Modeschau im Himalaya «Niemand muss um den Globus fliegen, um Kleider zu präsentieren»

Von Carlotta Henggeler

6.10.2021

Nepal, Mount Cho Oyu: Model Julia Kristina Müller aus Frankfurt präsentierte eine Kreation des nepalesischen Modehauses Kasa auf einem Laufsteg auf 5500 Metern Höhe in der Nähe des Basislagers des Mount Cho Oyu im Himalaja-Gebirge.
Nepal, Mount Cho Oyu: Model Julia Kristina Müller aus Frankfurt präsentierte eine Kreation des nepalesischen Modehauses Kasa auf einem Laufsteg auf 5500 Metern Höhe in der Nähe des Basislagers des Mount Cho Oyu im Himalaja-Gebirge.
Siddharth V Pandey/Mt. Everest Fashion Runway/Kasa/dpa

Die höchste Fashionshow der Welt fand auf 5500 Meter über Meer statt, mitten im Himalaja-Gebirge. Laut den Organisatoren stand es im Zeichen der Nachhaltigkeit. Quatsch, sagt ein Klima-Experte. 

Von Carlotta Henggeler

Im September 2021 fand die Mount-Everest-Fashion-Runaway-Season statt. Zwölf Tage liefen die dreizehn Models und ein paar Dutzend Crewmitglieder zum Basislager des Mount Cho Oyu, wo das Mode-Happening stattfand. Ihre Mission: einen Eintrag im «Guinnessbuch der Rekorde», als höchstgelegene Modeschau der Welt

Die Models mussten den Berg hochlaufen, damit sie sich an die Höhe gewöhnen konnten und weil der Event unter einem Nachhaltigkeitsmotto stand, erklärt Organisator Pankaj K. Gupta aus Indien.

Eine Modeschau gegen die Klimaveränderung?

Die Macher wollten ein Zeichen gegen den Klimawandel setzen. Bei den Designerklamotten und dem Schmuck machte man allerdings eine Ausnahme und flog diese mit dem Helikopter zum Catwalk. Die Kleider wären sonst zerknittert gewesen und beim Basislager hatte man kein Bügeleisen. Um den verursachten CO2-Ausstoss des gesamten Anlasses zu kompensieren, habe man zwei Dutzend Bäume gepflanzt, weitere sollen folgen, vermeldeten die Event-Macher. 

Ein Trend. Immer öfter lassen Organisatoren ihre Events und Konzerte mit CO-ausgleichenden Aktionen kompensieren. Bäume pflanzen lassen gegen das schlechte Gewissen, ist das ökologisch gesehen sinnvoll oder gar schädlich? Wir haben bei Georg Klingler nachgefragt. Er ist Climate-and-Energy-Campaigner bei Greenpeace Schweiz

Was halten Sie von dieser modischen Aktion?

Die Aktion scheint ehrlich gemeint, auch wenn der Eindruck entsteht, dass es vor allem um geschicktes Marketing geht. Klima und Abfall bewegen die Menschen, die Pflanzung von Bäumen und das Einsammeln des Abfalls gibt gute Bilder von umweltbewussten Menschen, die darüber hinwegtäuschen, dass die ganze Geschichte leider gar nicht nachhaltig ist.

Erklären Sie uns das bitte genauer.

Wir können nicht für den Schutz vor dem Klimakollaps einstehen und gleichzeitig für eine Show, die den Konsum ankurbeln möchte, um die Welt fliegen. Schon gar nicht können wir die damit verursachte Zerstörung einfach mit Bäumen wieder wegpflanzen. Diese Art von Kompensation von klimaschädlichem Verhalten hilft nichts, sie verursacht teilweise sogar mehr Schaden als Nutzen. Fachexpert*innen empfehlen daher, vom Bäumepflanzen als Klimakompensation abzusehen.

«Diese Art von Kompensation von klimaschädlichem Verhalten hilft nichts, sie verursacht teilweise sogar mehr Schaden als Nutzen.»

Was schlagen Sie vor?

Die Lösung wäre einfach: Um eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder zu sichern, müssen wir aufhören, die Atmosphäre mit CO2 zu destabilisieren. Es gibt genug Alternativen, niemand muss um den Globus fliegen, um Kleider zu präsentieren. Toll wäre es, wenn die Macher*innen hinter einer solchen Show ihre geniale Kreativität tatsächlich für das Vermeiden von schädlichen Emissionen einsetzten. Dann könnten wir wirklich was bewegen.

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