Hollywood-Drehbuchautoren reduzieren die Schweiz mitunter auf alte Klischees. Ein aktuelles Beispiel ist die Serie «Hunters», derzeit im Streaming-Angebot bei Amazon. Ein Gespräch mit Präsenz-Schweiz-Chef Nicolas Bideau.
Ein Schweizer Banker in seinem eigenen Blut; er hat sich erschossen, nachdem im Keller seiner Bank jüdisches Raubgut gefunden wurde. Dieses Bild steht am Ende der vierten Folge von «Hunters», einer Serie um Nazijäger im New York der späten 1970er Jahre. Erzählt wird die fiktive Geschichte dieser Jäger (engl. hunters), die Nazis auf der Spur sind, welche wiederum US-amerikanische Institutionen infiltrieren, um ein sogenanntes Viertes Reich zu etablieren.
Die prominent besetzte Produktion, etwa mit Al Pacino in einer der Hauptrollen, spart nicht mit Gewaltexzessen – und wurde von der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau oder im deutschen Feuilleton scharf kritisiert. «Stundenlanges Suhlen im billigsten Nazifilm-Kitsch» urteilte beispielsweise die «Frankfurter Allgemeine Zeitung».
Bild von vor 1996
Nicolas Bideau, Chef von Präsenz Schweiz, kann im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zwar nachvollziehen, wie es zu diesem Bild vom Schweizer Banker in Zusammenhang mit geraubtem jüdischen Eigentum gekommen ist. Doch er verortet es dezidiert in der Zeit vor Mitte der 1990er Jahre.
«Es stimmt, dieses Bild ist für die Schweizer Öffentlichkeit brutal und schockierend.» Aber die Schweiz habe sich zu der Zeit, in der der Film spielt, noch nicht mit ihrer Haltung während des Nationalsozialismus auseinandergesetzt, vor allem kein Schuldbewusstsein entwickelt. Bideau verweist auf den Schweizer Bankier Robert Studer, der 1995 eine Kontroverse provozierte, als er die Affäre um nachrichtenlose jüdische Konten auf Schweizer Banken als «Peanuts» bezeichnete.
Doch mit der Arbeit der Bergier-Kommission, die 1996, eingesetzt wurde, habe sich die Schweiz und damit ihr Finanzplatz «endlich zu ihrer Verantwortung» bekannt.
Der Präsenz-Schweiz-Chef Bideau hat denn auch ein Problem mit Serien, die die Schweiz und ihr Verhalten auf Klischees festschreiben. «Seit 2010 und mit dem Ende des Bankgeheimnisses kann man nicht mehr ungestraft sein Vermögen in der Schweiz anlegen», sagt er.
Das Image der Schweiz und ihrer Banken stehe denn auch im Zentrum aktueller Überlegungen in Bern. Bideau und sein Team führen derzeit Gespräche mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement und Vertretern von Banken, um die Art, wie über den Finanzplatz kommuniziert werde zu überdenken. Schliesslich habe sich dieser «weiter entwickelt».
«Wenn wir nicht proaktiv handeln, riskieren wir, dass Drehbuchautoren auf alte Reflexe setzen und wir auf alte Bilder festgeschrieben werden», sagt Bideau. Das sei kontraproduktiv, «denn das entspricht nicht mehr der heutigen Schweiz», fährt er fort.
Schweiz in Hollywood
Vor diesem Hintergrund sei «nicht ausgeschlossen», dass der Schweizer Botschafter in Kalifornien in die Kommunikationskampagne einbezogen werde. «Wenn er sich beteiligt, könnte er die grossen Produzenten in Hollywood sensibilisieren, ihnen erklären, dass der heutige Schweizer Finanzplatz eher geprägt ist von den Fintech- oder Krypto-Unternehmen etwa in Zug».
«Die Schweiz hat ein sehr starkes Image im Ausland.» Daneben stünden Klischees über Banken, aber auch über Berge, Uhren, die Neutralität oder über die Schweiz als Nest von Spionen, sagt der Chef von Präsenz Schweiz. «Das ist ein gefundenes Fressen für einen Drehbuchautor oder Produzenten, der eine pointierte Botschaft vermitteln möchte.» Manchmal gewinne man dabei und manchmal verliere man.
Um die Trümpfe der Schweiz besser ausspielen zu können, wäre eine Serie über das internationale Genf viel interessanter als über Schweizer Banken, so Bideau. «Wir haben die Idee bei der Filmindustrie bereits deponiert, aber es noch nicht geschafft, dass daraus Realität wird.»
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