Übergriffsvorwürfe Verlag stoppt Druck von Philip-Roth-Biografie

dpa

28.4.2021 - 05:38

Der 2018 verstorbene Schriftsteller Philip Roth im September 2005 im Garten seines Hauses in Warren im US-Bundesstaat Connecticut.
Der 2018 verstorbene Schriftsteller Philip Roth im September 2005 im Garten seines Hauses in Warren im US-Bundesstaat Connecticut.
Bild: Keystone/AP Photo/Douglas Healey

Seit 2012 hatte Blake Bailey an seiner Biografie des Schriftstellers Philip Roth gearbeitet. Drei Wochen nach der Veröffentlichung stoppt der Verlag den Druck.

28.4.2021 - 05:38

Nach Übergriffsvorwürfen gegen den Philip-Roth-Biografen Blake Bailey beendet der US-Verlag W.W. Norton and Company die Zusammenarbeit mit dem Autor. Die erst Anfang April herausgekommene Biografie und Baileys Erinnerungen «The Splendid Things We Planned» von 2014 würden nicht weiter gedruckt, erklärte der Verlag am Dienstag. Bailey könne sein Roth-Buch woanders veröffentlichen, falls er das wünsche.

Bailey hatte in den 90er Jahren in New Orleans Englisch unterrichtet. In der vergangenen Woche erhoben Schülerinnen, die bei ihm damals in die achte Klasse gingen, den Vorwurf, Bailey habe sich ihnen gegenüber unangemessen verhalten und später sexuelle Beziehungen zu ihnen gesucht. Zwei ehemalige Schülerinnen und eine Verlagsleiterin warfen Bailey vor, er sei gegen sie sexuell übergriffig geworden.

Bailey bestreitet jedes Fehlverhalten. Sein Anwalt Billy Gibbens warf Norton vor, auf der Basis falscher rund unbegründeter Anschuldigungen ein drastische und einseitige Entscheidung getroffen zu haben, ohne die Vorwürfe zu untersuchen oder Bailey die Gelegenheit zu geben, sie zu widerlegen. Dies sei ungerechtfertigt und beunruhigend. «Baileys europäische Verleger haben klugerweise nicht so überstürzt gehandelt», schrieb Gibbens in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur AP.

Die Chefin des Autorenverbandes PEN America, Suzanne Nossel, warnte, das Vorgehen Nortons könne zu einem beunruhigenden Präzedenzfall werden. «Wenn wir diesen Standard grossflächig zur Norm machen, gäbe es Tausende von Büchern von Fanatikern, Frauenhassern und Schurken, die aus diesen Gründen aus dem Verkehr gezogen werden könnten», sagte sie. Solche Bücher könnten zwar noch anderswo aufgenommen werden, aber sobald ihnen ein solches Stigma anhafte, finde sich womöglich kein Verlag mehr für sie.

Bailey ist Verfasser gefeierter Biografien der Schriftsteller John Cheever und Richard Yates. Seit 2012 arbeitete an seiner Biografie des 2018 verstorbenen Roth, mit dem er ausgiebige Gespräche führte. Sein Roth-Buch schaffte es auf die Bestsellerliste der «New York Times» und erhielt überwiegend positive Kritiken. Andere monierten, Bailey beurteilte Roth zu nachsichtig im Hinblick auf dessen Umgang mit Frauen.

Norton kündigte an, eine Summe in Höhe des Buchvorschusses für «Philip Roth: The Biography» an Organisationen zu spenden, die gegen sexuelle Übergriffe oder Belästigung kämpfen und sich für den Schutz von Betroffenen einsetzen.

dpa