Justiz Gerichtsshow am Fernsehen: Nicht immer eitel Sonnenschein

Von Carlotta Henggeler

24.6.2019

Politik statt TV: Richter Alexander Hold mit seiner Frau Pia an der Verleihung des Bayerischen Fernsehpreises 2019.
Politik statt TV: Richter Alexander Hold mit seiner Frau Pia an der Verleihung des Bayerischen Fernsehpreises 2019.
Keystone

Das Schweizer Fernsehen und RTL setzen auf neue Gerichtsformate am Bildschirm. Derweil laufen die Richter-Urgesteins-Formate «Richterin Barbara Salesch» und «Alexander Hold» noch immer am TV und bescheren dem Sender nette Quoten.

Das Schweizer Fernsehen läutete Anfang Juni mit der vierteiligen Doku-Fiktion «Das Tribunal» eine kleine Renaissance der Gerichtssendungen am Fernsehen ein. Die Sendung spielt in einem Gericht, das beispielhafte Fälle in der Grauzone unseres Rechts behandelt.

Während Richter und Anwälte von Laienschauspielern interpretiert werden, wägt ein reales Geschworenengericht aus vier Volksvertretern die unterschiedlichen Rechtsvorstellungen gegeneinander ab. Ihre Mission: Sich einstimmig auf ein Urteil zu einigen. Für das Publikum zuhause ist das Format eine Art «Rechtsprechung light», denn das Geschworenen-Quartett nimmt die Zuschauer mit auf eine Urteilsfindung.

Mit Show unten durch

Auch bei RTL sind die Macher mit «Gerichtsreport Deutschland» auf den Courtshow-Zug gesprungen. In diesem neuen Format wurden drei bis gar vier Gerichtsfälle gezeigt. Der Richter und Anwälte sind bei «Gerichtsreport Deutschland» echt, und sie erklären auch minutiös, wie sie handeln und welche Konsequenzen es gibt.

Da erklärt eine Richterin im Anschluss an ihr Urteil schon einmal, dass die unterlegene Seite vermutlich die nächste Instanz bemühen werde, weil es ihr, anders als dem Gericht, eben um Geld und nicht um Gefühle oder moralische Fragen gehe. 

Zwei Gerichtsformate mit unterschiedlicher Bilanz. Bei RTL wollte man «Gerichtsreport Deutschland» zunächst einen Monat lang testen, um zu schauen, ob das Format dem Fernsehvolk mundet. Doch die Gerichtshappen bescherten RTL kein Quotenhoch, im Gegenteil. Der Sender hat der Show nach wenigen Folgen vorzeitig den Stecker gezogen, um der Quotenmisere zu entkommen.

Des einen Leid, des anderen Freud

Des einen Leid, des anderen Freud, liesse sich sagen. Denn auf Sat.1 Gold laufen alte Formate wie «Das Strafgericht» oder «Das Familiengericht» rauf und runter.  Mit zufriedenstellenden Quoten – letzten Freitag sahen 300'000 Zuschauer «Das Familiengericht». Zum Vergleich: Früher lockte man mit «Richterin Barbara Salesch» oder mit «Richter Alexander Hold» bis zu zwei Millionen Interessierte vor den Bildschirm.

Die beiden Fernseh-Urgesteine prägten einst das Gerichts-TV und hatten eine grosse Fan-Community. Heute ist die ehemalige Richterin mit dem feurroten Haar Künstlerin. Nach 15 Jahren hängte Salesch 2014 die TV-Fernsehrobe an den Nagel und begann ein Kunststudium, heute widmet sie sich der Malerei und fertigt Skulpturen an.

Alexander Hold wiederum produzierte bis 2016 verschiedene Gerichtsshows, und er nutzte seine Popularität als Startrampe für eine Polit-Karriere: Seit Dezember 2018 ist er Bezirksvorsitzender Schwaben der Landesvereinigung Freie Wähler Bayern und des Bezirksverbandes Schwaben der Freie Wähler Landesverband Bayern

«Das Tribunal» läuft Donnerstag, 27. Juni, um 21.05xx Uhr auf SRF1. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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