Scharfseher So ist der Sex der Jungen in der Schweiz

von Lukas Rüttimann

20.4.2018

Für den zweiten Teil der SRF-Doku «Liebesleben» fragte Eva Nidecker bei den Jungen von heute nach. So richtig zur Sache gings dabei selten.

Nachdem Moderatorin Eva Nidecker im ersten Teil der neuen Staffel von «Liebesleben» bei eher gesetzteren Semestern nachgeforscht hatte, stieg sie diese Woche erneut in ihren grünen alten Citroën, um Interviews über Tabus in der Liebe und im Sex zu führen.

Diesmal waren die Jüngeren dran. Eine 23-Jährige, die ihre diversen Dienste per Webcam anbietet, ein Ex-Pornosüchtiger und ein Paar, welches sich über eine Dating-App getroffen hat – das waren die Protagonisten der Folge «Virtuelle Liebe».

Dazu traf die Baslerin ein ganz normales junges Pärchen von heute, das darüber sprach, wie sich die Jungen signalisieren, dass sie «scharf aufeinander» sind oder wie Apps das Liebesleben von Jugendlichen heute bestimmen.

Ganz normal, ganz entspannt

Vorher jedoch sorgte wie schon letztes Mal die sehr unterhaltsame Strassenumfrage für Belustigung. Selbstverständlich gaben ältere Herren fast durchs Band weg an, nie oder nur selten Pornos im Internet zu konsumieren. Das «alte Rein-Raus» sei doch «immer dasselbe», meinte einer – es schade «bloss alles den zwischenmenschlichen Beziehungen» ein anderer.

Ehrlicher waren die Jungen. Klar würde sie Pornos im Netz schauen, lachten zwei junge Männer: «Das macht doch jeder». Tatsächlich bestätigte sich diese Lockerheit auch in den folgenden Portraits. Über Lust, Sex und Pornos gab nicht nur die erstaunlich abgeklärte Sexanbieterin vor der Webcam breitwillig Auskunft, sondern auch die beiden Paare. Und zwar in einer Entspanntheit, als ginge es um die Bepflanzung eines Kräutergartens.

Sex hat man demnach schon sehr bald nach dem Kennenlernen, Internet-Pornos sind für die meisten voll okay und nichts Besonderes, und wenn man zu lange getrennt ist, tut es zur Not auch das «Sünnelen». Das steht beim deutsch-schweizerischen Pärchen, welches sich per Tinder kennenlernte und eine Fernbeziehung führt, als Codewort für die Selbstbefriedigung

Bloss der bekennende Pornosüchtige schien mit dem virtuellen Sex noch irgendwie zu hadern. Doch auch das wirkte kaum richtig dramatisch. Schliesslich sieht sich der sympathische junge Mann mittlerweile als geheilt und möchte eine spirituelle Selbsthilfe für Leidenskollegen gründen.

Warnung vor Nacktselfies

So blieb am Ende das Bild einer modernen Sexualität, die virtuell, entspannt, aufgeräumt, aber auch ein wenig langweilig wirkt. Dass eine Ursache für diese Gleichgültigkeit die permanente Sexualisierung sowie das Überangebot aus dem Internet ist, wurde in dieser Folge von «Liebesleben» etwas wenig thematisiert.

Dafür griffen Nidecker und ihr Team den Trend zum Verschicken von Nacktselfies und Penisbildern auf. Das scheint auch vier Jahre nach Gerry Müller noch immer ein so grosses Problem zu sein, dass die Moderatorin eindringlich davor warnte, solche Bilder in Umlauf zu bringen. Schönes neues Liebesleben.

Der zweite Teil der Doku-Serie «Liebesleben» lief am Donnerstag, 19. April, um 21.05 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

«Liebesleben» mit Eva Nidecker: Sadomaso, Callboys und Sex im Alter
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