TV-Tipp Waren die Neandertaler klüger als gedacht?

tsch

15.6.2019

Lange Zeit galt der Neandertaler, ein vor Urzeiten ausgestorbener Verwandter des modernen Menschen, als kognitiv beschränkt. Ein beeindruckender Fund in einer französischen Höhle rüttelt an dieser Ansicht.

Vor rund 30'000 Jahren ist der Neandertaler ausgestorben. Die einzige Menschenart, die sich im Laufe der Erdgeschichte durchgesetzt hat, ist der Homo Sapiens, also der anatomisch moderne Mensch. Kurzum: wir. Warum der Neandertaler und der Homo Sapiens nicht koexistieren konnten, ist Gegenstand der Wissenschaft, etliche Theorien befassen sich mit dem Niedergang der einen und der Durchsetzung der anderen Spezies. Für lange Zeit stand fest, dass der Neandertaler seiner Verwandtschaft zumindest in kognitiver Hinsicht unterlegen war. Anders formuliert, galt der Neandertaler nicht als sonderlich intelligent.

Ein verändertes Weltbild

Als jedoch Archäologen im Jahre 1990 in einer französischen Grotte inmitten der Aveyron-Schlucht auf aufsehenerregende Überbleibsel aus vergangenen Zeiten stiessen, mussten sie ihre Meinung überdenken: Vor 176'000 Jahren – weit früher als bislang angenommen – drangen Neandertaler in die Höhle vor, um sich dort ein Zuhause einzurichten. Noch beeindruckender ist allerdings, dass dort zahllose Stalagmiten abgebrochen und kreisförmig angeordnet wurden. Was hat das zu bedeuten? «Auf den Spuren der Neandertaler – Das Rätsel der Bruniquel-Höhle» (2019) von Luc-Henri Fage nimmt den Zuschauer nun mit auf eine Reise in eine längst vergessene Zeit – und wirft ein neues Licht auf eine lange belächelte Spezies. ARTE zeigt die informative Dokumentation in einer Erstausstrahlung.

Doch nicht so dumm?

Der Fund gilt als Sensation und stellt die Wissenschaft immer noch vor zahlreiche Fragen: Welchem Zweck dienten die sechs aussergewöhnlichen Kreise, die aus 400 abgebrochenen Tropfsteinen arrangiert wurden und bis zu sieben Meter im Durchmesser betragen? Sind sie etwa ein Indiz dafür, dass der Neandertaler doch weitaus intelligenter war als bislang angenommen? Besass die Spezies bereits recht weit entwickelte kognitive, verbale und soziale Kompetenzen? Wurden die Kreise zu praktischen oder rituell-spirituellen Zwecken errichtet? Fest steht, dass die Neandertaler bereits das Feuer entdeckt hatten – auch in der Höhle sind Spuren davon zu finden.

Der Prähistoriker Jacques Jaubert und die Paläoklimatologin Sophie Verheyden stehen im Fokus der aufschlussreichen Dokumentation. Auf beeindruckende Art und Weise wird uns durch ihre Arbeit vor Augen geführt, wie es heutzutage mit den modernsten technischen Mitteln möglich ist, eine längst vergangene Epoche wiederauferstehen zu lassen.

«Auf den Spuren der Neandertaler» läuft am Samstag, 15. Juni, um 21.45 Uhr auf Arte. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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