Nuklear-Drama «Chernobyl» – das nächste TV-Spektakel nach «GoT»

Von Carlotta Henggeler

27.5.2019

Entsetzen: Stellan Skarsgård alias Boris Yevdokimovich Shcherbina am «Chernobyl»-Unfallort. 
Entsetzen: Stellan Skarsgård alias Boris Yevdokimovich Shcherbina am «Chernobyl»-Unfallort. 
Bild: HBO

Die neue TV-Serie «Chernobyl» katapultiert die Zuschauer direkt ins Epizentrum des Super-Gaus, der Nuklearreaktor-Katastrophe von 1986. Die beklemmend-reale Nacherzählung fasziniert und hat ein hohes Suchtpotenzial. 

Mit dem Armee-Helikopter will Boris Yevdokimovich Shcherbina (Stellan Skarsgård), Stellvertretender Vorsitzender des russischen Ministerrates (1984 bis 1989), sich ein erstes Bild der Tragödie in Chernobyl verschaffen. Er ist Krisenmanagement-Beauftragter der ersten Stunde. An seiner Seite sitzt Waleri Alexejewitsch Legassow, sowjetischer Wissenschaftler, Experte auf dem Gebiet der anorganischen Chemie.

Beider Mission: Möglichst nahe an den Unfallort heranfliegen, um das gesamte Ausmass abzschätzen zu können. Shcherbina will über den Block fliegen, doch Legassow wiedersetzt sich seinen Anweisungen und lässt die Piloten umkehren. In letzter Minute.

Als sie das Feuer und den grell-gleissenden Rauch von Weitem sehen, ist Legassow der Ernst der Lage bewusst. Der Super-Gau ist eingetreten. Legassow prophezeit Shcherbina düster: «Sie haben es hier mit etwas zu tun, was auf diesem Planeten noch nie zuvor passiert ist.» Und dann erklärt er in bester Professor-Manier, warum Europa, nein, die ganze Welt in Gefahr ist – danke, endlich verstehe auch ich, wie ein Super-Gau entsteht. Dies, nachdem es schon ein Heer von ergrauten Chemielehrer erfolglos probiert haben. 

Perfekt inszeniertes Nuklear-Drama

Einige Stunden nach der verheerenden Explosion herrscht Chaos, die Regierung verharmlost den nuklearen Zwischenfall, hält erste Informationen unter dem Deckel. Das bringt den Atomexperten Legassow fast um den Verstand. Er will prompt reagieren, weiss zu Beginn aber selbst nicht genau, wie. Hochspannend und brilliant ist das.

Ich bete inzwischen zum Wettergott, möge er nach diesem Serien-Auftakt das Tief noch ein paar Tage stehen zu lassen. Damit die Gefahr nicht besteht, mich zwischen Ping-Pong-Tisch und Binge-Watching entscheiden zu müssen. Nach der ersten Episode steht es etwa 100:0, dass ich den Ping-Pong-Schläger zugunsten von «Chernobyl» stehen lasse. Fünf Folgen gibt es insgesamt zu verschlingen: Komaglotzen ahoi.

Die Bilder des Düster-Dramas mit dem schwedischen Charakterdarsteller Stellan Skarsgård in der Hauptrolle, sie lassen einen nach ein paar Minuten nicht mehr los – realistisch und gut gespielt. Und man fragt sich: Wann erhält dieser grossartige Schwede mit dem schwer auszusprechenden Namen endlich den Oscar? 

Doch natürlich ist das wahre Drama, wie «Chernobyl» die Folgen des Unfalls noch einmal drastisch aufzeigt. Wie Tonnen von Sand und andere eindämmende Materialien per Flugzeug über den radioaktiven Block verstreut wurden. Eine heikle Aufgabe, auch die Armeepiloten durften ja wegen der tödlichen Strahlengefahr nicht zu nahe heran. 

Grosses Kino am Fernsehen

«Chernobyl» ist jedenfalls eine Serie, die unter die Haut geht und ein grosses Suchtpotenzial birgt. Hat man die Reaktorkatastrophe von 1986 noch im Hinterkopf, ist die Angst vor einem weiteren Super-Gau in Geist und Seele gespeichert. Ein hochaktuelles Thema.

Die Bibel für Kino- und TV-Affine imdb.com gibt «Chernobyl» 9,7 von 10 möglichen Punkten. Für diverse Medien ist «Chernobyl» das nächste grosse TV-Spektakel nach «Game of Thrones», das mit 9,4 imdb-Punkten sogar tiefer bewertet wird. Aus meiner Sicht: zu Recht. Ist es ein Glück, dass die Wetter-App in den nächsten Tagen nur wenig Sonne anzeigt. 

«Chernobyl» läuft am Dienstag, 28. Mai, um 20.15 Uhr, auf Sky. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

Zurück zur Startseite
Die Bilder des Tages