«Joko und Klaas Live» Flüchtlinge, Obdachlose und Nazis

Fabian Tschamper

29.5.2019

Joko und Klaas fahren die gesellschaftskritische Schiene.
Joko und Klaas fahren die gesellschaftskritische Schiene.
ProSieben

Manch einer rechnete mit Klamauk während ihren 15 Minuten kompletter Freiheit. Joko und Klaas rücken jedoch für einmal nicht sich selbst ins Rampenlicht.

«Hallo, ihr Pissnelken», schmunzelt Klaas in die Kamera. In einem leeren Studio mit wenig Licht und Joko an seiner Seite ändert der Entertainer seinen Ton aber schlagartig. Sie hätten ja gewonnen gegen ihren Sender, sie können jetzt tun und lassen, was sie wollen.

«Zu Wort sollen jene kommen, die diese 15 Minuten wirklich brauchen.» Die beiden verschwinden ins Dunkel des Studios und bald schon nimmt Pia Klemp Platz. Pia Klemp ist – wie sich herausstellt – eine Heldin der Neuzeit. Sie ist Kapitänin des Schiffs Iuventa 10. Sie war es zumindest. Das Schiff liegt vor Anker im Mittelmeer – zwangsläufig. Pia Klemp rettete mit ihrer Crew mehrere hundert Menschen, die auf ihren wenig seetüchtigen Booten aus dem Heimatland geflohen sind. Viele der Menschen starben. Gegen Klemp und ihre Crew läuft momentan ein Verfahren, das sie bis zu 20 Jahre ins Gefängnis bringen könnte. Ihr Vergehen sei «Mithilfe zur illegalen Migration und das nur, weil die Nobelpreis tragende EU diese zum Tode verurteilten Menschen nicht aufnehmen wollte». Pia Klemp war die erste von drei Sprechern.



Dieter Puhl ist Obdachlosenhelfer. Er schildert die schrecklichen Schicksale der vereinsamenden Menschen auf den Strassen Berlins. Ein Aufruf zur Solidarität ist nichts Neues, Dieter Puhl macht dies allerdings anhand von verstorbenen Betreuten. Manch einer wird der unbequemen Wahrheit nur so ins Auge blicken können.

Schliesslich sitzt Birgit Lohmeyer auf den Stuhl. Sie lebt in einem Quartier von elf Häusern, die fast alle von Nazis und ihren Familien bewohnt werden. Jene wollten sie zum Umziehen zwingen. Doch sie und ihr Mann blieben stark und trotzten toten Ratten im Briefkasten und Brandstiftung. Der Nationalsozialismus ist in Deutschland immer noch weit verbreitet – und vor roher Gewalt scheinen sie auch heute noch nicht zurückzuschrecken.

Vorbildlich, aber durchschaubar

Durch Joko und Klaas haben jene eine Stimme bekommen, die von der medialen Welt unterdrückt oder vergessen werden. Ganz unvorhersehbar war dies nicht. Die beiden Entertainer haben alles Erdenkliche getan vor laufenden Kameras, also belehren sie jetzt die Zuschauer und nutzen ihre 15 Minuten für Gesellschaftskritik.

Diese Aktion ehrt sie und allen diesen Menschen sollte mehr Aufmerksamkeit zuteil werden, aber warum ein solches Tam-Tam mit der vorhergehenden Sendung «Joko und Klaas gegen ProSieben»? Der Sender hätte womöglich sogar am gleichen Strang gezogen, wenn Joko und Klaas diese Idee so angekündigt hätten. Die einzige Erklärung für diese «Wette gegen ihren Haussender» ist wohl die Einschaltquote. Jene sollten sie mit dieser Aktion zur Primetime auf ProSieben gesprengt haben.

Und hier noch die Bilder des Tages
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