TV-Kritik «SRF bi de Lüt» Kann man sooooo freundlich sein?

Von Gion Mathias Cavelty

31.1.2021

Es waren einmal zwei Brüder aus Chur, sie hiessen mit Nachnamen Bahrampoori und waren die aller-, aller-, allerfreundlichsten Buben auf der Welt. Sie wuchsen in unmittelbarer Nachbarschaft von mir auf, in Chur-Masans, um genau zu sein.

Die Brüder Bahrampoori waren stets so zuvorkommend, höflich und liebenswürdig zu jedermann, dass man sie für Heilige hielt. Das tat ich auch. Bis zu jenem Tag, an dem der jüngere Bruder, Salar mit Namen, auf der Strasse mit einer Plastik-Chäpselipistole frech herumchlöpfte. Es hätte die Vorbeigehenden fast das Trommelfell gekostet ...

Zeitsprung. 30 Jahre später. Was macht Salar heute? Ist er den Weg des gesetzlosen Revolvermannes gegangen? Hat er Geldtransporter überfallen? Massenhaft Witwen und Waisen in Angst und Schrecken versetzt? Sich mit irgendwelchen Unterweltgestalten gnadenlose Schiessduelle in namenlosen Aussenquartieren geliefert?

Nichts von alledem: Er ist Moderator bei SRF geworden. Und gestern Samstagabend hatte er seine Feuertaufe als Showmaster von «SRF bi de Lüt – Live», wo er zusammen mit Fabienne Bamert die Nachfolge von Nik Hartmann antrat.

Pünktlich schaltete ich den Fernseher ein, und tatsächlich: Da war er, Salar, genau, wie ich ihn noch in Erinnerung hatte. Von der ersten Sekunde an: freundlich. So freundlich, dass es fast ein bisschen unheimlich war.

Ich will an dieser Stelle nur einige wenige Highlights der gestern zur Schau gestellten Salarschen Freundlichkeit auflisten.

1. Sein erster Aufritt auf der Andermatter Piazza Gottardo mit Trüffelhund Liesl an der Leine. Einen Showhund hatten ja schon Schweizer Fernsehgrössen wie Kurt Felix, Monika Fasnacht oder Nik Hartmann. Aber meiner Erinnerung nach waren das einigermassen ansehnliche Hunde. Liesl ist, man muss es offen sagen, kein schöner Hund. Er sieht selber aus wie ein Trüffel (mit Locken). Aber Salar hat Liesl trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) lieb: «Bi da erschta Dräharbeita hät sich ds Liesali aso guat gmacht, dass sich eigentlich ds ganza Team in sie verliabt hät. Jo, und jetz isch sie grad es Member vum Team worda!»

2. Sein Mission-Statment: «I freua mi aifach uf dia nöchschta zwei Schtund und das, wo miar alles produziart und gmacht händ – das kömmer jetz üserna liaba Zuaschauerinna und Zuaschauer zeiga!» Wow. Wann sind Sie zum letzten Mal als «liebe Zuschauerin» respektive «lieber Zuschauer» angesprochen worden? Sie erinnern sich nicht daran? Eben.

3. Sogar in den stinkbanalen Koch-Showblöcken war Salar freundlich. Nachdem ihm Koch Fabian Zbinden (Salar ganz generell über Zbinden und Bamert: «I han eu gära, eu zwei!») etwas über die Essgewohnheiten des 2017 verstorbenen Playboy-Gründers Hugh Hefner erzählte hatte, fragte ihn Salar: «Was isst är, dr Hugh Hefner?». Mit anderen Worten: Salar ist sogar so höflich, dass er den Tod ignoriert.

4. Der aufgezeichnete Beitrag, in dem Salar seine Kollegin Bamert rein verbal eine Skipiste hinunterlotst, wobei Bamert eine Binde über den Augen trägt, also Blindsein auf Skiern simuliert. Darf er das? Jawohl, denn Salar ist auch ausgebildeter Blindenskilehrer. Das ist ja wohl das Freundlichste, was man überhaupt auf dieser Welt machen kann (Salar: «A-n-Erfahrig, wo-n-i nit möcht missa! A-n-uh schöni Arbet!»).

5. Der Teufelsbrücke-Sketch am Schluss der Sendung, in dem Salar den Teufel zuhause besucht und ihm bescheidet: «Schön händer's do!»

Ist es wirklich möglich, dass ein Mensch sooooo freundlich sein kann? Oder habe ich etwas Entscheidendes übersehen? Sind Salars Spässchen mit Live-Koch Zbinden («Wo häsch dia Himbeerkonfi här? Sälber gmacht? HA HA HA HAAAAAA! Dia gseht so guat us! Im Keller gfunda, sägemer amol so») Hinweise darauf, dass alles halt doch GANZ, GANZ ANDERS ist? Dass die Kanone des Revolvermannes ... NOCH WARM IST?

«SRF bi de Lüt»: Salar Bahrampoori und Fabienne Bamert vor der Premiere

«SRF bi de Lüt»: Salar Bahrampoori und Fabienne Bamert vor der Premiere

«Wir sind langsam nervös, aber guter Dinge», sagt «SRF bi de Lüt»-Ko-Host Salar Bahrampoori vor der Live-Premiere. Kein Wunder, treten Fabienne Bamert und er doch in Nik Hartmanns Fussstapfen. Mit dabei: Maskottchen Liesl.

30.01.2021

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