Prof Abe (Joaquin Phoenix) und Studentin Jill (Emma Stone) kommen sich zunächst nur intellektuell näher.
Doch Jill (Emma Stone) will mehr von Abe (Joaquin Phoenix).
Joaquin Phoenix (links) verleiht dem im US-Indie-Kino oft bemühten Klischee-Typus des existenzialistisch daherredenden Philosophie-Professors glaubhafte Züge. Rechts: Joe Stapleton.
Existenzialistischer Querschnitt
Prof Abe (Joaquin Phoenix) und Studentin Jill (Emma Stone) kommen sich zunächst nur intellektuell näher.
Doch Jill (Emma Stone) will mehr von Abe (Joaquin Phoenix).
Joaquin Phoenix (links) verleiht dem im US-Indie-Kino oft bemühten Klischee-Typus des existenzialistisch daherredenden Philosophie-Professors glaubhafte Züge. Rechts: Joe Stapleton.
Woody Allen veröffentlichte mit «Irrational Man» eine für sein Werk idealtypische Tragikomödie. SRF zwei zeigt sie nun erstmals, zu später Stunde.
Kurz nach dem Start seines Films «Irrational Man» feiert Woody Allen im Dezember 2015 seinen 80. Geburtstag. Überaus passend lieferte die gelungene Tragikomödie einen erzählerischen Querschnitt durch die Arbeit des Meisters - im Guten wie Schlechten.
Ganz wie die frühen, von ihm selbst verkörperten Hauptfiguren, etwa in «Manhattan» (1979) oder «Der Stadtneurotiker» (1977), ist auch der Protagonist in «Irrational Man» ein getriebener, zweifelnder, sinnsuchender Intellektueller: Joaquin Phoenix schafft es einigermassen überraschend, dem im US-Indie-Kino oft bemühten Klischee-Typus des existenzialistisch daherredenden Philosophie-Professors glaubhafte Züge zu verleihen. Abe Lucas, so der Name der Figur, quält sich als lebende Koryphäe des Fachs und einst in Krisengebieten Engagierter mit der Frage nach dem Nutzen seiner Arbeit ab.
Für einmal Klein- statt Grossstadt
Selbstverständlich folgt Allen trotz der belebenden Ausflüge in «Midnight in Paris» (2011) und «Blue Jasmine» (2013) seinem seit Jahrzehnten wohlbekannten Muster in Sachen Beziehungs-Blabla. So trifft der alte Professor in seinem kleinen Uni-Städchen (als Gegenstück zu Allens sonstiger Grossstadt-Affinität) auf eine junge Studentin namens Jill - verkörpert von Allens damaliger Muse Emma Stone, die ebenso herzerfrischend klug und grandios patzig auftritt wie bereits in «Magic in the Moonlight» (2014), an dessen langweiliger Beliebigkeit auch sie nichts zu ändern vermochte.
Ihre kokette Figur Jill vermag indes mit ihrem ungeheuchelten philosophischen Interesse den betrübten Zustand Abes rasch aufzuhellen. Zunächst geht das noch recht platonisch vonstatten - mit auch für den Zuschauer erheiternden Gesprächen, die von Kant bis Kierkegaard ganz im Geiste des 70er-Jahre-Allens ein ironisch angedeutetes akademisches Bonmot nach dem anderen streuen. Bald schon möchte die junge Intellektuelle jedoch mehr von ihrem Professor, der die eindeutigen Liebes-Avancen zunächst ablehnt.
Wie in seinem Spätwerk nun schon des Öfteren findet Allen in «Irrational Man» zu einer frischeren, emanzipierteren Version der langweiligen Herrenfantasie vom alten Mann und dem jungen unschuldigen Mädchen: Wenn Letztere in Gestalt Jills nämlich den aktiven Part übernimmt, kommt der von seiner Verehrerin überraschte Denker gar nicht erst dazu, seine Studentin zu verführen. Und, umso besser: begreift sie nicht als Muse, die ihm aus einer finsteren Midlife-Crisis helfen soll.
Verbrechen als Ausweg
Das schafft Abe und damit Regisseur Allen nämlich auf eine ganz andere Art, die schon Filme wie «Verbrechen und andere Kleinigkeiten» (1989), «Schmalspurganoven» (2000) aber vor allem die düsterere europäische Phase von «Match Point» (2005) bis «Cassandras Traum» (2007) prägte: mit einem Verbrechen, einem Mord, einem Schuldigwerden. Jenen Ansatz, der Allen immer gut stand, vermisste man in den Seichtheiten der letzten Filme. In «Irrational Man» kommt er in der titelgebenden Irrationalität der Hauptfigur wieder zum Vorschein: Abe will einen Mann umbringen.
Nicht irgendeinen jedoch: Um seinem Leben wieder einen Sinn zu verleihen - und zugegebenermassen auch, um seine Erektionsprobleme zu überwinden - will Abe einen als Fiesling in Szene gesetzten Richter ermorden, der einer armen Frau unverdientermassen das Sorgerecht für ihr Kind aberkennen möchte. Wie Woody Allen anhand der Thematisierung des «ethisch richtigen Verbrechens» grundlegende existenzialistische Fragen und psychologische Muster diskutiert, ist bravourös.
Im Gegensatz zu ungefähr der Hälfte seiner Werke zieht Allen in «Irrational Man» den Spannungsbogen nicht aus der Liebesaffäre als solcher. Vielmehr strauchelt er sich dank eines erhabenen Drehbuchs, begabter Darsteller und seinem herausragenden Händchen für den tragischen Witz durch eine unterhaltsame Intellektuellen-Mord-Romanze.
«Irrational Man» läuft am Montag, 27. August, um 23 Uhr auf SRF zwei. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.
Die Kino-Highlights im August
5 Kino-Highlights im August
Rührendes, Spannendes, Durchgeknalltes: Das Kino-Programm im August hat für jeden Geschmack etwas zu bieten. Hier finden Sie die Highlights.
Ab Donnerstag, 2. August, beweist Tom Cruise als Agent Ethan Hunt in «Mission: Impossible - Fallout» wieder einmal, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört.
Die Stunts macht er noch immer grösstenteils selber: Tom Cruise als Ethan Hunt.
Mit «Mission: Impossible - Fallout» kommt am Donnerstag, 2. August, der inzwischen sechste Teil der Agenten-Reihe in die Kinos.
Mit der Provinzkrimi-Komödie «Sauerkrautkoma» startet am 9. August die mittlerweile fünfte Verfilmung eines Eberhofer-Romans der Autorin Rita Falk. Natürlich wieder mit Sebastian Bezzel als Dorfpolizist Franz Eberhofer (l.) in Nöten.
Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel, Zweiter von rechts) wird, sehr zu seinem Missfallen, nach München versetzt. Doch das ist nicht alles: Bei Eberhofers Papa (Eisi Gulp, r. ) liegt eine Leiche im Kofferraum.
Ab 9. August in den Kinos: «Sauerkrautkoma».
Christopher Robin (Ewan McGregor) ist erwachsen geworden. Als er allerdings nicht mehr weiter weiss, bekommt er Besuch von seinen alten Freunden aus Kindertagen.
Die Stofftiere in ihrem ersten Live-Action-Abenteuer (von links): Winnie Puh, Ferkel, I-Ah und Tigger.
Regie führte bei «Christopher Robin» (ab 16. August) übrigens Marc Forster.
Gus Van Sant hat die bewegende Biografie «Don't worry, weglaufen geht nicht» verfilmt. Joaquin Phoenix spielt darin den nach einem Autounfall querschnittsgelähmten John Callahan.
John (Joaquin Phoenix) freundet sich mit Donnie (Jonah Hill) an, einem reichen Hippie, der eine sehr unkonventionelle Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen hat.
Ab 16. August zu sehen: «Don't worry, weglaufen geht nicht».
Regisseur Spike Lee kehrt am 23. August mit dem Drama «BlacKkKlansman» zurück ins Kino. Polizist Ron Stallworth (John David Washington, rechts) will den rechtsradikalen Ku-Klux-Klan unterwandern. Dazu benötigt er aber die Hilfe von Kollege Flip (Adam Driver).
Stallworth will den Anführer des Ku-Klux-Klans, David Duke (Topher Grace) blossstellen.
Startet am 23. August: «BlacKkKlansman».
Die schönsten Küsse der Filmgeschichte
Die schönsten Küsse der Filmgeschichte
Liebe lebt von zärtlichen Worten und Taten: Die Galerie präsentiert die schönsten Lippenbekenntnisse aus Kinoklassikern - passend zum Weltkusstag am 6. Juli.
Platz 20: Küssen muss nicht zwingend eine todernste Angelegenheit sein - es geht auch mit Humor. Vor allem, wenn Komödienspezialist Billy Wilder im Spiel ist. Dolores Rosedales und Tom Ewells passionierter Nahkampf im Sand in «Das verflixte 7. Jahr» (1955) ist eine Parodie auf eine andere berühmte Kussszene der Filmgeschichte: die aus dem Militärdrama «Verdammt in alle Ewigkeit» (1953).
Platz 19: Das US-Remake des Nouvelle-Vague-Klassikers «Ausser Atem» (1960) wäre wahrscheinlich längst in Vergessenheit geraten, hätten Richard Gere und Valerie Kaprisky in «Breathless» (1983) nicht diese ebenso akrobatische wie anmutige Kussszene gedreht.
Platz 18: Alfred Hitchcock verstand sich nicht nur auf Hochspannungsszenen, sondern auch auf die perfekte Inszenierung romantischer Zweisamkeit. In «Berüchtigt» (1946) fiel ihm das besonders leicht: Mit Cary Grant und Ingrid Bergman standen zwei der schönsten Leinwandstars ihrer Zeit vor seiner Kamera.
Platz 17: Spuckefäden und feuchte Zungenspiele in Nahaufnahme sind vielleicht nicht jedermanns Sache. Skandalregisseur Gaspar Noé wollte die Liebe aber eben unverkitscht und körperlich in Szene setzen. Das ist ihm in seinem Kunstporno «Love» (2015) auf beachtliche Weise gelungen.
Platz 16: Im französischen Kritikerliebling des Jahres 2012, «Blau ist eine warme Farbe», stürzen sich Adèle Exarchopoulos (links) und Léa Seydoux in eine Affäre ohne Hoffnung. Zärtlich, anrührend, leidenschaftlich und tragisch.
Platz 15: Das letzte Rätsel der Menschheit ist seit Martin Brests Fantasy-Schmachtdrama «Rendezvous mit Joe Black» (1998) gelöst. Der Tod ist ein charmanter Mann mit blendend weissen Zähnen und den Gesichtszügen von Brad Pitt. Ungezählte Stossseufzer hallten durch die Kinos, als Claire Forlani die Lippen des verliebten Sensenmanns berührte.
Platz 14: Zwei wunderschöne Menschen, selbstvergessen vor lauter Leidenschaft im Platzregen der Liebe: Natürlich wurden Hugh Jackman und Nicole Kidman am Ende von Baz Luhrmans Monumentalromanze «Australia» (2008) ein Paar. Und wie!
Platz 13: Im sonnendurchfluteten Thriller «Der Swimmingpool» (1969) spielten die Ex-Partner Alain Delon und Romy Schneider Szenen ihres vergangenen Liebesglücks nach. Knisternde Erotik in patschnassen Badetextilien. L'amour!
Platz 12: Mystery mit Mundkontakt: Laura Harring (links) verführt in «Mulholland Drive» (2001) als rätselhafte Fremde erst Naomi Watts und knutscht später wild enthemmt mit Melissa George (rechts). Die Inszenierung ist wie immer bei David Lynch hochgradig voyeuristisch. Und hochgradig wirkungsvoll.
Platz 11: Nanu, wer küsst denn da Charlton Heston? Es ist Kim Hunter, die im Schimpansenfell als Dr. Zira in «Planet der Affen» (1968) zarte Bande zur menschlichen Spezies knüpft. Affig? Nein, episch!
Platz 10: Wenn die Liebe kopfsteht ... Tobey Maguire und Kirsten Dunst liessen die Romantikfans im ersten «Spider-Man»-Film von Sam Raimi (2002) nicht hängen. Hinreissend schön anzuschauen, eine Tortur beim Dreh: Hauptdarsteller Maguire lief fortwährend der Regen in die Nase.
Platz 9: Küss mich, Cowboy! Jake Gyllenhaal (links) und Heath Ledger zeigten in Ang Lees Oscarerfolg «Brokeback Mountain» (2005), was Männerliebe wörtlich bedeutet. Ein grosser Tabubruch und ein grosses, ergreifendes Drama.
Platz 8: Cary Grant bezeichnete Grace Kelly einst als seine Lieblingsdarstellerin. «Sie verfügte über Gelassenheit», sagte er über seine Drehpartnerin aus Hitchcocks «Über den Dächern von Nizza» (1955). Das wirkte sich offenbar sehr vorteilhaft auf einen der schönsten Filmküsse aller Zeiten aus.
Platz 7: Fraglos einer der intimsten bilabialen Filmmomente und gewiss kein gefakter Kuss. Als Nicole Kidman und Tom Cruise in «Eyes Wide Shut» (1999) den Körperkontakt suchten, waren die beiden miteinander verheiratet. Und einzig Regisseur Stanley Kubrick befand sich beim Dreh mit ihnen im Raum.
Platz 6: «Ich schau' Dir in die Augen, Kleines» - selten waren Liebende so cool wie Humphrey Bogart als Rick und Ingrid Bergman als Ilsa in «Casablanca» (1942). Die berühmte Kussszene ist trotzdem - oder gerade deswegen - zum Dahinschmelzen.
Platz 5: Am Ende des turbulenten Klassikers «Frühstück bei Tiffany» (1961) liegen sich George Peppard und Audrey Hepburn doch noch in den Armen. Dazu auch hier ein sehr beliebtes Knutschambiente: prasselnder Regen.
Platz 4: Es gibt nie eine zweite Chance für die erste Liebe ... Millionen zumeist erwachsener Kinobesucher brach diese Erkenntnis das Herz. Anna Chlumsky und «Kevin allein zu Haus»-Darsteller Macaulay Culkin transportierten sie in «My Girl» (1991) auch einfach zu herzig.
Platz 3: Wollte man den idealen Filmkuss in Bronze giessen, so sähe er wahrscheinlich aus. Clark Gable und Vivien Leigh in «Vom Winde verweht» (1939) gelten eben nicht von ungefähr als Leinwandtraumpaar schlechthin.
Platz 2: Ein Wunder, dass der Eisberg, welcher der «Titanic» zum Verhängnis wurde, nicht geschmolzen ist im Angesicht dieser Liebenden ... Kate Winslet und Leonardo DiCaprio knutschten sich 1997 wechselseitig in eine Weltkarriere.
Platz 1: Zum Ende ein Abschiedskuss! Als der knuffige Ausserirdische «E.T.» (1982) in die Heimat zurück will, drückt Drew Barrymore ihm einen Schmatzer auf die Aliennase - und jedem, der kein Herz aus Stein hat, kräftig auf die Tränendrüse. Für uns der schönste Filmkuss aller Zeiten.
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