Runder GeburtstagDer Meister des britischen Humors: John Cleese wird 80
dpa/fts
27.10.2019
Er kann auf Kultfilme und -serien wie «Fawlty Towers», «Das Leben des Brian» und «Ein Fisch namens Wanda» zurückblicken. John Cleese blickt auf eine über 50-jährige Karriere zurück.
«80! Ich kann es nicht glauben. Ich fühle mich wie 43. Ich wünschte, ich wäre 43», sagte John Cleese in der Fernseh-Show «Lorraine». Kein Wunder, denn mit 43 war er auf dem Höhepunkt seines Erfolgs: Der Monty-Python-Film «Der Sinn des Lebens» wurde auf dem Filmfestival in Cannes ausgezeichnet, «Das Leben des Brian» entpuppte sich als Kassenschlager und «Die Ritter der Kokosnuss» erlangten Kultstatus. Damals definierte die Komikertruppe weltweit den Massstab für surrealen Humor.
Heute feiert John Cleese seinen 80. Geburtstag mit einer Party. Aber er werde sicherstellen, dass keiner der Pythons dort sei, witzelte er in der Sendung «Lorraine»: «Ich will nicht, dass die schmuddeligen Ritter herumhängen.»
Anfang Oktober wurde er bereits mit dem Deutschen Comedypreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Bei der Preisverleihung zitierte der Brite aus «Monty Pythons Fliegendem Zirkus», den beiden Spezialsendungen für das deutsche Fernsehen: «Ich kann mit einem Eierlöffel Fledermäuse töten.»
Geboren wurde er in Somerset. Mit zwölf überragte Cleese seine Mitschüler bei weitem – er war 1,80 Meter gross – und wurde «von Leuten gehänselt, die buchstäblich halb so gross waren wie ich», sagte er der amerikanischen Radiostation WBUR. «Aber ich fand heraus, dass es sofort eine Akzeptanz und Wärme gab, wenn ich sie zum Lachen brachte.» Seinem Vater – einem Versicherungsagenten – stand er sehr nahe: «Er übernahm das emotionale Bemuttern, das ich nicht von meiner Mutter bekam», sagte John Cleese dem «Telegraph». Seine Mutter pflegte ihn mit den Worten vorzustellen: «Dies ist mein Sohn, John. Er war ein Unfall.»
Dem «Sunday Times Magazine» verriet Cleese: «Sie war eine Tyrannin» und Grund für seine vielen Therapien. Bis er 35 war, fühlte er sich in der Gegenwart von Frauen sehr unwohl. Cleese besuchte reine Jungenschulen und kaum eine Frau studierte damals mit ihm Rechtswissenschaften in Cambridge. «Ich wusste einfach nicht, wie ich mit ihnen reden sollte», erklärte er dem «Telegraph». Die Scheidung von seiner dritten Frau – einer amerikanischen Psychotherapeutin – im Jahr 2008 kostete ihn 12 Millionen Pfund und veranlasste ihn, seine folgende Welttournee sarkastisch «Alimony Tour» (Unterhalts-Tour) zu nennen.
Eine seiner beiden Töchter wurde ebenfalls Komikerin. Camilla Cleese erinnerte sich an seine Erziehungsmethoden: «Wenn ich mich in der Öffentlichkeit schlecht benahm, verhielt er sich wie ein Gorilla, ging buchstäblich auf allen Vieren», sagte sie dem «Guardian». «Ich schämte mich so, dass ich sofort die Klappe hielt. Er hat kein Peinlichkeits-Gen. Es ist ihm einfach scheissegal.» In ihrer Show witzelte die Komödiantin über die vierte Frau ihres Vaters: Diese sei «das neue Kind in der Familie» – denn Jennifer Wade ist über 30 Jahre jünger als Cleese. Aber John Cleese gab sich in der Sendung «Lorraine» überzeugt: «Endlich habe ich es richtig gemacht!»
Die Anfänge der «schmuddeligen Ritter»
Nach ersten Comedy-Erfolgen in den 60er-Jahren ging er in die USA und lernte dort nicht nur den späteren Python-Karikaturisten Terry Gilliam kennen, sondern auch seine erste Frau Connie Booth. Sie schrieben die Kultserie «Fawlty Towers» in den 70er-Jahren zusammen und standen gemeinsam vor der Kamera. Cleeses Zeile «Don’t mention the war!» (Deutsch: Erwähne nicht den Krieg!) wird bis heute in Grossbritannien gerne zitiert, sobald die Rede auf Deutschland und den Zweiten Weltkrieg kommt.
Zurück in England arbeitete John Cleese mit einigen der späteren Python-Mitglieder fürs Radio und Fernsehen, bis die BBC schliesslich die absurde Kultserie «Monty Python’s Flying Circus» in Auftrag gab. Vor genau 50 Jahren lief sie zum ersten Mal im Fernsehen – verbannt auf einen nächtlichen Sendeplatz, damit sich möglichst wenige Zuschauer echauffierten. Die Serie schrieb Comedy-Geschichte, aber Cleeses Vater empfahl ihm damals, sich auf «eine vernünftigere Stelle in der Personalabteilung von Marks & Spencer» zu bewerben.
Nach drei Staffeln stieg Cleese zwar wieder aus, aber er arbeitete in den folgenden Jahrzehnten immer wieder mit Python-Mitgliedern zusammen. Hollywood liebte ihn als verklemmten englischen Schnösel in der Hit-Komödie «Ein Fisch namens Wanda» (1988). Zweimal spielte er in James-Bond-Filmen mit und gab einen Hausgeist in der Harry-Potter-Serie.
John Cleese lehnte nicht nur einen Verdienstorden der Queen ab – «albern» – sondern auch einen Sitz im Oberhaus. Im vergangenen Herbst zog er dauerhaft ins karibische Steuerparadies Nevis. «Ich bewege mich im Grunde genommen zur Sonne, ich ziehe näher an Amerika heran, wo sich der grösste Teil meiner Arbeit im Moment befindet», sagte er der Fernsehsendung «Good Morning Britain». Im November wird der Komiker mit seiner Show «An Evening with John Cleese» (Deutsch: Ein Abend mit John Cleese) in den USA und Kanada touren.
Am 5. Oktober 1969 feierte die anarchistischen TV-Show «Monty Python's Flying Circus» ihre Premiere. Ihre Macher schrieben Comedy- und TV-Geschichte: (von links) Terry Jones, Graham Chapman, John Cleese, Eric Idle, Terry Gilliam und Michael Palin gründeten vor 50 Jahren die Komiker-Truppe Monty Python. Ihre Sketche sind legendär, ihre Filme Kult – doch was machen die Mitglieder heute?
Bild: Edel
Er gab – auch aufgrund seiner Körpergrösse – oft den (stocksteifen britischen) Gentleman, zeigte aber nicht nur im berühmten «Ministry of Silly Walks»-Sketch (Bild) seine Beweglichkeit: John Cleese, geboren 1939, war älteste unter den Pythons und ist vielleicht auch das bekannteste Gesicht der Komikertruppe.
Bild: BBC
Sicher ist, dass kein «Monty Python»-Mitglied ausserhalb der Gruppe erfolgreicher war: John Cleese erfand und spielte die Hauptrolle in der Kultcomedy «Fawlty Towers», gab den Anwalt Archie in der Blockbuster-Komödie «Ein Fisch namens Wanda» (Bild) und spielte in zwei Bond-Filmen «R», den Nachfolger von Technikgenie «Q».
Bild: NDR / WDR / Degeto
In den letzten Jahren arbeitete John Cleese überwiegend als Synchronsprecher («Shrek», «Trolls») und absolvierte Solo-Tourneen. 2018 übernahm der heute 79-Jährige seit langer Zeit wieder eine Serienhauptrolle: In der BBC-Comedy «Hold the Sunset» spielt er einen Rentner, dessen spätes Liebesglück getrübt wird, als der Sohn seiner Partnerin bei ihr einzieht.
Bild: James Morgan/Getty Images
Sie kannten sich schon aus Studienzeiten: John Cleese (zweiter von links) und Graham Chapman (rechts) arbeiteten 1967 bereits gemeinsam an der BBC-Comedy-Sendung «At Last the 1948 Show» und bildeten auch bei «Monty Python» oft ein Team.
Bild: Larry Ellis/Express/Getty Images
Cleese (links) und Chapman (Bild aus «Die wunderbare Welt der Schwerkraft») schrieben viele ihrer Sketche zu zweit, seine lustigsten Auftritte im «Flying Circus» hatte der ehemalige Medizinstudent, wenn er als «Colonel» Sketche, die jener nicht lustig fand, einfach anhielt. Weltberühmt jedoch wurde mit einer anderen Rolle ...
Bild: Capelight
In «Die Ritter der Kokosnuss», vor allem aber im zweiten Python-Film «Das Leben des Brian» (Bild) spielte Graham Chapman die Hauptrolle. Zuvor hatte er allem mit seinem Privatleben Schlagzeilen gemacht ...
Bild: Sony Pictures Home Entertainment
Chapman war 1972 einer der ersten britischen Prominenten, die sich öffentlich zu ihrer Homosexualität bekannten. Auch mit seiner Alkoholsucht, die er vor dem Beginn der Dreharbeiten zu «Das Leben des Brian» erfolgreich bekämpfte, sorgte er für Aufsehen. 1988 diagnostizierten Ärzte einen Tumor an seinen Mandeln, am 4. Oktober 1989 starb Chapman im Alter von 48 Jahren an den Folgen der Krebserkrankung.
Bild: Central Press/Getty Images
Er war der einzige Amerikaner der Gruppe und auf dem Bildschirm und der Leinwand nur ganz selten zu sehen: Mit seinen Trickfilm-Animationen, die oft als Überleitung zwischen Szenen und Sketchen dienten, sorgte Terry Gilliam (Bild aus «Das Leben des Brian», Mitte) dafür, dass Monty Python auch visuell ihrer Zeit weit voraus waren.
Bild: Sony / Peter Biziou / Python Pictures 1979
Terry Gilliam machte sich einen Namen als Regisseur von bildgewaltigen Märchen- und Fantasyabenteuern: «Brazil», «Fear and Loathing in Las Vegas» und «12 Monkeys» besitzen Kultstatus. Eine grosse Niederlage erlitt er 2000, als er mit Johnny Depp (Bild, rechts) den Film «The Man Who Killed Don Quixote» drehen wollte ...
Bild: Berlinale
Die Arbeit an «Don Quixote» endete damals durch zahlreiche unglückliche Umstände in einem Desaster. Doch Gilliam, heute 78, gab seinen Traum der Verfilmung des Literaturklassikers nie auf und schaffte es, «The Man Who Killed Don Quixote» mit Jonathan Pryce und Adam Driver in den Hauptrollen abzudrehen. Das Ergebnis feierte 2018 in Cannes Premiere.
Bild: Pascal Le Segretain / Getty Images
Er war der musikalische Python: Eric Idle (Bild aus «Das Leben des Brian») komponierte und sang «Always Look On The Bright Side» und schrieb damit einen modernen Klassiker, der bis heute – nicht nur in Grossbritannien – zu den beliebtesten Beerdigungs- und Trauersongs gehört.
Bild: Sony
Eric Idle feierte seine grössten Erfolge mit musikalischen Projekten: 2004 schrieb auf Grundlage des Python-Films «Die Ritter der Kokosnuss» das gefeierte Musical «Spamalot». Zu Topform lief er in der Beatles-Parodie «The Rutles – All You Need Is Cash» (Bild, zweiter von rechts) auf, in der er das McCartney-Alter-Ego Dirk McQuickly spielte und alle Songs der «vier Filzköpfe aus Liverpool» co-komponierte.
Bild: Rhino
Ähnlich wie John Cleese arbeitet der 76-jährige Eric Idle heute vorwiegend als Synchronsprecher. Beim Bühnenprogramm «Monty Python Live (mostly) – One down, Five to go» (Bild), mit dem die verbliebenen fünf Pythons 2014 ein (letztes?) Comeback feierten, führte er Regie. Eine Aufgabe, die zuvor oft ein Kollege übernommen hatte ...
Bild: Dave J Hogan/Getty Images
Bei allen drei Python-Filmen führte Terry Jones (Bild) Regie, in Erinnerung bleibt er aber natürlich vor allem als keifende Mutter des Titelhelden in «Das Leben des Brian». Zu seinen Paraderollen zählten Frauen mittleren Alters, seine Leidenschaft gehörte immer auch geschichtlichen Themen ...
Bild: Sony Pictures Home Entertainment
Als Regisseur und Autor feierte er mit der Komödie «Erik der Wikinger» (1989) seinen grössten Erfolg ausserhalb von Monty Python, 2006 begab sich der ehemalige Geschichtsstudent für eine BBC-Dokuserie auf der Spuren der (angeblich unzivilisierten) Barbaren (Bild). Inzwischen hat sich Terry Jones leider völlig vom Fernsehen zurückziehen müssen ...
Bild: VOX / BBC / Oxford Film
2015 diagnostizierte man bei Terry Jones eine Form der Demenz, er verlor die Fähigkeit zu kommunizieren. Im Januar 2020 verstarb Jones. Er hinterlässt drei Kinder, zwei erwachsene aus seiner Ehe mit Alison Telfer sowie eine zehnjährige Tochter aus seiner Beziehung zu der Schwedin Anna Söderström.
Bild: instagram.com/michael.palin
Zusammen mit seinem Oxford-Studienkollegen Terry Jones schrieb Michael Palin unzählige «Flying Circus»-Sketchklassiker wie die «Spanische Inquisition» und den «Holzfäller-Song». Riesige Lacher erntete er auch in «Das Leben des Brian» (Bild, Mitte) als Pontius Pilatus mit Sprachfehler.
Bild: Sony Pictures Home Entertainment
Später spielte er die Hauptrolle in Terry Gilliams «Jabberwocky» und begeisterte als stotternder Ken in «Ein Fisch namens Wanda», einen Namen machte sich Michael Palin aber als TV-Globetrotter: Nachdem er es 1989 im Auftrag der BBC schaffte, in 80 Tagen um die Welt (Bild) zu reisen, begab sich Palin auf zahlreiche weitere Doku-Trips – etwa von «Pol zu Pol» und zuletzt 2012 nach Brasilien.
Bild: BBC
Michael Palin ist heute der umtriebigste aller Pythons: Zuletzt war er in der Satire «The Death of Stalin» im Kino zu sehen, neben Tagebüchern über seine Reisen (zuletzt Nordkorea) veröffentlichte er auch Romane («Hemingways Stuhl») und historische Sachbücher («Erebus»). 2019 wurde ihm eine besondere Ehre zu Teil: Die Queen schlug ihn zum Ritter, er darf sich nun offiziell Sir Michael Palin nennen.
Bild: Getty Images/Eamonn M. McCormack
Die Comeback-Show 2014 war das letzte Mal, dass die fünf noch verbliebenen Mitglieder von Monty Python gemeinsam Spass hatten: (von links) John Cleese, Eric Idle, Terry Jones, Michael Palin und Terry Gilliam.
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