Nach dem Trauma: Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) sah auf dem Schiessstand plötzlich die durch ihn einst erschossene Kollegin Melanie Sommer (Anna Brüggemann).
Die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) begaben sich im «Tatort: Gefangen» in psychologische Abgründe.
Psychische Belastung im Kölner «Tatort»: Kommissar Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) stand nach seinen traumatischen Erfahrungen völlig neben sich. Freddy Schenk (Dietmar Bär) versuchte, zu helfen.
Kommissar Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) war mit einem Fall beschäftigt, der längst zu den Akten gelegt wurde.
Kriminalpsychologin Lydia Rosenberg (Juliane Köhler) versuchte, Kommissar Max Ballauf zu helfen.
Der grandiose Andreas Döhler (Mitte) gab im Kölner «Tatort» den verdächtigen Rechtsanwalt der von Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) zum Tod von Prof. Krüger befragt wurde.
Der Kölner «Tatort», hier mit Freddy Schenk (Dietmar Bär), überzeugte auch durch fantastische Bilder.
Ballaufs Psycho-«Tatort»: Sieht man nach einem Trauma wirklich Tote?
Nach dem Trauma: Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) sah auf dem Schiessstand plötzlich die durch ihn einst erschossene Kollegin Melanie Sommer (Anna Brüggemann).
Die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) begaben sich im «Tatort: Gefangen» in psychologische Abgründe.
Psychische Belastung im Kölner «Tatort»: Kommissar Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) stand nach seinen traumatischen Erfahrungen völlig neben sich. Freddy Schenk (Dietmar Bär) versuchte, zu helfen.
Kommissar Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) war mit einem Fall beschäftigt, der längst zu den Akten gelegt wurde.
Kriminalpsychologin Lydia Rosenberg (Juliane Köhler) versuchte, Kommissar Max Ballauf zu helfen.
Der grandiose Andreas Döhler (Mitte) gab im Kölner «Tatort» den verdächtigen Rechtsanwalt der von Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) zum Tod von Prof. Krüger befragt wurde.
Der Kölner «Tatort», hier mit Freddy Schenk (Dietmar Bär), überzeugte auch durch fantastische Bilder.
Wenn Ermittler seelisch leiden: Im Kölner «Tatort: Gefangen» begaben sich die Kommissare nicht nur in die Abgründe einer psychiatrischen Klinik – Ballauf tauchte auch in die Tiefen seiner traumatisierten Psyche ein.
Dass der Wahnsinn des Verbrechens und das Wahnsinnigwerden der Ermittler eng miteinander verwoben sind, buchstabierten bereits viele Krimiformate aus.
Gerade im Kölner «Tatort» befand sich der Zuschauer immer nah am emotionalen Zustand der beiden Kommissare, oft inmitten ihrer Verzweiflung über die eigene Hilflosigkeit. Im aktuellen Fall von Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) erfuhr diese Nähe nun einen vorläufigen Höhepunkt. «Gefangen» lautete der Titel der Episode, und gefangen schienen nicht nur die Patienten der psychiatrischen Klinik, in der ermittelt wurde; gefangen schien nach einer traumatischen Erfahrung auch ein von Schuldgefühlen geplagter Ballauf.
Worum ging es?
Der anerkannte Psychiater Professor Krüger wurde in seinem eigenen Wohnzimmer erschossen, den Mörder muss er selbst hereingelassen haben. Ballauf und Schenk ermitteln zunächst in seiner psychiatrischen Klinik – und begeben sich mitten in die Abgründe der geschlossenen Abteilung, wo sie Krügers zwielichtig wirkende Stellvertreterin Dr. Maren Koch (Adina Vetter) über den Tod ihres Chefs informieren. Zugleich kommt Ballauf in Kontakt mit der Patientin Julia Frey (Frida-Lovisa Hamann), die ihm gegenüber behauptet, gegen ihren Willen eingesperrt zu sein. Ärztin Koch rechtfertigt die Massnahme: Borderlinerin sei die Frau, samt schizophrener Psychose, ausgelöst durch eine ungewollte Schwangerschaft.
Worum ging es wirklich?
Eindeutig um Ballauf und sein Trauma. Der Plot in der Psychiatrie diente vor allem dazu, die eigenen psychischen Abgründe es Ermittlers zu spiegeln. Wohl noch nie sah man Ballauf so neben sich stehen, noch nie so abwesend. In vielen Momenten starrte der Kommissar einfach nur ins Leere, bisweilen lag er regungslos da, ja, fast wie eine Leiche. Regisseurin Isa Prahl porträtierte ihn und sein traumatisches Erleben in fast intimen Aufnahmen, rückte ähnlich dicht an ihre Protagonisten heran wie in ihrem bemerkenswerten Film «1000 Arten Regen zu beschreiben». «Du musst dich der Sache stellen, Max», redete seine Psychologin auf ihn ein. «Du kannst das nicht ewig mit dir rumtragen», meinte Kollege Schenk.
Nichts für schwache Nerven: Die bizarrsten Leichenfunde beim «Tatort»
Nichts für schwache Nerven: Die bizarrsten Leichenfunde beim «Tatort»
Der Leichenfund im Falke-«Tatort: Zorn Gottes» dürfte zu den bizarrsten in der Geschichte der Reihe zählen. Die Leiche des Flugreisenden Asis Berhan (Neil Malik Abdullah) ist aus grosser Höhe aus einem Flieger gefallen. Wir haben nachgeschaut und die denkwürdigsten «Fundstücke» in einer Galerie aufgebahrt.
Zum Beispiel dieses hier, vielleicht erinnern Sie sich: Der «Tatort: Du gehörst mir» lief vor einigen Wochen. Ein Bodybuilder wurde überfahren und verbrannt. Auto und Leiche scheinen zu einer Art Skulptur verschmolzen. Die Ludwigshafener Ermittler (von links: Andreas Hoppe, Ulrike Folkerts, Lisa Bitter, Peter Espelover) schauen sich am Tatort, einem Parkhaus, um.
Da schau her! Schlüpfriger war wahrscheinlich kein Leichenfund der «Tatort»-Geschichte. Der Musikmanager Udo Hausberger (Peter Karolyi) wurde nackt und stranguliert in pikanter Pose gefunden. Die Wiener Ermittler Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) glauben zunächst an einen Sex-Unfall.
Sie gehört zum «Tatort» wie Vorspann und Titelfanfare: die Stippvisite im Leichenschauhaus. Die niedersächsische LKA-Frau Lindholm (Maria Furtwängler) informiert sich hier bei Gerichtsmediziner Hans Jepsen (Niels Bormann) über das Mordopfer. Die zweite «Leiche» im Hintergrund ist allerdings fast noch interessanter, sie wird von Kai Diekmann gespielt, dem damaligen Chefredakteur der «Bild» und heutigen Herausgeber der Publikationen der «Bild»-Gruppe. Wie sich leider (oder zum Glück) nur im Film zeigt, hat der Maskenbildner gerade im Bauchbereich bei ihm Erstaunliches geleistet.
Nur gut, dass das Geruchsfernsehen noch nicht erfunden ist: Die Berliner Robert Karow (Mark Waschke, Mitte) und Nina Rubin (Meret Becker, rechts) wurden im «Tatort» mit dem passenden Titel «Ätzend» zu einem Säurefass gerufen, in der eine halb zersetzte Leiche schwimmt. Später fingert Karow auf dem Seziertisch einen Herzschrittmacher aus dem Glibberkorpus. Prost Mahlzeit!
Resozialisierung: fehlgeschlagen! Bezeichnenderweise in einem Stuttgarter Müllcontainer wird die Leiche des Vergewaltigers und Mörders Jörg Albrecht (David Bredin) gefunden. Der gerade aus der Haft entlassene Kriminelle hat seinen ersten Tag in Freiheit nicht überlebt.
Abfallszenarien sind bei den «Tatort»-Machern durchaus beliebt. Einen starken Magen brauchte man für das Debüt der Berlin-Ermittler Robert Karow und Nina Rubin. Die Leichenteile einer zerstückelten und ausgeweideten Drogenkurierin werden in einer Mülldeponie sichergestellt. Viel Luft nach oben haben sich die Macher in Sachen Gewaltdarstellung da nicht gelassen.
Wenn aus Bierleichen echte Leichen werden: An der U-Bahn-Station Marienplatz fällt dem Münchner Kommissar Leitmayr (Udo Wachtveitl, hinten), der auf dem Weg in die Ferien ist, ein italienischer Tourist auf. Dass der Wiesnbesucher nicht betrunken ist, sondern betäubt wurde und später verstirbt, kann der Kommissar da noch nicht ahnen.
«Borowski und der brennende Mann» ist dieser Kieler «Tatort» betitelt, was exakt die eine Szene beschreibt, die sich beim Zuschauer, nun ja, «einbrennt». Der Schulleiter Michael Eckart stürzt lichterloh entflammt aus den Unterrichtsräumen und bricht tot zusammen.
In der bisweilen exzentrischen Bodensee-Folge «Chateau Mort» wird Kommissar Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) in ein finsteres Verlies eingesperrt, dort ist er nicht allein. Sein Leidensgenosse, ein Revolutionär aus den Zeiten des Vormärz, ist aber schon gut 150 Jahre tot. Am Ende klärt der Kommissar en passant auf, wer den Freischärler auf dem Gewissen hat - satte anderthalb Jahrhunderte nach der Tat. Wahrscheinlich «Tatort»-Rekord.
Nicht nur menschliche Leichenfunde halten die «Tatort»-Kommissare auf Trab, manchmal ist es auch ein (fast) verendeter Vierbeiner. In Ludwigshafen ging dereinst ein sadistischer Pferderipper um, der sein Opfer schwer verletzt und leidend zurückgelassen hatte. Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) setzt zum Gnadenschuss an.
Wie Sie sehen, sehen Sie nichts! Auch das gab's beim «Tatort»: einen Leichenfund ohne Leiche. Wie Kriminaltechniker Menzel (Maxim Mehmet, vorne) den Leipziger Hauptkommissaren Saalfeld (Simone Thomalla) und Keppler (Martin Wuttke) erklärt, ist ein Mann mit Phosphor in Berührung gekommen und dabei nahezu rückstandslos verbrannt.
«Es ist böse» ist einer der abgründigsten und blutigsten «Tatorte» aller Zeiten: Ein perverser Frankfurter Serienkiller metzelt Prostituierte nieder. An den Tatorten sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld. Die Hauptkommissare Mey (Nina Kunzendorf) und Steier (Joachim Król, rechts) sind ziemlich fassungslos, und das ist man als Zuschauer auch. Umso mehr, wenn man weiss, dass die Folge auf einer authentischen Mordserie im Raum Bremen basiert.
Nicht immer gelingt es den «Tatort»-Ermittlern, ihre Leichen am Stück sicherzustellen. Oft kommen ihnen auch erst mal nur Leichenteile unter. So wie hier in Münster, als Professor Boerne (Jan Josef Liefers, rechts) eine mausgraue Mauke inspiziert. Zufälle gibt's: Den Rechtsmediziner erinnert der abgetrennte Fuss wegen einer seltenen Zehenfehlstellung an eine alte Klassenkameradin. Alberich (ChrisTine Urspruch) kann da nur staunen, Thiel (Axel Prahl) dreht sich der Magen um.
Skurril? Surreal? Oder geht das zu weit für einen «Tatort»? Der Kieler Kommissar (Axel Milberg) steht in der Folge «Borowski und der vierte Mann» vor einem besonders schaurigen Rätsel der Sorte: «Jetzt bloss nicht den Kopf verlieren!» Wer sich so etwas Makaberes ausdenkt? Natürlich ein Schwede! Die Drehbuchidee stammte seinerzeit vom inzwischen verstorbenen Krimiautor und «Wallander»-Erfinder Henning Mankell.
Und noch mal Stückwerk. Seien Sie froh, dass Sie nicht sehen müssen, was dem armen Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) am Ufer des Münsteraner Aasees so schwer auf den Magen schlägt: eine Leiche ohne Kopf. Den Rechtsmediziner Professor Karl-Friedrich Boerne kann so ein Anblick freilich nicht mehr schocken.
Tatwaffe: Silberbesteck. Die Münchner Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, rechts) staunen nicht schlecht über das, was sich ihnen in der Folge «Nicht jugendfrei» bietet: Der Apotheker Karl Kreuzer wurde mit einem Kaffeelöffel erstochen, den ihm der Täter ins Ohr gerammt hat.
Zum Abschluss der Galerie noch etwas ganz Besonderes, eine mörderische Performance: Die Kunststudentin Viktoria Schneider hängt im Engelsgewand von der Decke ihres Installationsraumes. Die Saarbrücker Ermittler Stefan Deininger (Gregor Weber, links), Franz Kappl (Maximilian Brückner) und Rhea Singh (Lale Yavas) begutachten das schaurig-schöne Kunstwerk.
Worunter litt Ballauf?
Die «Sache» – das war jener gezielte und tödliche Schuss auf die Polizistin Melanie Sommer (Anna Brüggemann) im Finale der dramatischen «Tatort»-Folge «Kaputt», die letzten Juni Premiere feierte. Dass Ballauf die zur Täterin gewordene Kollegin erschoss, selbst wenn er damit das Leben einer anderen Frau rettete, liess ihn nicht los. Die Therapie half dem sonst so resolut wirkenden Ermittler kaum, und – das Schlimmste – immer und überall erblickte er die Erschossene. Sie verfolgte Ballauf bis an den Beckenrand des Schwimmbads – und sprach in manchen Szenen gar: «So sieht man sich wieder.» Das Trauma, es wog schwer.
Laufen Traumata wirklich so ab?
Ballauf ballerte am Schiessstand seinen Schmerz weg – prompt erschien das Abbild der erschossenen Kollegin: «So funktioniert das nicht. Ich bin schon tot.» Doch können durch Traumata wirklich Tote erscheinen – die dann auch noch sprechen? Nun ja. So plastisch, wie Ballauf die Tote vor sich sah, geht es wohl selten vonstatten. Doch: Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), so der Fachbegriff für psychische und somatische Krankheitserscheinung in Folge katastrophaler Ereignisse, geht sehr wohl mit einem Wiederbeleben der traumatischen Erinnerungen einher.
Neben Übererregbarkeit, Hilflosigkeit und emotionaler Taubheit, die man auch im «Tatort» bei Ballauf beobachten konnte, gehören sogenannte Flashbacks laut Definition zu den Grundsymptomen. Heisst: In einem alptraumhaften (Wieder-) Erleben des Traumas können in der Tat Bilder, Vorstellungen und Gedanken entstehen, die so heftig und real wirken, als geschähe das Ganze in der Gegenwart.
Was machte diesen Kölner «Tatort» so anders als die bisherigen?
Seine über allem schwebende Traurigkeit und seine in bisweilen unerträglicher Nähe gefilmten Bilder verliehen dem «Tatort: Gefangen» weniger den Anschein eines klassischen Krimis als eines psychologischen Dramas um Schuld und Hilflosigkeit. So hielten sich die pointierten Dialoge des sonst recht kernigen Ermittler-Duos diesmal in Grenzen («Ein Kind macht glücklich!» – «Und jede Menge Probleme, einen Arsch voll Sorgen!»). Ausgelotet wurden zur Abwechslung die seelischen Untiefen Ballaufs, der sonst immer eine pragmatische Lösung zur Hand hat. «Gefangen» war er jedoch diesmal in seiner eigenen Psyche, sprachlos und wie ein Häufchen Elend. Zum anderen barg der «Tatort» so manche Überraschung, was den Täter anging ...
Welche Charaktere überzeugten neben Ballauf?
Im Grunde alle. Da wäre die geheimnisvoll wirkende Stellvertreterin und Nachfolgerin des Ermordeten in der Klinik. Da wäre der Pfleger mit seinem Hang zum Perversen. Da wäre der Tennisfreund des Opfers – gespielt von einem wie immer fantastischen, diesmal zur Abwechslung aber als geschniegelter Rechtsanwalt auftretenden Andreas Döhler. Da wäre dessen Ehefrau, verkörpert von Franziska Junge als Ersatzmutter mit Hintergedanken. Und natürlich wiederum deren Schwester, jene junge Frau also, die nicht nur Ballauf und die Polizei, sondern auch die Zuschauer lange zum Narren hielt. Während sie den erschöpften Ermittler einlullte, verheimlichte sie ihre eigene Agenda, die von langer Hand darauf ausgelegt war, die arme Gefangene zu geben. Selten war die Fallhöhe vom Opfer zur Täterin so gross – und selten wurde sie so bravourös inszeniert.
Der «Tatort: Gefangen» lief am Sonntag, 17. Mai, um 20.05 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.
Sendung ist älter als 7 Tage und nicht mehr verfügbar.
Tatort
So 17.05. 20:05 - 21:40 ∙ SRF 1 ∙ D 2020 ∙ 95 Min
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