Locarno Film Festival Die Entdeckung von Kinuyo, der ersten Geschichte von Locarno73

lff

12.2.2020

Internationale Erstvorführungen, junges Kino und prämierte Stars: Jedes Jahr entdeckt das Festival eine Seite der Kinogeschichte neu. Das ist die Retrospektive, die den Scheinwerfer auf unvergessliche Legenden oder auf (wieder) zu entdeckende Meisterwerke richtet. Wie Kinuyo Tanaka, der erste Star von Locarno73.

Das Locarno Film Festival bietet in jedem Sommer einen Ort, an dem die Vorführungen gegen den Strom schwimmen. In die umgekehrte Richtung, rückwärts. Mitten in einem Programm aus Hunderten zukunftsgerichteter Filme, neben den internationalen Erstaufführungen auf der Piazza Grande, den miteinander konkurrierenden Filmen, die das Publikum zum ersten Mal sieht, sowie den Autoren, die in diesen Tagen ihre eigene Zukunft aufbauen, gibt es auch eine Reihe wertvoller Filme, die ihre Erstaufführung bereits viele Jahre zuvor erlebt haben. Die in der Zwischenzeit Dutzende Male gesehen wurden oder vielleicht sogar schon wieder in Vergessenheit geraten sind. Filme, die alle gemeinsam eine Geschichte erzählen. Es sind die Filme der Retrospektive, wie jene von Locarno73, die im GranRex, dem Ort der Retrospektive, das Leben, das Schaffen und den Blick von Kinuyo Tanaka erzählen.

Die erste Frau

Aber wer ist Kinuyo Tanaka? Die erste Frau, der Locarno eine Retrospektive widmet, ist eine jener Figuren der Kinogeschichte, die gerade ein Festival wie Locarno zu entdecken, kennenzulernen und wahrscheinlich zu lieben erlaubt. Tanaka war eine der bedeutendsten Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts, die von den 20er bis zu den 70er Jahren in den Filmen der grossen Meister des japanischen Kinos die Frau in der Gesellschaft Japans verkörpert haben. Bis sie nach Jahrzehnten vor der Filmkamera beschloss, auf die andere Seite der Produktion zu wechseln und die Karriere der Regisseurin zu beginnen. Damit wurde sie die zweite Frau der Kinogeschichte ihres Landes, die einen Film drehte.

Wir sind uns schon einmal begegnet

Beim Durchblättern der Kataloge, die die Geschichte der 72 bisherigen Festivals mit ihren Tausenden und Abertausenden Vorführungen abbilden, und der jedes Jahr der Retrospektive gewidmeten Bände entdecken wir, dass wir Kinuyo Tanaka bereits in Locarno getroffen hatten. Das war 1979, und wir bleiben beim Thema Retrospektive: In jenem Jahr feierte das Festival eine andere grosse Kinolegende Japans, Yasujirō Ozu. Einer der Filme des Meisters, die in jenem Sommer von vor 41 Jahren gezeigt wurden, war Sommerblüten (1958). Und raten Sie, mit wem? Genau. Mit Kinuyo.

Von einer Legende zu einer Bewegung

Heute Kinuyo, gestern eine ganze Welt. Unter Zusammenstellung eigener Retrospektiven die Filmgeschichte zu erkunden, ist wie einen Scheinwerfer auf einen einzelnen Autor zu richten, wie etwa Ernst Lubitsch oder Orson Welles. Oder eine ganze Bewegung auszuleuchten, wie im vergangenen Jahr das Black Cinema oder die Filme von Titanus. Entdeckungen und Wiederentdeckungen, die uns unvergessliche Momente erleben lassen – in das frühe 20. Jahrhundert zurückversetzt bei einem von Klaviermusik begleiteten Stummfilm, oder auf der Piazza Grande in einer Augustnacht, mit Laurel und Hardy in elektronischer Version.

Das sind die Kino-Highlights im Februar.

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