«Johnny Mnemonic» So stellte sich Hollywood früher das Jahr 2021 vor

Von Fabian Tschamper

26.1.2021

Wer kennt diese Situation aus dem täglichen Leben? Niemand. Denn Keanu Reeves' «Johnny Mnemonic» (1995) hat so einiges falsch vorausgesagt über das Jahr 2021.
Wer kennt diese Situation aus dem täglichen Leben? Niemand. Denn Keanu Reeves' «Johnny Mnemonic» (1995) hat so einiges falsch vorausgesagt über das Jahr 2021.
TriStar Pictures

Im 1990er-Jahre-Action-Thriller «Johnny Mnemonic» wird die Gesellschaft im jetzt aktuellen Jahr 2021 beschrieben. Zeit für einen Faktencheck früherer Sci-Fi-Szenarien.

Keanu Reeves war nie schlechter – und in diesem Zusammenhang meine ich besser –, als im 26 Jahre alten Film «Vernetzt – Johnny Mnemonic». Der bocksteife Reeves war dort «am einsilbigsten» von all seinen Performances. Sie wollen einen Beweis? Die erste Zeile, die der spätere John Wick nuschelt, ist: «Yeah.» Und dies sagte er nicht etwa als positive Antwort auf eine Frage, sondern im Sinne von «Ich bin da, im Bett mit einer Prostituierten – also, yeah, let's go!».

Im Film wird das Jahr 2021 als Science-Fiction abgebildet. Er ist heute unfreiwillig komisch, das dürfte allerdings auch daran liegen, dass unter anderem der Fax darin noch relevant ist. Ganz falsch lag «Johnny Mnemonic» da nicht: Die Corona-Meldestellen nutzen diese veraltete Technologie heute, um dem BAG die neusten Zahlen zukommen zu lassen. Unglücklicherweise erlebt der Fax also ein Mini-Revival momentan.

Yeah.

Der Film tauchte kürzlich aus den unendlichen Tiefen des Internets wieder auf, da wir momentan einerseits die Renaissance von Keanu Reeves – die Keanaissance – miterleben und weil natürlich andererseits das Jahr 2021 kürzlich begonnen hat.

Ein Schuss in den Ofen?

Immer wieder haben sich Filmemacher getraut, ihre Sci-Fi-Szenarien zu datieren, am berühmtesten wohl Stanley Kubrick mit seinem bis heute beeindruckenden Epos «2001: Odyssee im Weltraum» (1968) sowie Peter Hyams mit «2010: Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen» (1984).



Randnotiz zu «2001: Odyssee im Weltraum»: Der Film ist ein optisches Meisterwerk. 1968 waren computergenerierte Weiten des Alls noch lange kein Thema, Kubrick schaffte dennoch einen zeitlosen Look. Der Streifen ist unfassbar gut gealtert.

Datierte Filme können schnell peinlich wirken, wenn jemand in den 1980er-Jahren beispielsweise fliegende Autos für 2015 voraussagt. Nicht wahr, «Back to the Future 2»? Auch Weltraumkolonien, Replikanten, Beamen oder Zeitreisen sind bei uns noch kein Thema. Auch wenn Elon Musk mit seiner «Mars One»-Mission da widersprechen dürfte.

Science-Fiction muss nicht in der Zukunft spielen

Klar ist: Guten Science-Fiction-Filmen geht es meistens gar nicht um die Zukunft, sondern um Botschaften über die Gegenwart. Das ist nicht zuletzt auch in den langlebigen Film-Franchise-Reihen «Star Trek», «Planet der Affen» und den Fantasy-Märchen «Star Wars» der Fall. Letztere spielen eh in der Vergangenheit: «Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis ...»

Bestes Beispiel: der bald 50 Jahre alte sowjetische Filmklassiker «Solaris» (1972) von Andrej Tarkowski. Neu verfilmt wurde das Ganze 2002 in den USA von Steven Soderbergh mit George Clooney und Natascha McElhone. Dem polnischen Romanautoren und Philosophen Stanisław Lem, auf dessen Roman die Filme basieren, gefiel jedoch nichts davon.



Ein anderes Beispiel für Filme, die über das Gezeigte hinausweisen, ist «Matrix» von 1999. Der philosophisch angehauchte Film handelt von einem Maschinenkrieg – der wahrscheinlich im Jahr 2199 seinen Höhepunkt erreicht, aber das wissen die Figuren im Film auch nicht so genau. Es geht um die Befreiung der Menschen aus einer Scheinwelt.

Johnny und die Rettung der Welt

Zurück zu 2021. Im Actionfilm «Johnny Mnemonic» dominieren Hightech-Konzerne die Welt. Untergrund-Hacker bekämpfen die Übermächte. Johnny (Keanu Reeves) arbeitet mit seinem Gehirn als Datenschmuggler. Dafür opfert er eigene Erinnerungen. Diesmal transportiert er die Infos zur Herstellung eines Heilmittels für die Krankheit NAS, an der die Hälfte der Weltbevölkerung leidet. Der Konzern Pharmakom jagt Johnny, weil der Vertrieb einer Unterdrückungsmedizin deutlich lukrativer ist als die Heilung.

Und 2022? Der Öko-Thriller «Soylent Green» (1973) mit Charlton Heston trägt auch den deutschen Titel «Jahr 2022 ... die überleben wollen». Darin leben 2022 in New York etwa 40 Millionen Menschen. Es mangelt an gutem Essen und Trinken. Für die Massen gibt es die künstlichen Nahrungsmittel Soylent Rot, Gelb und Grün. Am Ende steht die Erkenntnis: «Soylent Grün ist Menschenfleisch.»

Na, hoffen wir's nicht. Yeah.

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