«Singende Herrentorte» Ohne Quatsch geht's ihm nicht gut: Helge Schneider wird 65

dpa/tafi

30.8.2020

Wie genau Helge Schneider als «Musikclown» (Eigenbezeichnung) vielen Menschen Freude bereitet, ist kaum zu beschreiben. Dass er es mit grossem Erfolg tut, ist seit Jahrzehnten unbestritten. Heute wird er 65. 

Als sich Helge Schneider im vergangenen Jahrhundert «Katzeklo» ausdenkt, hat er seinen Kater Fritz vor Augen. «Fritz habe ich unheimlich viel zu verdanken», erzählt der Jazzpianist. «Damit hat unheimlich viel angefangen.»

Schneider hatte damals schon mehrere Platten herausgebracht. 1994 folgt dann ein Auftritt der selbst ernannten «singenden Herrentorte» bei «Wetten, dass..?» mit «Katzeklo»: «Ist dann irgendwie ganz berühmt geworden, und auch heute noch irgendwie so.»

Heute, am 30. August, wird Schneider 65 Jahre alt. Gross feiern will er nicht.

Als «Komiker. Komponist. Musiker. Entertainer. Buchautor. Filmemacher. Multiinstrumentalist. Schauspieler.» beschreibt sich Schneider in einer handgeschriebenen Ein-Seiten-Biografie auf seiner Website. Weniger wäre auch untertrieben.

Der Vielfachkünstler hält die Welt in Atem

Schneider schreibt Krimis wie «Das scharlachrote Kampfhuhn – Kommissar Schneiders letzter Fall». Er komponierte das Musical «Mendy – das Wusical». Er dreht Filme wie «Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem» und spielt selbst darin mit. Ein Vielfachkünstler, bei dem jede Einordnung zu kurz greift.



Seine Bühnenprogramme tragen schräge Titel: «Die Wiederkehr des blaugrünen Smaragdkäfers» etwa im Frühling 2020, das nach 20 Aufführungen wegen der Coronakrise beendet werden musste. «Mein Name ist Helge Schneider, ich möchte sie heute zum Lachen bringen», begrüsste er sein Publikum bei einer Aufführung im Februar. Die meisten Fans haben an diesem Abend einfach viel Spass. Die Übrigen denken vielleicht zu viel nach über tiefgründig-absurde Sätze wie: «Wir können was ändern, indem wir was ändern.»

Die Schule war kein Hindernis

Auftritte, bei denen er «nur» Musik macht, kann er nicht. «Ich muss immer irgendeinen Quatsch machen, das kommt dann einfach dazu», sagt er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur dpa. Ihm sei sehr wichtig, dass «das kindliche Gemüt, was ich auf der Bühne entfalte, nicht zerstört wird». Auch im wirklichen Leben schleppe er es immer «irgendwo» mit. «Das ist verdammt wichtig.»

Schneider wird in Mülheim im Ruhrgebiet geboren, sein Vater arbeitet bei der Post. «Die Schule war für ihn kein Hindernis. Er machte weder Abitur noch Ähnliches», schreibt er über sich selbst. Seine Begabung am Klavier bringt ihn schon 1972 ans Konservatorium Duisburg, wo er zwei Semester studiert. «Als sie rausgekriegt haben, dass ich überhaupt gar keine Volksschulreife habe, haben sie mich runtergeschmissen.»

Eines seiner neuesten Werke: Ein gut gelaunter Helge.

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Auch Cello lernt er als Kind ein paar Jahre lang. «Ich war sehr talentiert als Cellist.» Eines Tages sei er zu seinem Lehrer gegangen und habe gesagt: «Ich will Blues- und Rockgitarrist werden.» Als er dem Lehrer dann etwas auf einer E-Gitarre vorgespielt habe, sei der «total fertig» gewesen. «Er sagte: ‹Da kann ich nicht gegen an. Das verstehe ich nicht.› Das war das Aus für den Unterricht. Es war wirklich traurig.»

Ausbildungen zum Bauzeichner und Landschaftsgärtner bricht er ab. Zeitweise arbeitet er auch als Strassenfeger. Mit verschiedenen Gruppen macht er Musik, ab 1977 ist er ausschliesslich als Musiker unterwegs.

Vier Frauen, sechs Kinder, verrückte Songs

Seitdem ist viel passiert. Mit vier Frauen hat er sechs Kinder. Rund 20 Alben hat Schneider bislang veröffentlicht. Das neueste, «Mama», ist gerade erschienen: 14 Stücke, einmal quer durch den weiten Schneiderschen Musikkosmos: Ein Westernsong ist dabei («Der müde Reiter»), ein Arbeiterlied («Der Boss») und auch eine herrlich durchgeknallte Klang-Sprechcollage über das «ayurvedische Massagezentrum Lotusblüte» in Paderborn («Die neue Mode»). In «Petes Raumpatrouille» greift er das musikalische Thema der Science-Fiction-Kultserie «Raumpatrouille Orion» auf. Alle Instrumente spielt er selbst.

«Diesmal habe ich ganz komplett alles selbst gemacht: aufgenommen, gespielt, gemixt, nur dann abgegeben zum Mastern», erzählt Schneider. Zwei 16-Kanal-Aufnahmegeräte hat er in seiner grossen Mülheimer Wohnung stehen. In einer Nische ist ein kleines Studio mit schalldichten Wänden und Glasscheiben eingebaut.

Schneider, der Unermüdliche – nach dem Album ist vor dem nächsten: «Ich habe oben einen Konzertflügel stehen und schon ein bisschen aufgenommen, um zu gucken, wie das klingt. Und das klingt super – das wird meine nächste Platte. Eine Klavierplatte, improvisiert, solo, ohne Quatsch, nur Musik. Das gab's noch nicht.»

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