Anzügliche Textzeile Darum wird Sarah Connors neuer Song im Radio boykottiert

tafi / DPA

5.6.2019

Sarah Connor eckt an: Einige deutsche Radiosender wollen die erste Single aus ihrem neuen Album nicht spielen. In «Vincent» geht es um das Coming-out eines schwulen Teenagers.

Die deutsche Sängerin Sarah Connor (38) wird mit ihrem neuen Lied «Vincent» oft nur gekürzt im Radio gespielt. Grund ist die anzügliche erste Textzeile des Songs. So strahlt etwa der Radiosender Antenne Bayern «Vincent» ohne den ersten Satz aus – unter anderem aus Gründen des Jugendschutzes. Manche verbannen den Song sogar ganz aus dem Programm.

«Vincent» ist die erste Auskopplung aus ihrem neuen Album «Herz Kraft Werke». Der Song handelt von Verwirrung und Schmerz in der Liebe – unter anderem bei einem Jungen, der erkennt, dass er schwul ist. Es geht konkret um den Satz «Vincent kriegt kein' hoch, wenn er an Mädchen denkt». Diese Zeile werde wie auch eine Wiederholung später in dem Stück herausgeschnitten, sagte Antenne-Bayern-Programmdirektorin Ina Tenz der Nachrichtenagentur DPA. Über das Thema hatte zuerst die «Bild» berichtet. 

Weil «Vincent» keinen hoch kriegt, wenn er an Mädchen denkt, wird Sarah Connors Coming-out-Song von mehreren deutschen Radiosendern blockiert. Die Sängerin versteht die ganze Aufregung nicht.
Weil «Vincent» keinen hoch kriegt, wenn er an Mädchen denkt, wird Sarah Connors Coming-out-Song von mehreren deutschen Radiosendern blockiert. Die Sängerin versteht die ganze Aufregung nicht.
Keystone

Sarah Connor: «Chance, über das Thema zu sprechen»

Sarah Connor hat verständnislos auf die Ablehnung ihres Coming-out-Songs reagiert. In einem RTL-Interview sagte die Musikerin: «Wir tun ja immer so, als wäre es überall, als wäre es völlig in Ordnung, und dann bringt es ein Song auf den Punkt, und dann gibt's plötzlich Ressentiments.»
Connor sieht in ihrem Song einen Gesprächsanstoss: «Ich finde, man sollte es als Chance ergreifen, darüber zu sprechen.»

Zum Hintergrund erklärte sie, dass es in ihrem Bekanntenkreis einen Jungen gebe, einen Freund ihrer Kinder, der sich im vergangenen Jahr geoutet habe. Sie habe den Song ihrer Plattenfirma und ihren Kindern vorgespielt. «Ehrlich gesagt gab es niemanden, der nicht am Ende des Songs verstanden hat, dass es um Liebe geht.»

Der Berliner Familiensender «Radio Teddy» sieht das anders und spielt das Lied laut «Bild» gar nicht. Hitradio Antenne 1 in Stuttgart sendet im Tagesprogramm eine entschärfte Version, wie Programmkoordinator Daniel Stupp sagte. Das Wort «hoch» ist dort nicht zu hören, sondern mit einem Instrumental unterlegt. Es sei ein familienorientierter Sender, und so gerieten Eltern nicht unter Erklärungszwang. Auf keinen Fall wolle der Sender aber auf den Song verzichten, so Stupp: «Grundsätzlich finden wir, dass das das richtige Lied an der richtigen Stelle ist. Auch mit dem richtigen Inhalt.»

Steckt ein kalkulierter PR-Coup dahinter?

Auch Tenz betonte: «Wir finden den Song ganz grossartig und unterstützen auch das Thema Toleranz.» Aber es müsse nicht sein, dass Kleinkinder das im Radio hören, sagte Tenz, die bei Antenne Bayern auch Jugendschutzbeauftragte ist. «Ich möchte Sarah Connor erleben, wie sie künftig ihrem kleinen Sohn erklärt, was damit gemeint ist.»

Aus ihrer Sicht steckt hinter dem Text und der Veröffentlichung auch eine Strategie, eine Debatte auszulösen: «Wenn der erste Song des neuen Albums ausgerechnet mit einem solchen Satz beginnt, dann ist da PR einkalkuliert.»

Zustimmung für Connor kommt vom Bayerischen Rundfunk. «Wir finden den Song musikalisch toll und textlich sehr mutig, und deswegen läuft er regelmässig in Bayern 3», erklärte Bayern-3-Programmchef Thomas Linke-Weiser. «Wir haben bisher so gut wie keine Beschwerden unseres Publikums deswegen bekommen.» Eher fänden es die Leute gut, dass sich eine Mainstream-Künstlerin wie Connor eines solchen Themas annehme.

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