«Tatort» mit LindenbergKlar war Eierlikör im Spiel, wozu die Panik?
Von Carlotta Henggeler
27.12.2021
Das «Spiegel»-Magazin verreisst den neuen Tatort von Kommissarin Charlotte Lindholm mit Udo Lindenberg. Im Schnellcheck gibt's nur 1 von 10 Punkten. Zu Unrecht – eine Replik.
Von Carlotta Henggeler
27.12.2021, 12:34
Carlotta Henggeler
Keine netten Worte findet der «Spiegel» in seinem «Tatort»-Schnellcheck. Nennt die Lindholm-Folge aus Hamburg einen «Eierlikör-Exzess beim Dreh». Mehr noch: «Dieser ‹Tatort› wirkt, als hätten die Verantwortlichen einen Filmriss gehabt.» Zum Schluss wird gar empfohlen, statt den Sonntagskrimi zu konsumieren, lieber «Das Traumschiff» zu gucken.
Ein definitiv zu hartes Urteil. Gut, Regisseur Detlev Buck («Die Vermessung der Welt», «Hände weg von Mississippi») tobt sich in seiner «Tatort»-Premiere aus.
Dramaturgischer Spannungsbogen mit Flashbacks
In totaler Panik wischt sich Charlotte Lindholm Blut von ihren Fingern. Blut von ihrem Blind Date, das sie ermordet im legendären Hotel Atlantic in Hamburg vorfindet. Eine splatterhafte Aufnahme zeigt, wie auf ihn eingestochen wird. Doch wie gerät eine Kommissarin in solch eine Situation? Das erzählt Buck in einer Vor-und-Rückblende-Geschichte.
Schon in den ersten Handlungsminuten wird klar: Das ist einer jener experimentellen «Tatorte», die polarisieren. Es sind nicht nur die Zeitsprünge. Auch spielt diese Folge mit obskur-schrillen Figuren. So schlüpft Regisseur Detlev Buck in die Rolle des – vermeintlich schlauen – Zuhälters Einstein. Und «4 Blocks»-Hauptdarsteller Kida Khodr Ramadan baggert im abgeranzten Karaoke-Club gleich die Kommissarin an (grossartig!)
Und ja, es udolt, so weit das Auge reicht: im Hotel tummeln sich Lookalikes an einem Wettbewerb – und das Original singt, pardon, nuschelt. Lange lebte Udo Lindenberg im Nobelhotel, soll noch immer als Zweitwohnsitz eine Suite haben. Kostenpunkt pro Monat: 5000 Euro (5193 Franken).
Dazwischen gibt's im langen Hotelflur eine Art «Shining»-Szene mit den spooky Zwillingen.
Zu viel des Guten?
Sind all diese Elemente im «Eierlikör-Exzess» beim Dreh entstanden, wie Spiegel schreibt?
Eher nicht. Drehbuchautor Uli Brée (Erfinder der «Vorstadtweiber») kann auf jeden Fall auf einige «Tatort»-Erfahrung zurückblicken. Er hat sich schon einige Fälle für das Wiener Duo Krassnitzer/Neuhauser ausgedacht. Diesmal wollte er wohl einen Schritt weitergehen und sich austoben. Gut so. Oder besser gesagt: weiter so!