Halle Berry über ihr grosses Idol «Sidney Poitier war das wahre Mass für einen Mann»

fts

13.1.2022

Halle Berry und Sidney Poitier verband eine enge Freundschaft, der Schauspieler verstarb am 6. Januar 2022.
Halle Berry und Sidney Poitier verband eine enge Freundschaft, der Schauspieler verstarb am 6. Januar 2022.
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Halle Berry hat für «Variety» einen Nachruf auf ihren Freund Sidney Poitier verfasst. Die berührende Hommage würdigt jenen schwarzen Mann, der ihr und vielen anderen den Weg in einer unerbittlichen Industrie ebnete.

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Als Sidney Poitier 1964 den Oscar für «Bester Hauptdarsteller» im Film «Lilies of the Field» erhielt, war Halle Berry noch nicht einmal geboren. Die Tochter einer weissen Mutter und eines schwarzen Vaters lernte Poitier mit dem Film «Guess Who's Coming to Dinner» kennen.

«Im Film spielen Sidney und sein Co-Star Katharine Houghton ein Paar, wie es meine Eltern waren. Und auch deren Eltern waren gegen diese Beziehung. Das war das erste Mal, dass ich mich gesehen gefühlt habe», schreibt die 55-jährige Schauspielerin in ihrem sehr persönlichen «Variety»-Nachruf.

Berry beschreibt Poitier als einen ersten Spiegel, ein erstes Idol ihrer Karriere. Und das im zarten Alter von neun Jahren.

In ihrem jungen Leben gehörten sie beide immer einer Minderheit an. «Ich war immer umgeben von einer Mehrheit an weissen Gesichtern. Auch im Film damals waren schwarze Hauptdarsteller*innen fast undenkbar», erinnert sich die Oscar-Gewinnerin.



Die Dynamik in der Gesellschaft spiegelte auch die Dynamik im Filmgeschäft wider. Sidney habe Respekt gefordert, allein durch seine Präsenz. «Er war und ist für mich das wahre Mass für einen Mann. Anmut und Haltung bewies er immer, er war geradlinig und mutig, eloquent und stolz.»

«Dies war für uns wegweisend»

Zudem erinnert sich Berry an einen einflussreichen Moment der Filmgeschichte: Poitier liess sich nicht herumschubsen.

Im Film «In the Heat of the Night» von 1967 spielte die Schauspiel-Legende einen Polizeibeamten, der von einem weissen Plantagenbesitzer geohrfeigt wird. Poitiers Figur schlägt ihn daraufhin prompt zurück. «Und er zögerte keine Sekunde», fügt Berry an.

«Diese Szene war für uns Schwarze wegweisend», erläutert Berry im offenen Brief. «Sidney bestand darauf, dass dies nicht aus dem Film geschnitten wird», alles andere wäre nicht realistisch, wie Poitier in einem Interview einst betonte. Er habe sich erlaubt, das Skript mit dieser Improvisation zu erweitern.

Würde er geohrfeigt im echten Leben, Polizeibeamter oder nicht, hätte er dies nicht einfach hingenommen.

Die bittere Pille schlucken

Mehr als 30 Jahre nach seinem Oscargewinn, im Jahr 1999, traf Halle Berry ihr Idol endlich persönlich. «Ich war wie eingefroren, steif, als ich ihm gegenübersass. Mehrere Minuten lang starrte ich ihn einfach an», schreibt Berry.

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Also eröffnete Poitier das Gespräch und Berrys Nerven beruhigten sich langsam. Die Schauspielerin zitiert zudem einen Satz, der sie während ihrer Karriere begleitet habe: «We must learn to swallow it bitter and spit it sweet» – etwa: «Wir müssen lernen, die bittere Pille zu schlucken und sie süss wieder auszuspucken.»

Fast 40 Jahre nach dem Oscargewinn von Sidney Poitier gelang Halle Berry dasselbe als erste schwarze Frau in der Kategorie «Beste Hauptdarstellerin», und zwar für den Film «Monster's Ball». Sie hatte nicht mit dem Sieg gerechnet und darum nicht einmal eine Rede geschrieben.

«Sidney war bei der Zeremonie dabei, er sass auf dem Balkon im Kodak Centre und blickte stolz auf mich hinab», schwärmt Halle Berry. Den ganzen Nachruf zu Sidney Poitier kannst du hier im englischen Original lesen.