Horoskope ziehen die Menschen an, so verdiente Walter Mercado sein Geld – und eine leidenschaftliche Fangemeinde. Netflix zeigt in «Mucho Mucho Amor» nun sein Leben, gänzlich absurd und doch faszinierend.
Hierzulande ist Walter Mercado – oder wie er sich auch nennt, Shanti Ananda – ein Unbekannter. In Südamerika sowie auch in den Vereinigten Staaten allerdings wurde der Astrologe zum Phänomen der Popkultur.
Über Jahrzehnte strahlten Sender in jenen Teilen der Welt seine vorhersagerischen Astrologie-Shows aus. Er war ein Exzentriker und schien daher wohl so anziehend für viele Menschen. Mercado trug lange Umhänge, toupierte Haare und setzte sich in Szene, wie man es eigentlich nur vom Papst kennt. 120 Millionen Zuschauer schalteten regelmässig ein, wenn sich Walter ankündigte.
Netflix hat nun nach dem Tod des Astrologen (2. November 2019), jenem die Dokumentation «Mucho Mucho Amor» gewidmet. Dies waren die Worte, die er stets am Ende seiner Wahrsagungen an seine Fans richtete: ganz viel Liebe. Während seiner Sendungen sagte er den Zuschauern die Zukunft voraus und verkündete ihnen ihre Horoskope.
«Er sieht manchmal aus wie eine Frau, manchmal wie ein Mann», sagte ein Vertrauter Mercados über ihn. Sein Erscheinungsbild war im chauvinistisch geprägten Lateinamerika ein Tabubruch. Mercado machte seine Homosexualität nie öffentlich, ein Vorbild für die schwule Gemeinde war er trotzdem. «Warum etwas sagen, was offensichtlich ist», pflegte er auf die Frage nach seiner sexuellen Orientierung zu antworten. Gerade aufgrund seiner Persönlichkeit liebten ihn unter anderen auch Politiker: Ronald Reagan soll vermehrt Sitzungen bei ihm gehabt haben.
Eine Ikone so gross wie Gloria Estefan
Die Netflix-Dokumentation begleitet Mercado von Ponce in Puerto Rico, wo er lebte, auf seiner letzten Reise nach Miami. Am Flughafen wird er noch immer von Fans erkannt, die seine Hand schütteln oder ein Selfie machen wollen. In Südamerika und vereinzelt in den Staaten war er mindestens so bekannt wie Julio Iglesias oder Gloria Estefan.
Er wusste, wie er die Leute in seinen Bann ziehen kann. Der gelernte Schauspieler verlas nicht nur Horoskope, er machte den Leuten Hoffnung.
Dies trotz des Fakts, dass er 4'000 angebliche Astrologen engagiert hat, die in seinen Call-in-Shows gegen eine Gebühr den Anrufern die Zukunft vorhersagten – ein Millionengeschäft. Er ist quasi der Tiger-King der Astrologen. Die Netflix-Doku zeigt seine ganze Karriere – vom Aufstieg bis zum überraschenden Ende.