Scharfseher Adam Quadroni bei «Schawinski»: «Der böse Mann, das bin ich»

von Lukas Rüttimann

12.6.2018

Whistleblower Adam Quadroni sprach erstmals im Schweizer Fernsehen. Als Gast bei Roger Schawinski weckte er neben Bewunderung auch viel Mitleid.

Bei all seinen unumstrittenen Qualitäten als TV-Talkmaster hat Roger Schawinski eine Eigenheit nie richtig ablegen können – er kann seinem Publikum selten verheimlichen, ob er sein Gegenüber mag oder nicht. Gut möglich gar, dass er das genau so will.

Vereinfacht gesagt lassen sich seine Gäste deshalb in zwei Kategorien einteilen. Solche, denen er hofiert – und solche, die von ihm aufs Dach kriegen. Zu ersteren gehören nicht selten erfolgreiche Frauen, Freunde oder politisch Gleichgesinnte, zu letzteren meist Populisten und Menschen mit ausgeprägt konservativer Weltanschauung.

Der Verräter und der Richter

So gesehen war es höchst spannend zu beobachten, wie sich der SRF-Talker gegenüber Adam Quadroni verhalten würde. Der Baumeister ist als sogenannter Whistleblower im Bündner Bauskandal landesweit bekannt geworden – und in seiner Rolle als «Verräter», wie er sich in der Sendung selber beschrieb, eine höchst ambivalente Figur.

Unterstützung erhielt der 48-Jährige von alt Bundesrichter Giusep Nay, der Quadroni in seinem Kampf zur Seite steht. Der eloquente Jurist bestritt denn auch einen Grossteil des Gesprächs – immer dann etwa, wenn es um eine Einordnung oder um das grosse Ganze ging. Denn grosse Reden, das wurde schnell klar, waren von Quadroni nicht zu erwarten.

Der Whistleblower hinterliess eher den Eindruck eines bescheidenen kleinen Mannes, der das zwielichtige Treiben seiner Berufskollegen nicht mehr länger aushielt und «the right thing» tat, wie es die Amerikaner nennen – das Richtige.

«Ich musste es machen, auch für meine Kinder. Ich hätte so nicht mehr leben können», erzählte Quadroni über seine Motivation. Doch neben der Bewunderung für den mutigen Schritt des Familienvaters verspürte man als Zuschauer oft auch Mitleid. Zu geknickt wirkte der von privaten und wirtschaftlichen Problemen geplagte Baumeister.

Väterliche Fragen

Dem Gastgeber schien es ähnlich zu gehen. Fast väterlich fragte er seinen Gast die offensichtlichen Fragen: War er sich bewusst, was er aufs Spiel setzt? Hat er selber nicht auch vom Abzocker-System profitiert? Würde er heute wieder gleich handeln?

Schawinskis Biss kam nur selten ins Spiel. Etwa beim Thema, wie sehr der Entscheid vom eigenen miesen Geschäftsgang beeinflusst war – und bei den familiären Problemen, wo er hartnäckig nachfragte. Wegen ihnen wurde Quadroni von der Polizei auf wenig angemessen klingende Art und Weise verhaftet und in die Psychiatrie überwiesen. Es scheine fast so, als dass er diskreditiert, ruiniert und zum Durchdrehen gebracht hätte werden sollen – damit «sie mich endgültig wegsperren könnten», so Quadroni.

Zu wenig Zeit für Tiefe

Tatsächlich zeichnete sich auch für Nicht-Insider im Bündner Bauskandal bald ein klares Bild: die Geschichte des gewissenhaften Mannes, der sich durch seine Aktion mit den Mächtigen anlegt und zum Buhmann einer ganzen Region wird. «Der böse Mann, das bin ich», wie es Quadroni in der Sendung einmal mit traurigen Augen ausdrückt.

Zu wenig thematisiert wurden indes die Vorwürfe, die im Zusammenhang mit der Kampagne gegen den Whistleblower aufgekommen sind. Doch für richtig Gegenfeuer wirkte Quadroni wohl einfach schlicht zu angeschossen. Zudem fehlte die Zeit.

Einmal mehr zeigte sich denn auch, dass die «Schawinski»-Sendezeit für komplexe Themen allzu knapp bemessen ist. Dass der Talkmaster für seinen Gast diesmal tiefe Sympathie empfand, ist aber trotzdem angekommen.

«Schawinski» mit dem Bündner Whistleblower Adam Quadroni lief am Montagabend, 11. Juni, um 22.55 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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