Filmkritik «The Good Liar»: Mirren und McKellen in Topform

Fabian Tschamper/dpa

30.11.2019

Sir Ian McKellen und Dame Helen Mirren in der Komödie mit zunehmendem Thriller-Charakter «The Good Liar».
Sir Ian McKellen und Dame Helen Mirren in der Komödie mit zunehmendem Thriller-Charakter «The Good Liar».
Keystone

Der professionelle Betrüger Roy lernt im Internet die gut betuchte Witwe Betty kennen. Zwischen den Senioren scheint es zu funken, doch beide haben dunkle Geheimnisse.

Beim Online-Dating nehmen es manche Menschen nicht so genau. Der betagte Roy Courtnay (Ian McKellen) und die elegante Witwe Betty McLeish (Helen Mirren) sind da keine Ausnahme. Während er genüsslich an seiner Zigarette zieht, setzt er in seinem Profil das Häkchen bei «Nichtraucher». Sie gibt vor, keinen Alkohol zu trinken, und nippt dabei an ihrem Rotwein. Beim ersten persönlichen Treffen in einem typisch-britischen Pub gestehen sich die beiden dann auch noch, dass sie im Internet falsche Namen angegeben haben.

Trotzdem scheint es zu funken zwischen Roy und Betty. Doch die charmante Szene ist nur der Auftakt der Täuschungen in dem spannenden Thriller von US-Regisseur Bill Condon («Dreamgirls»), der nicht ohne Grund «The Good Liar – Das alte Böse» heisst. Denn Roy ist in Wirklichkeit ein eiskalter Hochstapler, ein professioneller Lügner und herzloser Betrüger. Mit seinem Kumpel Vincent (James Carter aus «Downton Abbey») erleichtert er regelmässig gutgläubige Menschen um ihre Ersparnisse. Ihre bevorzugten Opfer sind alleinstehende, ältere Frauen.



Das Drehbuch basiert auf dem vor drei Jahren erschienenen Roman «The Good Liar» von Nicholas Searle. Es ist eine komplexe Geschichte von Lug und Betrug, die mit ihren unzähligen Wendungen und Enthüllungen – zumindest auf der Leinwand – manchmal etwas weit hergeholt wirkt.

Roy spricht irgendwann von Liebe. Und Betty lässt den scheinbar sanftmütigen Rentner bei sich in ihrem faden Vorort-Häuschen einziehen, wenn auch zunächst nur im Gästezimmer. Bettys Enkel Stephen (Russell Tovey) wird schnell misstrauisch und stellt Nachforschungen über Roys Vergangenheit an. Aber seine Grossmutter will sich nicht von ihrem vermeintlichen Glück abbringen lassen. Auch Betty hat offenbar ihre Geheimnisse. Während einer gemeinsamen Reise nach Berlin hat sie für Roy eine Überraschung parat. Und bald fragt man sich, wer hier eigentlich wen an der Nase herumführt.

«The Good Liar» beginnt als sympathischer Krimi-Spass alter Schule und wird vom Verleih zumindest im Trailer auch so beworben. Der ruhig erzählte Film entwickelt sich allerdings zunehmend zu einem Thriller mit einem dramatischen Hintergrund. Wie aus dem Nichts schockiert Condon plötzlich mit einigen drastischen Gewaltszenen. Anfängliches Schmunzeln über das auf den ersten Eindruck sympathische Seniorenpaar weicht bald einem garstigen, schaurig-schönen Unbehagen. Der deutsche Zusatztitel «Das alte Böse» passt ausnahmsweise mal ganz gut.

Einzig das Finale des Films enttäuscht ein wenig. Die Auflösung ist wenig überzeugend, weil manches zu konstruiert wirkt. Doch darüber kann man hinwegsehen, denn bis dahin ist «The Good Liar» dank seiner vielen überraschenden Wendungen – mögen sie noch so übertrieben sein – ziemlich spannend. Die Geschichte fesselt, weil man als Zuschauer einfach miträtseln muss.

Vor allem lebt der Film von seinen bestens aufgelegten Stars. Oscar-Gewinnerin Helen Mirren («Die Queen») und der 80-jährige Ian McKellen («Der Herr der Ringe») sind Veteranen der Royal Shakespeare Company. Beide blicken auf eine grosse Theater- und Kinokarriere zurück, in der sie schon gemeinsam auf der Bühne standen. Und auch vor der Kamera ist das Duo Mirren/McKellen einfach unwiderstehlich.

«The Good Liar» läuft derzeit in unseren Kinos.

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