Schweizer Regisseur zu «Tatort»-Kritik Markus Imboden: «Man kann es nicht allen recht machen»

von Cilgia Grass, Redaktorin

4.4.2018

Am letzten «Tatort» scheiden sich die Geister. «Bluewin» sprach mit dem Schweizer Regisseur Markus Imboden über kritische Stimmen, das grosse Zittern beim Dreh und seinen Lieblings-«Tatort».

«Bluewin»: Am Ostermontag lief Ihr «Tatort» mit dem Titel «Zeit der Frösche». Nicht alle waren davon begeistert. Wie zufrieden sind Sie selber mit Ihrem Werk?

Markus Imboden: Ich finde diesen «Tatort» gelungen – für das, was er vermitteln sollte. Es ist eine Geschichte über eine Frau, die im Beruf steht und im Konflikt mit privaten Aufgaben und Vorstellungen von sich selber. Ich glaube, Heike spielt das auch gut. Es steht nicht nur der Krimi im Vordergrund, das gefällt mir. Auch der Bub gefällt mir. Er spielt eine Hauptrolle – mit 12 Jahren. Im Grossen und Ganzen ist alles gelungen.

Sie hatten 9,1 Millionen Zuschauer. Eine gute Zahl.

Die Produzenten waren jedenfalls alle sehr zufrieden. Es ist die fünfbeste Quote, die je ein Festtagskrimi erreicht hat.

Gibt es etwas, das Sie im Nachhinein anders machen würden?

Nein. Gut, man hätte drei Wochen länger am Drehbuch arbeiten können. Da wackelt es zwischendurch mit der Geschichte der Tante und des italienischen Restaurants. Das ist nicht optimal gelöst. Das ganze Projekt war eine kurzfristige Angelegenheit. Es wurde mit heissen Nadel gestrickt: Kurz vorher wurde noch am Drehbuch gearbeitet, alles musste bis Ostern fertig sein.

«Tatort: Zeit der Frösche» im Check

Was waren die Knackpunkte?

Wir mussten die Weiterführung der Figuren berücksichtigen. Sowas wirkt schnell mal aufgesetzt. Das in eine Balance mit der Handlung und dem Zwischenmenschlichen zu bringen, ist kompliziert. Der erste «Tatort» mit Heike Makatsch war völlig überfrachtet mit Privatem. Das wollten wir nicht mehr. Deshalb wurde abgespeckt: Wir haben die Mutter sterben lassen, die erwachsene Tochter wurde zum Studieren nach Berlin geschickt. Gewisse Fäden mussten aber drin sein, zum Beispiel der mit der zweiten Tochter. Mit dieser zieht Kommissarin Berlinger von Freiburg nach Mainz. Letzteres war eine senderpolitische Entscheidung, weil es inzwischen in Freiburg ein eigenes «Tatort»-Team gibt. Solche Sachen sind nicht die Highlights des «Tatorts». Aber die Spezialisten werden befriedigt.

Wie stark treffen Sie negative Kritiken?

Es trifft mich, wenn es ausgerechnet in der Schweiz schlechte Kritiken gibt. Ich bekomme jeweils einen Pressespiegel. Für jeden Film, den man gedreht hat, findet man jemanden, der begeistert ist, und einen, der es furchtbar findet. Diesen «Tatort» fand beispielsweise die NZZ gut, die Süddeutsche nicht. Mit der Zeit merkt man, auf was die Journalisten stehen. Manche Redaktionen sind handlungsorientiert, bei anderen ist das Gesellschaftliche und Zwischenmenschliche wichtiger. Der «Tatort» ist selber ein Spiegel. Er zeigt auch Jahrzehnte später noch die gesellschaftliche Strömungen, die dann gerade herrschten.

Wie war der Dreh mit Heike Makatsch?

Sie ist ein Profi. Eine gute, seriös vorbereitete Schauspielerin, die sich auch einbringt.

«Es war saukalt», werden Sie in den Presseunterlagen zu «Zeit der Frösche» zitiert.

Das stimmt. Es war drei Wochen lang furchtbar kalt. Unser Polizeirevier wurde in einem  Abbruchhaus errichtet. Das hatte seit Jahren keine Heizung. Es wäre zu teuer gewesen, diese wieder in Gang zu bringen. Wir liefen deshalb dreifach beschichtet herum. Es gab zwar ein Notgebläse, das musste wegen des Tons aber immer wieder abgestellt werden.

Wie hat sich das auf den Dreh ausgewirkt?

(lacht) Wir hatten, glaube ich, alle mal den «Pfnüsel». Und in so Situationen dauert es, bis die Leute auf Touren kommen. Ausserdem kann es vorkommen, dass man den Ton nicht hört, weil plötzlich der Parka das Mikrofon verdeckt.

Die neun erfolgreichsten Tatort-Folgen aller Zeiten

Wie viele «Tatort»-Folgen haben Sie bereits gedreht und sind noch welche in Planung?

Das war die Achte. Dieses Jahr mache ich keinen «Tatort», aber dafür vier andere Filme. Zum Beispiel einen «Stralsund»-Krimi fürs ZDF. Gedreht wird zehn Tage in Stralsund, dann gehts nach Hamburg. Es spielt aber alles in Stralsund. Dann drehe ich noch eine Krimi-Groteske, ebenfalls fürs ZDF, und einen Krimi für den Norddeutschen Rundfunk. Über den vierten Film kann ich noch nichts sagen.

Was war Ihr liebster «Tatort»-Dreh?

Am liebsten hatte ich die hessischen «Tatorte» «Wendehammer» und «Land in dieser Zeit». Das sind sehr besondere Filme. «Wendehammer» ist eine Komödie als Krimi. Die erste halbe Stunde langweilen sich die Kommissare nur und sehnen einen Fall herbei. Das ist mein bester «Tatort», glaube ich. Die einen fanden ihn sensationell, andere fanden ihn keinen richtigen «Tatort». Allen kann man es halt nicht recht machen.

Schauen Sie selber «Tatort»?

Selten. Für mich ist das Beruf, da kann ich nicht abschalten. Für einen Profi wie mich ist es meist auch ein bisschen langweilig. Weil ich weiss, wo's «duregeit». Manchmal muss ich mir aber einen Schauspieler ansehen. 

Am Montag, 16. April, läuft auf ZDF ein weiterer Film von Markus Imboden: «Der Richter» mit Heino Ferch. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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