Schweizer*innen in L.A. (11) Daniel Bernhardt: «Von Brad Pitt würde ich mir gern eine runterhauen lassen»

Von Marlène von Arx, Los Angeles

5.12.2020

Wenn Hugh Jackman, Jason Statham oder Keanu Reeves einen Bösewicht vermöbeln, fängt oft Daniel Bernhardt die Schläge ein. Jetzt kehrt der Berner Schauspieler und Stunt-Performer zu einer seiner frühen Rolle zurück: Agent Johnson in «The Matrix 4».

Daniel Bernhardt sitzt lässig auf dem Sofa in einer Bar. «Parkier deinen dünnen Hintern, du Schlampe!» macht er Margot Robbie an. Die willigt grinsend ein – und lässt sich High Heels voran auf sein Oberschenkel knallen, sodass die Beine brechen. Der Berner schreit Zetermordio und Ewan McGregor ärgert sich, weil er nun einen Ersatz für seinen lädierten Chauffeur suchen muss. So wie zu Beginn des DC-Comic-Films «Birds of Prey» sieht der Alltag des Schauspielers und Stunt-Performers aus Worblaufen oft aus: Er wird von den Stars schlimm zugerichtet und vom Drehbuch nicht selten auch ins Jenseits befördert. Der 55-Jährige kämpfte als Bösewicht gegen Hugh Jackman in «Logan», Charlize Theron in «Atomic Blonde» und Keanu Reeves in «John Wick».

«Schauspielerei oder Stunts – ich mache wirklich beides gern», so Bernhardt. «In ‹John Wick› habe ich keinen Dialog, aber ich war zwei Monate mit den Kollegen zusammen in New York am Drehen. Das macht Spass. Es erinnert mich an die Sommerlager meiner Jugend.»

Der Berner hat sich eine besondere Nische unter den Martial-Arts-Spezialisten in Hollywood geschaffen: Er trainiert seit Jahren im renommierten 87Eleven Action Design Studio. Da befreundete er sich mit den Stunt-Leuten David Leitch und Chad Stahelski, die beide inzwischen ins Regie-Fach gewechselt haben und Daniel Bernhardt immer wieder für Filme wie die «John Wick»-Reihe (Stahelski), «Atomic Blonde» und «Fast and Furious presents: Hobbs & Shaw» (beide Leitch) anheuern.

Einer seiner ersten grossen Hollywood-Coups war 2003 der Auftritt als Agent Johnson in «The Matrix Reloaded», damals noch unter der Regie der Wachowski-Brüder. Aus Larry wurde inzwischen Lana Wachowski und sie übernimmt nun die alleinige Verantwortung für «The Matrix 4». Daniel Bernhardt ist wieder mit von der Partie: «Ich fühle mich sehr geehrt und geschmeichelt, dass man mich nach all den Jahren anrief und mich Lana Wachoswki eingeladen hat, wieder mitzumachen. Sie ist eine super Regisseurin», so Daniel Bernhardt.

Ende Sommer ging er nach Berlin, begab sich zwei Wochen in Quarantäne, drehte sechs Wochen und wurde dreimal die Woche auf Covid-19 getestet. Mehr darf er über die Dreharbeiten nicht verraten. Nur so viel: Mit Keanu Reeves, dem er schon in fünf Filmen als Bösewicht gegenüberstand, zu arbeiten sei immer toll: «Er ist einer meiner Lieblingsmenschen überhaupt. Ich sehe ihn dauernd, denn er trainiert mit uns bei 87Eleven. Er arbeitet wirklich hart und man kann es durchaus auch lustig haben mit ihm.»

«Ich arbeite heute mehr als früher»

Auch bei «John Wick 4» wird der Unverwüstliche wieder mit von der Partie sein. Die Rolle wird noch bestimmt. Eigentlich hat ihn Keanu Reeves im ersten Film erwürgt. Aber Bernhardt ist als neuer Gegenspieler in den Sequels wieder auferstanden. In «John Wick 3» kämpfte er mit Reeves sogar unter Wasser. Auch als Schauspieler ist Bernhardt gefragt: Diesen Monat soll in den USA «Skylines» in die Kinos kommen. Daniel Bernhardt verkörpert neben Lindsey Morgan («The 100») darin eine Hauptrolle: «Ich spiele einen Soldaten und wir jagen auf einem fremden Planeten Aliens», lacht er. Und ebenfalls abgedreht ist das Zweit-Weltkriegs-Drama «Ave Maria», in der er sich als SS-Offizier in eine Kämpferin der französischen Résistance verliebt.

Obwohl er hautnah mit den Stars zusammenarbeitet, sei sein Leben ganz normal: Um 7:30 Uhr kommt er im 87Eleven Action Studio an und trainiert drei bis vier Stunden Martial Arts, Schwertkämpfe, Kampf-Choreografien, etc. Dann Mittagessen mit seiner Frau, der Schauspielerin Lisa Stothard. Am Nachmittag gibt es Meetings oder ein Script zu lesen. «Dann muss ich vermutlich meine 17-jährige Tochter Bella noch irgendwo hinfahren und am Abend falle ich müde ins Bett.»

Die Pandemie hat natürlich auch den Bernhardt-Haushalt etwas auf den Kopf gestellt. Daniel hat sich zu Hause ein kleines Gym eingerichtet. «Ich geniesse es eigentlich zu Hause. Meine Frau und ich haben die Garage ausgemistet. Wir können mit der Tochter frühstücken und mit unserem Hund Willie am Strand spazieren gehen. Natürlich ist es für die Jugendlichen nicht einfach, aber Bella meistert es ganz gut.» Als Bella klein war, wollte Daniel Bernhardt akzentfreies Englisch lernen und so brachte er ihr kein Schweizerdeutsch bei: «Dafür lernt sie jetzt chinesisch!»

Seine Disziplin, sei es beim Englischlernen oder im Training, hat sich ausgezahlt. Das Älterwerden wertet er zudem als Plus: «Ich arbeite jetzt mehr als früher», so der Schweizer, der in jungen Jahren in Paris, Mailand und New York modelte. «Ich habe zwar mehr Falten, aber auch mehr Erfahrung.» Er hofft noch zehn bis fünfzehn Jahre so weitermachen zu können wie jetzt. «Sly Stallone ist da ein grosses Vorbild für mich – er ist 75 und gibt immer noch Vollgas.» Die beiden haben sich bei «The Escape Plan 3» lange übers Boxen und über Uhren unterhalten. Sylvester Stallone ist ein Uhren-Liebhaber und Daniel Bernhardt ein Markenbotschafter für ein Schweizer Uhren-Label.

Nacken und Hüften litten besonders

Natürlich hinterlässt das ständige Einstecken als Gegner der Filmhelden auch seine Spuren. «Der Körper leidet schon», gibt Daniel Bernhardt zu. «Mein Nacken und meine Hüfte könnten in besserem Zustand sein. 45 Minuten meines täglichen Fitness-Programms sind der Rehabilitation und dem Managen von alten Verletzungen gewidmet.»

Inzwischen konzentrierte er sich auch vermehrt auf Kampf-Koordination und -Choreografie («Creed 2») und trainierte beispielsweise über die letzten zwei Jahre Bob Odenkirk («Better Call Saul»): «Mehr als Wandern und Velofahren hat Bob vorher nicht gemacht. Jetzt hat er ein Six Pack und richtige Muskeln. Die Leute werden überrascht sein, wenn sie ihn in ‹Nobody› sehen werden.» (Der Action-Film soll Anfang März in die Schweizer Kinos kommen.) Fit sein könne jeder, findet der Schauspiel-Athlet: «Man muss nur aufpassen, was man isst und jeden Tag etwas Sportliches machen. Egal was. Auch wenn es nur zwanzig Minuten sind.»

Daniel Bernhardt ist ein Mensch, der im Moment lebt und keine Langzeitpläne schmiedet. Aber für 2021 hofft er natürlich auch auf das Ende der Corona-Krise. «Ich habe ein Haus und Erspartes, aber hier geht es vielen Leuten sehr schlecht. Allein am San Vincente Boulevard stehen etwa hundert Obdachlosen-Zelte», gibt er sich für einmal sehr ernst. Und dann ist da noch seine Hollywood-Bucket-List: Er möchte beispielsweise bald einmal bei einem Spielfilm Regie führen. Und dass er in «Bullet Train», dem jüngsten Film von David Leitch und Brad Pitt, nicht reingekommen ist, wurmt ihn: «Ich hätte gern eine Kampfszene mit Brad Pitt gehabt. Da wäre ich sogar gratis arbeiten gegangen.» Will er sich etwa an Pitt rächen, weil dessen Kampfszene in «Once Upon a Time in Hollywood» die von ihm und Jason Statham aus «Hobbs & Shaw» bei den Stunt Awards ausstach? «Nein, nein», wehrt der Berner lachend ab. «Brad dürfte mir gern eine runterhauen. Ich würde ohne mit der Wimper zu zucken hinhalten.»

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