TV-Dok über Amherd «Ich war armeekritisch, ich sah den Sinn darin nicht»

Von Carlotta Henggeler

8.1.2021

Zwei Jahre lang durfte ein Dokfilmer VBS-Chefin Viola Amherd begleiten. Die Walliserin gewährt einen seltenen Einblick in den Bundesrats-Alltag. Wie wächst man in die Rolle einer Verteidigungsministerin hinein, als Frau ohne militärische Erfahrung? 

Eine Skigondel auf der Walliser Bettmeralp: Hier in diesem Winterort mit schönstem Postkarten-Panorama verbringt Viola Amherd seit vielen Jahren ihre Skiferien. Elegant-zackig fährt die Sportministerin die Hänge runter. In der Gondel sitzen zwei pensionierte Skisportler. Und sie plaudern mit der Verteidigungsministerin ausgelassen über die bevorstehende Kampfjet-Abstimmung. 

Die ersten paar Filmminuten der TV-Dokumentation «Viola Amherd – Unterwegs mit der Verteidigungsministerin» zeigen, die CVP-Politikerin ist ohne Begleitschutz zum Skifahren unterwegs und volksnah. 

Dass Viola Amherd als Juristin nur ungern das VBS-Departement übernommen hat, ist ein offenes Geheimnis. Amherd erklärt es so: «In meinen jungen Jahren war ich armeekritisch. Ich habe es nicht gekannt und den Sinn darin nicht gesehen.» Ehrliche Worte. Ihre Einstellung habe sich auch nachhaltig verändert, als sie miterlebt hat, wie effektiv und schnell die Armee bei der Unwetter-Katastrophe von Brig 1993 aufgeräumt habe: «Ohne die Unterstützung und Hilfe der Armee wäre die Gemeinde nicht so schnell aus dem Sumpf gekommen.»

Für eine sichere Schweiz legt sich die 58-Jährige  ins Zeug – auf dem politischen Parkett oder eben auch mal in der Skigondel. Man sieht Viola Amherd zudem bei der Arbeit in ihrem Bundeshaus-Büro über die Schultern. Bei der Übergabe des Departements oder bei der Zugfahrt nach Bern in der ersten Klasse mit ihren Assistenten. Unermüdlich hetzt sie von Termin zu Termin, die Agenda der sieben obersten Politiker des Landes ist zum Bersten voll.  

Stoische Ruhe

Die ehemalige Präsidentin der Stadtgemeinde Brig-Glis hat sich in ihrer Parlaments-Karriere zwar den Ruf einer gewieften Strippenzieherin erworben. Trotzdem muss sie sich im VBS mit komplexen und neuen Aufgaben auseinandersetzen. Ihr Aufgabengebiet: Die Sicherheit der Schweiz garantieren, um Cyber- oder Spionage-Attacken abwehren zu können, die Armee soll auch für Naturkatastrophen und gegen Pandemien gewappnet sein. 

Eine Herkulesaufgabe, die Amherd mit stoischer Ruhe angeht, sich Schritt für Schritt den politischen Fragen stellt und mit den vielen Dossiers vertraut macht. 

Der Privatmensch Viola Amherd bleibt blass

Die Doku ist ein spannender und gelungener Einblick in den Alltag der bodenständigen VBS-Chefin. Die sich (notabene vor Corona) gern unter die Leute mischt, an einem Volksfest erstaunlich gekonnt das Tanzbein schwingt und für jedes Selfie zu haben ist. 

Und das Fazit des stündigen Dokumentarfilms? Dem Menschen Viola Amherd kommt man kaum nahe. Viola Amherds Privatleben bleibt so blass wie die ersten Pinselstriche eines Aquarells. Aber die anfangs gestellte Frage, wie man ohne militärische Erfahrung in die Rolle einer Verteidigungsministerin hineinwächst, wird beantwortet.

Schade, gibt Amherd so wenig über ihr Privatleben preis. Man hätte gern mehr über sie erfahren. Man erfährt lediglich, dass sie ein rundum zufriedenes Single-Dasein in Bern führt. Und sie eine Liebesbeziehung als nicht erstrebenswert erachtet. Lieber möchte sie in ihrer neuen Hauptstadt-Bleibe Politik-Kolleg*innen bekochen. Vielleicht mit einem Dessert mit Walliser Aprikosenconfi? Das ist ihre kulinarische Schwäche.

Und wenn sie mal ein seltenes Job-Päuschen einlegt, wie zum Beispiel nach der knapp gewonnenen Kampfjet-Beschaffung, gönnt sie sich und ihrem Staff eine Glace vom Kiosk. Selbstverständlich inklusive ein paar netten Worten mit dem Verkaufspersonal.

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