Die Schweiz hat ungeschlagen die EM-Achtelfinals erreicht. In den drei Spielen der Gruppenphase gab es viele Gewinner, aber auch einige Verlierer.
Dan Ndoye, der Überflieger
In der Qualifikation spielte er eine eher kleine Rolle, in diesem Jahr wurde er zu einem wichtigen Faktor im Spiel der Schweizer. Sei es über links oder über rechts: Mit seiner Schnelligkeit und seinen Dribblings liess Dan Ndoye die Herzen der Fans höherschlagen. Allerdings rutschten diese oft gleich darauf wieder in die Hose. Denn der letzte Pass sowie der goldene Abschluss wollten dem 23-jährigen Waadtländer vorerst nicht gelingen. «Da muss ich mich noch verbessern», hatte Ndoye eingeräumt, der trotz seines jungen Alters viel Selbstreflexion und Reife mitbringt. Gesagt, getan: Gegen Deutschland, den stärksten Gruppengegner, erzielte Ndoye sein erstes Tor als Nationalspieler.
Ruben Vargas, der Glücklose
Es sollte sein Turnier werden. Zu Beginn der EM verkündete Ruben Vargas selbstbewusst, dass er nach fünf Spielzeiten beim Bundesligisten Augsburg bereit für eine neue Herausforderung sei. Vielleicht hat er sich in seinem Bestreben, sich auf der grossen Bühne bestmöglich zu präsentieren, selbst unter Druck gesetzt. Im ersten Spiel vergab er leichtfertig eine Grosschance, im zweiten konnte er sich nicht in Szene setzen und zog sich zudem eine Fussverletzung zu, die ihn im dritten Spiel vorerst auf die Bank zwang. Als er gegen Deutschland eingewechselt wurde, schien sich das Blatt zu wenden, doch sein vermeintliches 2:0 wurde wegen knappem Offside aberkannt. Bisher fehlte dem 25-Jährigen das nötige Glück.
Manuel Akanji, der Abwehrpatron
Er sei «absolut überragend» gewesen, sagte der deutsche Trainer Julian Nagelsmann über Manuel Akanji. Doch nicht nur gegen Deutschland brillierte der 28-Jährige, auch in den anderen Spielen zeigte er, dass er zu dem gereift ist, was sich Murat Yakin von ihm wünscht. «Ich wollte, dass neben Granit (Xhaka) noch mehr Spieler Verantwortung übernehmen. Dass wir eine Achse haben, welche die Mannschaft trägt», erklärte der Schweizer Trainer. «Manu» habe in dieser Hinsicht nochmals einen grossen Schritt nach vorne gemacht.
Nico Elvedi, der Kaltgestellte
Er gehört zu jenen, die ihre Qualitäten noch nicht unter Beweis stellen konnten. Nachdem Nico Elvedi an den letzten beiden Grossturnieren neben Manuel Akanji gesetzt war, musste er in diesem Jahr Fabian Schär den Vortritt lassen. Das endgültige Urteil fiel wohl im Testspiel gegen Österreich kurz vor der EM, als Elvedi nicht nur beim Gegentor eine unglückliche Figur machte. An diesem Turnier hat der 27-jährige Innenverteidiger, der bei Borussia Mönchengladbach eine schwierige Saison hinter sich hat, noch keine Minute gespielt. Gleiches gilt für Renato Steffen (neun Einsätze in der Qualifikation) und Noah Okafor (sieben Einsätze), die bisher kaltgestellt wurden.
Granit Xhaka, der Gereifte
Seit vier Jahren ist er Captain und damit Leader der Nationalmannschaft, und diese Rolle hat Granit Xhaka an dieser EM bisher eindrücklich zementiert. Allein durch seine Präsenz verleiht er dem Schweizer Spiel Sicherheit. Auch seinen Teamkollegen gehen langsam die Superlative aus. «Er war schon immer ein Weltklassespieler», sagt Silvan Widmer über Xhaka. «Jetzt ist sein Einfluss auf das Spiel noch grösser geworden.» Voller Vertrauen nach der Double-Saison mit Leverkusen und gereift durch die Trainerausbildung ist der 31-Jährige der wohl wichtigste Erfolgsfaktor im Schweizer Spiel.
Michel Aebischer, der «Neue»
Er war eine der beiden grossen Überraschungen, als Murat Yakin seine erste EM-Startelf bekannt gab. Der eigentlich zentrale Mittelfeldspieler, der in der Qualifikation neben zwei Kurzeinsätzen nur im letzten Duell gegen Rumänien zum Zug gekommen war, wurde auf der linken Mittelfeldseite aufgestellt. «Ein formstarker Spieler wie Michel Aebischer muss irgendwo auf dem Platz sein», erklärte Yakin die spezielle Variante. Der 27-jährige Freiburger zahlte das Vertrauen des Trainers gegen Ungarn gleich mit einem Tor und einer Vorlage zurück. Auch gegen Schottland und Deutschland war der Spieler aus Bologna gesetzt. Einige Patzer in der Defensive erinnerten daran, dass dies nicht seine angestammte Position ist. Ansonsten zeigte er sich gewohnt kämpferisch und bewies die nötige Übersicht.
Breel Embolo, der Rückkehrer
Noch wenige Wochen vor der EM war seine Teilnahme mehr als fraglich. Doch Breel Embolo kämpfte sich nach einer erneuten Verletzung zurück, bestritt jedes Spiel und erzielte sogar ein Tor. Gegen Deutschland stand der 27-jährige Stürmer erstmals in der Startelf und hielt dem Druck stand. «Dass Breel das geschafft hat, ist vor allem ihm selbst zu verdanken», sagte Assistenztrainer Giorgio Contini. «Er ist trotz Rückschlägen positiv geblieben, hat in Monaco sofort mit der Aufbauarbeit begonnen und ist dann früh in die Schweiz gekommen, wo er immer wieder ans Limit gegangen ist.» Nach harter Arbeit kann sich Embolo nun endlich wieder auf der grossen Bühne zeigen.
Zeki Amdouni, der Übergangene
Nach der Verletzung von Breel Embolo vor einem Jahr galt es, eine grosse Lücke zu schliessen. Zeki Amdouni gelang dies vorerst am besten. Nachdem er in den ersten vier Qualifikationsspielen fünfmal getroffen hatte, entstand sogar ein kleiner Hype um den Stürmer aus Genf. Gegen Ungarn hatte man mit ihm in der Startelf gerechnet. Doch Yakin setzte auf Kwadwo Duah, der erst kurz vor dem Turnier sein Debüt in der Nationalmannschaft gegeben hatte. Während der Berner mit seinem Tor weiter an seinem persönlichen Märchen schrieb, musste sich Amdouni mit Teileinsätzen begnügen. Vielleicht kommt die Zeit des 23-Jährigen noch. Vorerst bleibt er aber ein Joker.