Am (heutigen) Donnerstag startet der Dokumentarfilm «Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour» in den Deutschschweizer Kinos. Keystone-SDA traf Hosen-Frontmann Campino und Regisseurin Cordula Kablitz-Post zum Interview.
Sieben Monate war Cordula Kablitz-Post mit der deutschen Punkband auf «Laune der Natour»-Tour. Am Mittwoch sprach sie vor der Schweizer Vorpremiere in Zürich im Doppelinterview mit Campino über die Dreharbeiten.
Keystone-SDA: Campino, wie lange haben Die Toten Hosen Kriegsrat gehalten, bis sie grünes Licht für die Doku gaben?
Campino: «Als 2017 die Erstanfrage kam, sagten wir ab. Wir waren müde von Kameras und dem ganzen Brimborium, das das Filmen mit sich bringt, und wollten uns nur auf die Gigs konzentrieren. Doch als die Tour näher kam, bedauerten wir mehr und mehr, dass das nicht festgehalten würde. So kam der Gedanke auf, lieber jetzt noch schnell eine Dokumentation machen, bevor es bergab geht.»
Keystone-SDA: Sie dachten, das könnte die letzte Tour sein?
«Auf jeden Fall waren wir der Meinung, viel besser kann es nicht mehr werden. Mag sein, dass wir vor noch grösserem Publikum spielen, aber uns machen die Konzerte gerade so viel Spass wie noch nie. Insofern gaben wir uns einen Ruck und sagten zu. Trotz aller Bedenken.»
Keystone-SDA: Welche Bedenken hatten Sie denn?
«Es sind nicht alle gleich offen für Kameras und Medien. Ich habe damit deutlich weniger Probleme als beispielsweise Breiti (Gitarrist, Anm. d. Red.). Er ist jemand, der das nicht braucht und nur mitmacht, wenn die Mehrheit der Band so entscheidet.»
Keystone-SDA: Für wie wertvoll halten Sie den Film?
«Allem voran war es für mich schon mal eine Erlösung, festzustellen, dass mir der Film nicht peinlich ist. Im Weiteren hoffe ich, dass die Fans dank der Doku noch einmal ihre Erinnerungen an die Konzerte aufleben lassen können und sich auch Leute angesprochen fühlen, die mit uns oder unserer Musik eigentlich nichts anfangen können. Es ist ein schöner Einblick in das Tournee-Leben – wen diese Art von Zirkus interessiert, dem wird diese Doku Spass machen.»
Keystone-SDA: Cordula Kablitz-Post, was verbindet Sie mit den Toten Hosen?
Kablitz-Post: «Als Fan der Sex Pistols fand ich sie – für mich die deutsche Antwort auf die britische Punkband – schon in den 80ern super. Mit Campino habe ich schon zwei Filme gemacht und irgendwann dachte ich, dass dieser Dokumentarfilm ein gutes Format für die ganze Band wäre. Mein Ziel war es, eine Band zu ergründen, die authentisch ist, der es um Inhalte geht und die eine politische Haltung hat, die mir gefällt.»
Keystone-SDA: Während der Tour kam es zu Zwischenfällen, mit denen Sie nicht rechnen konnten.
Kablitz-Post: «Ja, das #wirsindmehr-Konzert in Chemitz beispielsweise – für den Film natürlich super. Es zeigt, wie spontan Die Toten Hosen reagieren, wenn etwas passiert, wozu sie sich äussern wollen. Dann erlitt Campino einen Hörsturz und wir wussten nicht, wies weitergeht, ob er überhaupt jemals wieder eine Bühne betreten kann.»
Keystone-SDA: Wollten Sie, Campino, den Film damals abbrechen?
Campino: «In dem Moment war mir der Film herzlich egal. Da ging es um etwas anderes, ich war vor allen Dingen tief verunsichert, weil es zu einem Hörsturz keine klare Diagnostik und keine harten Fakten zum Heilungsverlauf gibt. Insofern fühlte sich die Zwangspause an wie russisches Roulette.»
Keystone-SDA: Danach haben Sie weitergemacht.
Campino: «Die Anspannung bin ich allerdings während der ganzen Tour nicht mehr losgeworden. Es war ein Wake-up Call. Aus meinem Sicherungskasten ist eine Sicherung rausgeflogen, nächstes Mal wird es eine andere sein.»
Keystone-SDA: Was hätte denn passieren müssen, um das Filmprojekt zu stoppen?
Campino: «Uns war immer klar, wir wollen keine Hofberichterstattung haben. Da muss man sich auch von gewissen Eitelkeiten verabschieden. Für die Zuschauer wird es immer dann spannend, wenn es für die Protagonisten klamm wird. Die Menschen wollen hinschauen, wenn du nervös wirst, wo sich eine Krise anbahnt. Ein Tournee-Film, bei dem alles glatt läuft, will ausser der Band niemand sehen. Das einzige Gebot war: Menschen aus unserem Umfeld, die nicht auftauchen wollen, werden rausgeschnitten.»
Keystone-SDA: Gab es denn einen Moment, in dem es Ihnen, Cordula Kablitz-Post, peinlich wurde?
Kablitz-Post: «Ja, als wir im 'SO36' in Berlin waren und die Band nach dem Konzert total verschwitzt von der Bühne kam, hat sich Kuddel (Gitarrist, Anm. d. Red.) als erster umgezogen. Da bin ich kurz rausgegangen, weil ich dachte, er will bestimmt nicht, dass ich ihn nackt sehe. Sie waren alle kurz vor dem Erstickungstod. Natürlich mussten sie sich die Kleider vom Leib reissen.»
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