Feministischer Hollywood-Star Darum will Scarlett Johansson kein Sexsymbol mehr sein

Von Lukas Rüttimann

8.7.2021

Fertig mit der Übersexualisierung: Scarlett Johansson hat in den letzten Jahren ein anderes Selbstverständnis entwickelt.
Fertig mit der Übersexualisierung: Scarlett Johansson hat in den letzten Jahren ein anderes Selbstverständnis entwickelt.
Bild: Marvel / Disney

Im Zuge des neuen «Black Widow»-Films distanziert sich Scarlett Johansson von der sexy Inszenierung ihrer Superheldinnen-Figur. Das ist kein Zufall – und kommt in Hollywood derzeit gut an.

Von Lukas Rüttimann

8.7.2021

Scarlett Johansson ist bekannt dafür, dass sie in Interviews gern Klartext redet. Wie unlängst, als sie Sexismus in Marvel-Filmen thematisierte. Sie selbst sei Opfer einer «sexistischen Inszenierung» geworden, so die US-Schauspielerin. Konkret geht es um ihre Figur Black Widow, respektive die Agentin Natasha Romanoff, die in «Iron Man 2» erstmals auf der grossen Leinwand zu sehen war, und über die in diesem Film «wie ein Stück Dreck» (O-Ton Johansson) gesprochen werde. Ihre Figur, so das Fazit, sei «absolut übersexualisiert».

Tatsächlich wunderte sich so manch ein Fan, als sich der einstige Indiefilm-Darling («Lost in Translation») für ihre Marvel-Blockbuster ab 2008 plötzlich in einen engen Latexanzug quetschte und das Publikum Nahaufnahmen ihrer Körperrundungen bestaunen durfte.

Feminismus statt Sexismus

Seither jedoch hat sich der Auftritt der Superheldin in den Marvel-Filmen gewandelt – und mit ihr ihre Darstellerin. Wahrscheinlich komme ein grosser Teil dieser Veränderung von ihr selbst, sagt Johansson: «Ich werde 35 Jahre alt, bin Mutter und mein Leben ist anders geworden.» In den letzten zehn Jahren habe sie «ein neues Selbstverständnis» entwickelt. «Ich bin nachsichtiger mit mir selbst, als Frau. Ich akzeptiere mich selbst besser. All das hat mit der Abkehr von der Übersexualisierung dieser Figur zu tun.»

Dieser Wandel kommt in Hollywood derzeit gut an. Denn der Feminismus hat inzwischen auch die hedonistische Welt der Blockbuster erreicht; sogar Superheldenfilme unterstehen heute oft einer gesellschaftspolitischen Agenda. Entsprechend ist Frauenpower im neuen «Black Widow»-Film, der am Donnerstag auch in den Schweizer Kino startet, omnipräsent. Und konsequenterweise verzichtet Regisseurin Cate Shortland auch darauf, die Superheldin allzu offensichtlich als Objekt der (männlichen) Begierde zu inszenieren.

«Sexuelle Belästigung» durch die HFPA

Wie ernst es Johansson mit ihrer Mission gegen Sexismus meint, zeigt der Skandal um die Hollywood Foreign Press Association (HFPA). Die Organisation der ausländischen Filmjournalisten in Los Angeles steht im Kreuzfeuer der Kritik, weil sich Mitglieder bestechen lassen haben sollen, Gelder intransparent verteilt werden, keine schwarzen Mitglieder vertreten sind – und Mitglieder an Presseanlässen mit unprofessionellem Verhalten aufgefallen seien. Als Folge sagte der Sender NBC die von der HFPA inszenierten Golden Globes ab, diverse Stars kehrten der Organisation den Rücken (u.a. Tom Cruise, der all seine Globes zurückgab).

Johansson setzte dem noch einen drauf. Sie nutze den Skandal, um zu betonen, dass sie von HFPA-Mitgliedern jahrelang sexistische Fragen und Bemerkungen ertragen musste, die «an sexuelle Belästigung» grenzten. «Das war der Grund, weshalb ich mich über Jahre weigerte, an Anlässen mit der HFPA teilzunehmen», so Johansson in einem Statement. Für alle in der Industrie sei es an der Zeit, «Konsequenzen zu ziehen und die Organisation zu boykottieren».