Coronavirus Die Geschichte eines TV-Arztes, der an Covid-19 erkrankt ist

Von Marlène von Arx, Los Angeles

31.3.2020

Daniel Dae Kim präsentierte am Sundance Festival im Januar 2020 seinen neusten Film «Blast Beat». Kim spielt in der Arztserie «New Amsterdam» Unfallchirurge Dr. Cassian Shin.
Daniel Dae Kim präsentierte am Sundance Festival im Januar 2020 seinen neusten Film «Blast Beat». Kim spielt in der Arztserie «New Amsterdam» Unfallchirurge Dr. Cassian Shin.
Keystone/Taylor Jewell

Die Covid-19-Erkrankung des Schauspielers Daniel Dae Kim ist speziell – es muss passiert sein, als er in der US-Arztserie «New Amsterdam» in einer Pandemie-Folge mitspielte. Aber das Schlamassel begann damit erst.

«Es ist nett, mal im gleichen Atemzug wie Tom Hanks und Idris Elba genannt zu werden», teilt der Schauspieler Daniel Dae Kim («Lost») in seinem Instagram-Post mit.

Kim wurde – wie die beiden erwähnten Hollywood-Stars auch – mit dem Coronavirus infiziert. Auf instagram erzählt er vom Krankheitsverlauf, wie er zu einem Test kam und welcher Medikamentencocktail ihm zur Genesung verhalf.

Besonders kurios: «Ich war in New York für eine Gastrolle in der Arztserie ‹New Amsterdam› und spielte ironischerweise einen Doktor, der während einer Grippe-Pandemie zur Pflege-Verstärkung ins Spital geholt wird», so Kim.

Und: Als die Produktion von «New Amsterdam» wie hunderte andere TV-Shows wegen der Corona-Pandemie eingestellt wurde, flog der 51-Jährige heim nach Honolulu.

Während der Landung spürte er erstmals ein Kratzen im Hals. Sein Arzt riet ihm zur Selbst-Quarantäne. Als es mit dem Husten schlimmer wurde und das Fieber anstieg, liess er sich bei einer mobilen Drive-Through-Station testen.

Mehrere Tage später kam die Bestätigung: positiv auf Covid-19.

Kim berichtet: «Ich war nie im Spital, aber tagelang im Bett. Es ist nicht damit zu spassen», so der Schauspieler, der mithilfe eines Medikamenten-Mix aus Tamiflu, Antibiotika und der risikobehafteten Malaria-Medizin Hydroxychloroquin wieder auf die Beine kam. Er entschuldigt sich bei Cast und Crew von «New Amsterdam», er könnte sie unwissentlich angesteckt haben.

Bei Universal TV nimmt man die Sache sehr ernst. Einer der «New Amsterdam»-Drehbuchautoren ist ebenfalls krank geworden. Die Pandemie-Episode «Our Doors Are Always Open» («Unsere Türen stehen immer offen») wurde letztes Jahr geschrieben. Sie hätte am 7. April in den USA ausgestrahlt werden sollen. Stattdessen wird an diesem Datum nun eine Wiederholung gesendet. Die Staffel geht dann am 14. April vorzeitig in Sommerpause.

Von Serien-Schöpfer David Schulner stammen diese Sätze: «Die Menschen sterben im wirklichen Leben. Wollen wir wirklich jetzt auch noch fiktiv Menschen sterben sehen? Die einen würden sagen Ja. ‹Contagion› und ‹Outbreak› sind derzeit nicht zufällig an der Spitze der iTunes Film-Charts. Denn wir beschäftigen uns ja mit Fiktion, um unsere Helden gegen Monster kämpfen zu sehen, wie wir es nicht können – und um von ihrem Kampf zu lernen. Darin steckt Hoffnung.»



Und trotzdem: Die Bilder von flüchtenden New Yorkern und den Autopsien in Zelt-Lazaretten seien schwierig anzuschauen. Damit nicht diskutiert werden müsse, ob sie pietätlos seien oder nicht, wird die Ausstrahlung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Daniel Dae Kim hat sich auch lange überlegt, ob er seine Erfahrung mit der Welt überhaupt teilen solle. Dass Prominente und Wohlhabende in den USA schneller getestet wurden als Normalverbraucher, wird im Netz heftig diskutiert und kritisiert. Darüber hinaus sind Asien-stämmige Amerikanerinnen und Amerikaner vermehrt Gewalt und Hasstiraden ihrer Landsleute ausgesetzt  – nicht zuletzt, weil Präsident Trump und einige seiner Gefolgsleute das Coronavirus bisweilen «China Virus» nannten.

Das FBI hat aufgrund steigender Anzeigen eine Warnung herausgegeben, und in New York wurde gar eine Hotline eingerichtet, bei der Diskriminierungen gemeldet werden können.

Kim, der koreanischer Abstammung ist, fleht seine Landsleute und Follower an: «Bitte, bitte stoppt die Vorurteile und die sinnlose Gewalt gegen Asiaten. Ich bin Asiate, und ich habe den Coronavirus. Aber ich habe ihn in Amerika bekommen. Es wäre doch dumm, wenn ich ihn jetzt ‹New York Virus› nennen würde.»

Ein Silberstreifen am Horizont ist: Die Requisiten-Verantwortlichen von «New Amsterdam» haben inzwischen ihr Lager an Masken, Handschuhen und Kitteln geräumt und dem New York State Gesundheit Departement zur Verfügung gestellt.

Die Arzt-Serien «Grey’s Anatomy», «The Resident», «The Good Doctor» sowie die LGBTQ-Serie «Pose» spenden ihre Requisiten-Vorräte ebenfalls an unterbestückte Spitäler. Und die Feuerwehr-Serie «Station 19» hat 300 der begehrten N95-Masken an die lokale Feuerwehr geliefert.

Daniel Dae Kim hofft besonders, jenen helfen zu können, die Symptome haben und nicht wissen, was tun.

«Ich hatte einen Rückschlag», meldete er sich am 29. März noch einmal zum Thema. «Ich fühlte mich schlecht, verlor meinen Geruchssinn, aber hatte kein Fieber. Das ist gemäss meines Arztes eine nach-virale Infektion. Sie dauerte bei mir zwei, drei Tage, aber kann angeblich Wochen dauern.»

Jetzt ist Kim Coronavirus-frei und bietet sich der Wissenschaft an: «Falls ich nun immun bin, bin ich gern bereit, meine Antikörper zur Verfügung zu stellen.»

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