des Festivals. Die immer grössere Ostblock-Delegation zog 1979 sowohl Filme als auch Jurymitglieder ab, da im selben Jahr «Die durch die Hölle gehen» ausser Konkurrenz gezeigt wurde. Der Film mit Christopher Walken (im Bild) und Robert De Niro in den Hauptrollen beleidige das Volk Vietnams, hiess es von sowjetischer Seite.
Auch die auf sieben Köpfe geschrumpfte Jury um Julie Christie diskutierte heiss über den Film. Dort war man mit der einseitigen Darstellung im später fünffach oscarprämierten Kriegsfilm ebenfalls nicht einverstanden. Erklärungen um Erklärungen wurden veröffentlicht – und die Filmfestspiele gingen weiter.
Die dritte RAF-Generation trieb gerade ihr Unwesen, als auf der Berlinale Reinhard Hauffs Film «Stammheim» 1986 im Wettbewerb antrat. Darin unter anderem zu sehen: Therese Affolter als Ulrike Meinhof und Ulrich Tukur als Andreas Baader. Das Berlinale-Gremium befand sich deshalb sprichwörtlich unter Beschuss ...
Die Boulevard-Presse sah in dem Film linke Propaganda, es kam gar zu Morddrohungen gegen Jurymitglieder, auf den Zoo-Palast wurde ein Buttersäure-Anschlag verübt. Und als der Film auch noch den Goldenen Bären gewann, machte Jurypräsidentin Gina Lollobrigida (im Bild) bei der Preisübergabe klar, dass sie mit der Wahl nicht einverstanden sei.
Robert Downey Jr. (links) kam 1995 nach Berlin, um den Historienstreifen «Restoration – Zeit der Sinnlichkeit» vorzustellen. Eigentlich. Doch der damals unter Alkohol- und Drogeneinfluss gerne rüpelhaft auftretende New Yorker nutzte lieber die ihm gegebene Zeit, um Schauspiel- und Filmkollegen Hugh Grant (rechts) in die Pfanne zu hauen: «Er ist am Boden. Ich bin spitze», brüstete er sich.
Der damalige Teenie-Schwarm Leonardo DiCaprio sorgte 2000 für einen Teenie-Aufstand. Mit «The Beach» wollte er sich freischwimmen vom damaligen «Titanic»-Hype. Doch das gelang dem Oscargewinner damals rein gar nicht.
Wohl noch nie bildeten sich so viele Teenie-Trauben rund um die roten Teppiche der Festspieltage. Und da eine Berliner Zeitung den jungen Mädchen auch noch 1'000 D-Mark versprach, sollten sie Leo abknutschen können, war DiCaprio eigentlich nur dabei zu sehen, wie er versuchte, die Verehrerinnen abzuschütteln und sich wegzuducken.
Moritz de Hadeln (Bild) stand 22 Jahre der Berlinale als Festival-Direktor vor, von 1980 bis 2001. Und eigentlich galt sein Vertrag auch noch zwei weitere Jahre. Doch der Schweizer bekam im April 2000 die vorzeitige Kündigung für 2001 ausgehändigt. Ein Zerwürfnis mit dem damaligen Kulturstaatsminister Michael Naumann war wohl der Grund des äusserst undurchsichtigen Rauswurfs.
Der Vorwurf: Er amerikanisiere und glamourisiere die grössten Filmfestspiele Deutschlands zu sehr – Leo DiCaprio lässt grüssen! Selbst bezeichnete de Hadeln die Kündigung als «absoluten Affront» und «stillos». Seit der Berlinale 2002 hält der aktuelle Festival-Leiter Dieter Kosslick (hier gemeinsam mit de Hadeln 2010) das Zepter in der Hand.
«Eine mutige Entscheidung» nannte es de Hadeln bei seinen letzten Filmfestspielen 2001, «Intimacy» mit dem Goldenen Bären auszuzeichnen. Abermals stand der Vorwurf der Pornografie im Raum. Die Aufregung über den expliziten Film von Patrice Chéreau (im Bild) spielte sich aber nur in der Öffentlichkeit und Presse ab.
2004 ging es erneut um Pornografie. Allerdings nicht im Zusammenhang mit allzu freizügige Szenen in einem Wettbewerbsbeitrag. Diskutiert wurde vielmehr die Vergangenheit von Sibel Kekilli. Die Hauptdarstellerin von Fatih Akins Hauptwettbewerbs-Gewinner «Gegen die Wand» spielte zwischen 2001 und 2002 in mehreren Schmuddelfilmen mit, was die Boulevard-Presse auf den Plan rief.
Während der Berlinale 2004 gab es kaum ein anderes Thema, immer weitere Enthüllungen sollten die Darstellerin diskreditieren. Am Ende setzte sich die Kunst durch, und Kekilli gilt als Ex-«Tatort»-Kommissarin und mit internationalen Auftritten wie in «Game of Thrones» (im Bild) als etablierte Schauspielerin.
Ein Jahr später rief die «Bild» erneut einen Skandal aus. Der Grund: Dieter Kosslick hatte die chinesische Schauspielerin Bai Ling in die Jury berufen. Bekannt für ihre aufreizenden Auftritte, sorgte die damals 38-Jährige immer wieder für Aufsehen. Unter der Überschrift «Berlin-nackte» beobachtete die Presse genau, was auf dem roten Teppich vor sich ging.
2006 schielten alle Augen auf den deutschen Beitrag «Der freie Wille», ein Vergewaltigungsdrama von Matthias Glasner mit Jürgen Vogel in der Hauptrolle. Die Schlagzeilen waren abermals reisserisch, die «B.Z.» wollte mit «Gewalt-Sex schockt die Berlinale» am Kiosk punkten. Vogel erhielt für seine Darstellung eines Triebtäters schliesslich den silbernen Bären.
Der Vergewaltigungsvorwurf gegenüber Roman Polanski besteht seit 1977: 33 Jahre später schickte er – unter Hausarrest stehend und aus Angst vor der Auslieferung an die USA – von seinem Schweizer Chalet aus den Film «Der Ghostwriter» ins Berlinale-Rennen.
Spätestens als man den Polen für seine Regiearbeit am Ende des Festivals auszeichnete, war die internationale Boulevard-Presse zur Stelle: Die Entscheidung sei keine künstlerische, sondern rein kollegial, hiess es. Polanskis Produzenten Robert Benmussa (links) und Alain Sarde (Mitte) nahmen den Preis im Berlinale Palast trotzdem gerne stellvertretend entgegen.
Bei Russlandkritik ist nicht zu spassen: Ein Notebook, auf dem die Endfassung des Films «Der Fall Chodorkowski» um den namensgebenden, einst inhaftierten Kreml-Kritiker (Mitte) enthalten war, wurde kurz vor dessen Premiere in Berlin aus dem Büro von Regisseur Cyril Tuschi gestohlen.
Nicht das erste Mal, dass das Putin-kritische Werk dem Filmemacher abhanden kam: Zuvor wurden während eines Hotelaufenthalts auf Bali Kopien entwendet. Tuschi (im Bild) konnte seinen mit Spannung erwarteten Film schliesslich trotzdem zeigen. Wer hinter den Diebstählen steckte, bleibt nach wie vor im Dunkeln.
2014 produzierte Shia LaBeouf einen Skandal auf dem roten Teppich. Mit einer Tüte auf dem Kopf inklusive der Aufschrift «I am not famous anymore» lief er bei der Premiere des Lars-von-Trier-Films «Nymphomaniac» über den Roten Teppich. Als wäre der Film mit seinen expliziten Sexdarstellungen nicht schon Schocker genug, benahm sich LaBeouf auch am Tag zuvor daneben ...
Mit der einstigen Rücktrittsverkündung des französischen Ex-Fussballers Eric Cantona – «wenn die Möwen dem Fischkutter folgen, tun sie das, weil sie denken, dass Sardinen ins Meer geworfen werden» – auf den Lippen, sprengte der «Transformers»-Star die Pressekonferenz und verschwand zugleich wieder.
Zahlreiche Besucher verliessen 2018 die Vorführungen des Experimentalfilms «Touch Me Not» dem Vernehmen nach vorzeitig. Insofern war es die «grösste anzunehmende Überraschung», wie ein Kritiker schrieb, dass das Drama von Regisseurin Adina Pintilie, das radikal seelische und körperliche Tabus offenlegt, mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde.
Provokationen, Pöbeleien, Pornografie-Vorwürfe: Bei der Berlinale geht immer wieder mal die Post ab. Zum Auftakt der neusten Ausgabe des Filmfestivals hier einige Aufreger aus der Vergangenheit.
Ob die Berlinale auch in diesem Jahr wieder für Schlagzeilen sorgt? Schliesslich wurde in den vergangenen Jahren immer wieder viel nackte Haut auf dem roten Teppich offenbart. Doch auch die Filmbeiträge sorgten oftmals für Skandale. Ein Blick zurück auf die über 60-jährige Geschichte zeigt allerdings: Was damals ein Aufreger war, wäre heute nicht mal mehr die Druckerschwärze wert.
Die Eröffnungsgala der Berlinale mit Moderatorin Anke Engelke wird am Donnerstag, 7. Februar, live im Internet übertragen. 3sat zeigt das Spektakel ebenfalls live ab 19.20 Uhr.
18 Skandalfilme, die an der Grenze des Zeigbaren sind
18 Skandalfilme, die an der Grenze des Zeigbaren sind
Als Sharon Stone 1992 sich in «Basic Instict» (Bild rechts) eine Zigarette anzündete, kurz darauf die Beine übereinander schlug und ungeahnte Einblicke gewährte, sorgte das damals für einen handfesten Skandal. Welcher Streifen aktuell Aufsehen erregt und welche Klassiker in der Vergangenheit den Tabubruch wagten, sehen Sie in der Galerie.
Auch wenn in «Climax» (Kinostart: 6. Dezember) ausgeklügelte, pulsierende und orgiastische Tanz-Choreografien im Vordergrund stehen, provoziert Regisseur Gaspar Noé in seinem neuen Film einmal mehr: Die abstossenden, frauenfeindlichen Sex-Fantasien, die zwei Tänzer haben, sind schwer auszuhalten.
2015 ging Noé bereits aufs Ganze: In «Love» zeigte der streitbare Regisseur Sex und Erotik in jeder nur denkbaren Form und ohne jedes Tabu, womit er schon vor dem Kinostart hitzige Debatten auslöste. Um zu provozieren, griff Noé auch auf technische Hilfsmittel zurück. Stellen Sie sich ein «Happy End» in 3D vor, das direkt auf Sie zukommt ...
Erotik im Kino hat selbstverständlich eine lange Tradition. Schon früh ging es los: Marlene Dietrich überzeugte 1930 als Femme fatale Lola-Lola in einer frivolen Rolle, die sie lange prägen sollte und bei Sittenhütern nicht gut ankam. Gleichzeitig verhalf ihr «Der blaue Engel» zu Weltruhm.
Mit ihrer Rolle in «Die Sünderin» schockte Hildegard Knef 1951 Politiker, Kirchenleute und Moralisten. Für besonderes Aufsehen sorgte eine Szene, in der sie sich (weitestgehend unbekleidet) in einer Hängematte räkelt. Dass es in dem Spielfilm auch noch um Prostitution und Suizid ging, hat die Gemüter seinerzeit nur umso mehr erregt.
Sie war lange Zeit die Sex-Ikone schlechthin, für manche ist sie es bis heute: Marilyn Monroe. «Manche mögen's heiss» war einer der Filme, in denen sie besonders gekonnt mit ihren Reizen spielte. Und während die Monroe den Männern den Kopf verdrehte, schlüpften Tony Curtis und Jack Lemmon in Frauenkleider – was in den steifen 50ern nicht bei jedem gut ankam.
Jane Fonda als frivole Weltall-Nymphomanin: Die Special-Effects in «Barbarella» waren haarsträubend dilettantisch, und die schrillbunten Fantasiekostüme bewegten sich jenseits der Geschmacksgrenze. Ein Hingucker war's trotzdem, mit hautengem Glitzer-Raumanzug (und manchmal ohne) wurde Fonda zur Kino-Sexgöttin der 60er.
Die Moralapostel waren ausser sich: 1970 erschien «Schulmädchen-Report: Was Eltern nicht für möglich halten» und begründete damit eine ganze Serie an anschaulichen «Aufklärungsfilmen». Bis 1980 wurden insgesamt 13 Episoden gedreht; Teil eins gilt mit etwa sechs Millionen Besuchern bis heute als einer der erfolgreichsten deutschen Filme.
Offenherzige Nacktheit und eine minutiöse Darstellung des Geschlechtsakts: Mit seinem erotischen Kammerspiel «Der letzte Tango in Paris» spaltete Meisterregisseur Bernardo Bertolucci 1972 Presse und Publikum. Erst kürzlich erklärte Hauptdarstellerin Maria Schneider, beim Dreh der Vergewaltigungsszene sei sie tatsächlich missbraucht worden, man habe ihr vorab nicht gesagt, was mit ihr geschehe.
«Die Geschichte der O» löste beim Erscheinen 1975 heftige Kontroversen aus. Die Erzählung um die titelgebende O (Corinne Clery) und René (Udo Kier) ist eine ähnliche wie in «Fifty Shades Of Grey»: Auch hier geht es um Begierde und Unterwerfung. Zuletzt erschien das Werk in einer aufwendigen Jubiläums-Box auf DVD und Blu-ray – inklusive Seidentuch und Lederhalsband.
Pier Paolo Pasolinis Skandalfilm «Salò oder die 120 Tage von Sodom» (Bild) erzürnte Moralisten. Sexualität, Macht und Gewalt sind die zentralen Themen des Films von 1975. Die kompromisslose Adaption der «120 Tage von Sodom» des französischen Skandal-Autoren Marquis de Sade steht nach wie vor in vielen Ländern auf dem Index, an die ungeschnittene Fassung kommt man nur schwer heran.
Ein kleines Mädchen und ihr Cousin stranden auf einer Insel, wachsen in der exotischen Welt auf und entdecken neben anderen Naturereignissen auch die eigene Sexualität. In der weiblichen Hauptrolle des kontrovers diskutierten Films: Brooke Shields (Bild, mit Christopher Atkins), die während der Dreharbeiten zu «Die blaue Lagune» (1980) noch nicht einmal 16 Jahre alt war.
Ungezügelte Sinnlichkeit: «9 1/2 Wochen» (1986) erzählt von einem Börsenmakler (Mickey Rourke) und einer New Yorker Galeristin (Kim Basinger), zwischen denen sich eine leidenschaftliche (und sehr verspielte) erotische Beziehung entwickelt – einer der heissesten Filme der 80er.
Ist sie eine Mörderin? Detective Nick Curran (Michael Douglas) hält diese Frage nicht davon ab, der mysteriösen Autorin Catherine Tramell (Sharon Stone) mit Haut und Haaren zu verfallen: Paul Verhoevens skandalöser Thriller «Basic Instinct» wurde – sicher auch dank der zeigefreudigen Hauptdarstellerin – 1992 zum Riesenerfolg.
In seinem «Dogma»-Film «Idioten» präsentierte Lars von Trier erstmals nackte Tatsachen. In dem gefeierten Arthouse-Experiment entziehen sich junge Menschen der Gesellschaft, indem sie so tun, als wären sie geistig behindert. Teil des Films und heiss diskutiert: die legendäre Gruppensex-Szene, in der die Darsteller allerdings selbst keinen Sex hatten. Der Regisseur gestand später, für die echten Sexszenen Körperdoubles eingesetzt zu haben.
2006 sprengte eine ebenso erotische wie ironische Indie-Dramödie alle Gendergrenzen und Tabus: «Shortbus» zelebrierte das menschliche Liebesleben in seiner ganzen Vielfalt. Was das gefeierte Werk vor allem ausmachte, war sein humorvoller Umgang mit Sexualität und allen dazugehörigen Problemen. So muss Hauptfigur Sofia (Sook-Yin Lee, Mitte) erst lernen, sich zu überwinden und ihren Sehnsüchten nachzugeben.
Auch Lars von Trier wird immer wieder zur Zielscheibe von Moralhütern. In seinem zweiteiligen Erotik-Drama «Nymphomaniac» geht es vor allem um krankhafte Lust: Joe (Charlotte Gainsbourg) kann nicht genug Sex haben und scheut auch vor bizarren Experimenten nicht zurück. Das semi-pornografische Werk zeigte 2013, wie weit ein Film heute gehen muss, um mit Sexualität anzuecken.
Wer die Romanvorlage von Charlotte Roche kennt, weiss, dass es in «Feuchtgebiete» (2013) heiss hergeht. Mit pornografischer Präzision wird erklärt, wie die junge Helen (Carla Juri) ihren eigenen sowie fremde Körper erkundet. Ein ebenso ekel- wie aufsehenerregender Film.
In der Bestseller-Buchvorlage geht es um SM-Fantasien, Bondage, Leidenschaft – alle rechneten mit sinnlichen Filmen. Tatsächlich waren die drei «Fifty Shades Of Grey»-Softpornos so prickelnd wie ein Glas Leitungswasser. Schlüpfrig geht jedenfalls anders.
Die Kino-Highlights im Februar
Die Kino-Highlights im Februar
Es ist Award Season – und wie jedes Jahr kommen kurz vor der Oscar-Verleihung einige der besten Filme des Jahres in die Kinos. Wir sagen Ihnen, was Sie auf keinen Fall verpassen sollten.
Wer hätte gedacht, dass sich bunte Plastiksteine verfilmen lassen? «The Lego Movie» war vor fünf Jahren ein Megaerfolg, jetzt kommt die Fortsetzung des Klötzchenabenteuers in die Kinos.
In «Lego Movie 2» müssen Emmet und seine Freunde einen Kumpel retten – denn der wurde von fiesen Aliens aus der bunten Legowelt entführt.
Mit dabei sind wieder alte Bekannte – etwa die Lego-Version von Batman.
Glenn Close kann für ihre Rolle in «The Wife» auf einen Oscar hoffen. Sechsmal war die Schauspielerin bereits nominiert –vielleicht klappt es ja diesmal?
Joan (Glenn Close) steht im Schatten ihres Mannes Joe Castleman (Jonathan Pryce), der gerade den Literaturnobelpreis gewonnen hat.
Auf dem Weg nach Schweden werden Joe (Jonathan Pryce, rechts) und Joan (Glenn Close) vom Journalisten Nathaniel Bone (Christian Slater) begleitet.
Jööööö! Die herzige Tierdoku «Ailos Reise» begleitet ein kleines Rentier in den ersten Jahren seines Lebens.
Zusammen mit seiner Mutter streift Rentier Ailo durch die kalten Weiten Lapplands.
Anke Engelke erzählt die berührende Geschichte von «Ailos Reise».
«Can You Ever Forgive Me?» bringt die wahre – und ziemlich verrückte – Geschichte der Fälscherin Lee Israel auf die Grossleinwand.
Lee Israel (Melissa McCarthy) hat gut lachen: Sie verdient mit gefälschten Briefen von Prominenten einen Haufen Geld.
Das Geschäftsmodell von Lee Israel (Melissa McCarthy) geht nicht lange gut: Bald ist ihr das FBI auf den Fersen.
Nach einer wahren Geschichte: «Boy Erased» erzählt vom jungen Jared Eamons, der wegen seiner Homosexualität «umerzogen» werden soll.
Nancy Eamons (Nicole Kidman) will die Homosexualität ihres Sohnes Jared (Lucas Hedges) nicht akzeptieren und schickt ihn zu einem Priester, der ihn «umpolen» will.
Jared (Lucas Hedges, rechts) kommt allerdings Xavier (Théodore Pellerin) näher.
Ja, das ist Christian Bale: Für die Hauptrolle in «Vice» verwandelte sich der Schauspieler in Dick Cheney.
Krieg oder Frieden? Dick Cheney (Christian Bale, links) berät sich mit US-Präsident George W. Bush (Sam Rockwell) im Weissen Haus.
Lynne Cheney (Amy Adams) begleitet ihren Mann Dick (Christian Bale) bei seinem Aufstieg zum Vizepräsidenten der USA.
Sie ist eine der mächtigsten Frauen der USA: Das Biopic «On the Basis of Sex» erzählt von der jungen Juristin Ruth Bader Ginsburg.
Die Juraprofessorin Ruth Bader Ginsburg (Felicity Jones) wird von ihrem Mann (Armie Hammer) auf einen interessanten Fall aufmerksam gemacht.
An der Universität fällt Jurastudentin Ruth Bader Ginsburg (Felicity Jones) nicht nur den Professoren auf.
Zurück zur Startseite