Scharfseher «Club» zur Doppeladler-Affäre: Thurnheer mit Humor, Köppel im Abseits

von Lukas Rüttimann

4.7.2018

Im «Club» diskutierte eine spannend besetzte Runde zum Thema «Doppeladler, Doppelbürger, Doppelmoral» – allerdings an einem Abend, an dem sich kaum jemand dafür interessiert haben dürfte.

Gutes Timing ist nicht nur auf dem Rasen alles. Am Tag, an dem die Schweizer Fussballnationalmannschaft eine enttäuschende Vorstellung ablieferte und gegen ein biederes Schweden sang- und klanglos ausschied, programmierte das Schweizer Fernsehen einen «Club» zur Doppeladler-Affäre. Ein Thema, das nicht nur relativ lange zurückliegt, sondern für so manchen auch medial bis zum Umfallen breitgetreten ist.

Dieses Problem kennt die SRF-Talkrunde nicht erst seit gestern: Weil man fundierte Gäste für eine vertiefte Diskussion will, hinkt man mit dem «Club» der Aktualität des Öfteren hinterher. Dass es anders geht, zeigt Markus Lanz immer mal wieder mit seinem ZDF-Talk. Dort diskutieren illustre Gäste über den Tag – auf die Gefahr von mangelndem Fachwissen hin, dafür stets mit Top-Aktualität und eben solchem Unterhaltungswert.

Alle gegen Köppel

Immerhin: Moderatorin Barbara Lüthi nahm gleich zu Beginn den Ball auf und befragte Bernard Thurnheer zum Ausscheiden der Schweiz. Der einstige Kommentator der Nationalmannschaftsspiele zeigte dabei, wie sehr sein pointiertes Fachwissen bei der aktuellen WM im Schweizer Fernsehen vermisst wird – und weckte Erinnerungen an gute alte (Nati-)Zeiten.

Nach der Vorstellung der Gästerunde entwickelte sich jedoch bald das allseits erwartete Spiel: «Alle gegen Köppel». Denn der SVP-Nationalrat stellte erneut die in seiner «Weltwoche» formulierte These von «Petkovićs Balkan-Söldner» in den Raum.

Ganz wohl schien ihm dabei jedoch nicht zu sein: Auffallend schnell wechselte der Verleger das Thema und beschränkte sich in der Folge auf sein Mantra, dass eine politische Provokation wie der Doppeladler im Dress der Schweizer Nationalmannschaft nichts zu suchen habe. Eine «Ohrfeige» sei das gewesen, so Köppel – und der Nationalrat wiederholte seine Meinung in der Folge so oft, bis ihn Moderatorin Lüthi darauf hinwies, dass er das gleiche Votum nun bereits zum dritten Mal in die Runde werfe.

Überhaupt entwickelte sich zwischen der SRF-Frau (der einzigen in der Runde) und dem SVP-Mann eine Art Kleinkrieg um die Redezeit, bei dem die Moderatorin Köppels Voten teils augenrollend, teil charmant feixend unterbrach. Etwa indem sie seine Aussage, man habe in den 90er Jahren als Schweizer im Kreis 5 nicht mehr unbeschwert ausgehen können, mit ihrer eigenen Erfahrung aus eben jenem Zürcher Stadtkreis konterte.

Spannend, aber zu lang

Dass sich Köppel mit seiner integrationskritischen Haltung meist im Abseits wiederfand, hatte aber nicht primär mit Lüthi zu tun. Auch die übrigen Gäste sorgten für eine differenzierte Diskussion, die weit über die leidige Doppeladler-Affäre hinausreichte.

Integrationsexperte Thomas Kessler und Geschichtsprofessor Jeronim Perović lieferten fundierte Hintergründe, der albanische SP-Politiker Arber Bullakaj erzählte seine eigene Einwanderungsgeschichte, Beni Thurnheer sorgte für smarte Einordnung und eine wohltuende Prise Humor – und der serbische Ex-FCB-Star Ivan Ergić bewies eindrücklich, dass es nicht alle Fussballer nur in den Beinen haben.

Nur eines konnte man dieser spannenden Talkrunde am falschen Abend vorwerfen: Er war zu lang; anders als bei vielen WM-Spielen hätte man sich die zweite Halbzeit schenken können. Aber eben – das mit dem Timing ist beim «Club» so eine Sache.

Der neuste «Club» lief am Dienstagabend, 3. Juli, um 22.25 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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