«Criminal» Netflix widersetzt sich der Krimi-Serien-Norm

Von Fabian Tschamper

18.6.2019

Der Streaming-Dienst versucht sich im seriellen Erzählen mit einem Experiment. Zwölf Kriminalgeschichten sollen in vier europäischen Ländern erzählt werden.

Einer der Vorteile, wenn man rund um die Welt mehrere Studios hat, ist die Freiheit Neues auszuprobieren mithilfe jener. Genau dies hat sich Netflix vorgenommen mit dem Projekt «Criminal». Zwölf Geschichten werden erzählt, die sich jeweils um ein Verbrechen ranken. Das Spezielle: Die Serie wird ausschliesslich in einem Verhörraum stattfinden. Vier Teams werden in je drei Episoden das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Ermittlern und Verdächtigen inszenieren.

Netflix hat sich dafür Schauspielerinnen und Schauspieler aus vier verschiedenen Ländern ins Boot geholt. Die Ermittler kommen aus Deutschland, Grossbritannien, Frankreich und Spanien. Dies ist umso lobenswerter für den Streaming-Dienst, da sich auch akkurat an die Herkunft der jeweiligen Teams gehalten wird – in den Episoden aus Spanien werden auch nur spanische Schauspieler mittun, bei den anderen Ländern verhält es sich entsprechend.

Kleines Set, kurzer Dreh

Für Deutschland beispielsweise steigt der beliebte Ex-«Kriminalist» Christian Berkel in die Verhörkabine, um den Verbrechern das Handwerk zu legen. Der TV-Kommissar teilt sich das Rampenlicht der neuen Netflix-Serie unter anderen mit Nina Hoss und Peter Kurth. «Für eine Folge mit unserem Team aus Deutschland brauchten wir nur fünf Drehtage. Das lag wohl auch am minimalistischen Setting», sagte Berkel «Bluewin».

Nicht nur der nördliche Nachbar trumpft in «Criminal» mit Stars auf: David Tennant («Doctor Who») wird zusammen mit Hayley Atwell («Avengers: Endgame») vor der Kamera stehen.



Billig, dafür umso tiefschürfender

Das Format der Serie beruft sich auf eine altbekannte Methode im Filmbusiness, die vor allem bei Sitcoms oft zu finden ist. Wenn eine Folge – in diesem Fall die gesamte Staffel – nur in einem Raum stattfindet, dann nennt sich das «bottle episode» («Flaschenepisode»). Mit dieser Methode lassen sich nicht nur die Produktionskosten niedrig halten, sie birgt auch grossen dramatischen Effekt.

Die Handlung entfaltet sich langsamer durch das unveränderbare Set und den festen Cast. Besonders viel Wert legt man bei dieser Produktionstechnik auf die Charakterentwicklung, da alle Faktoren – ausser die Persönlichkeiten – Konstanten sind, lassen sich nur die Menschen verändern. Sie sind die einzigen Variablen. Dies wiederum verlangt den Darstellern ihr ganzes Können ab. Sollten sie sich ihrer Mimik, Gestik und Hintergrundgeschichte nicht sicher sein, kann eine «Flaschenepisode» ziemlich schnell den Bach runtergehen.

«Criminal» wird voraussichtlich im Herbst 2019 auf Netflix abrufbar sein.

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