Angelica Moser ist Europameisterin. Nervenstark war die Stabhochspringerin schon immer, das turnerische Element klappte auch und dank Trainer Adrian Rothenbühler kommt nun mehr Speed im Anlauf hinzu.
«So wie du in den Wald rufst, so schallt es heraus. Das gilt auch für die Leichtathletik», sagt Rothenbühler. Der Trainer aus dem Emmental benutzt diese Metapher, um den Schwerpunkt seiner Arbeit mit Europameisterin Angelica Moser zu beschreiben: den Anlauf.
«Der Anlauf ist in jeder Disziplin wichtig. Wenn du einen sauberen, geordneten Anlauf hast, kommt der Rest auch gut. Stimmen die letzten Schritte hingegen nicht, gibt es Folgefehler.» Rothenbühler, ein ausgesprochener Kraft- und Sprintspezialist, der sportartübergreifend wirkt, setzt also den Schwerpunkt auf dem Weg zum Einstichkasten.
Die Zahlen belegen es
Den Erfolg seiner Arbeit macht der Trainer an drei Punkten fest:
Erstens: «Angelica ist im Sprint ohne Stab schneller geworden. Nicht massiv, aber über 20 m fliegend hat sie neulich eine Bestzeit erzielt.»
Zweitens: «Angelica läuft mit oder ohne Stab fast gleich schnell.» Sie habe, zu ihrem Vorteil, nur eine kleine Einbusse. Bei einem Meeting in Frankreich wird in der Hallensaison der Speed jeweils unter Wettkampf-Bedingungen gemessen. «Angelica hat sich von 8,1 m/s auf 8,4 m/s gesteigert. Das ist signifikant.»
Drittens: «Die Art und Weise, wie Angelica den Anlauf gestaltet, hat sich verbessert. Sie ist eine der stärksten Frauen, die ich je trainiert habe. Nun kann sie diesen Power im Anlauf umsetzen. Sie läuft technisch besser.»
Intensität gesteigert
Rothenbühler wählte bei der Athletin, die bereits als 18-Jährige 2016 an den Olympischen Spielen in Rio teilnahm, einen neuen Fokus: «Angelica hat lange kunstturnmässig trainiert. Bei der Arbeit am Stab ist sie sehr gut, sie kann in diesem Bereich viel machen. Aber wenn der Anlauf nicht stimmt, nützt das Turnerische auch nicht mehr so viel.» Rothenbühler legt das Augenmerk im Training auf die Intensität. Selbst Aussenstehende konstatieren, dass die Stabhochspringerin so fit wirkt wie noch nie.
Mehr Speed bedeutet eine Umstellung bei der Einstichbewegung. Sie muss schneller erfolgen. Die Adaption ist erfolgt, wie der Schweizer Rekord (4,78 m) vom Montagabend beweist. Seit dem März 2021 hat die Stabhochspringerin mehrmals 4,75 m erreicht. Nun folgte der nächste Schritt. Für Rothenbühler ein Zwischenschritt auf dem Weg zu 4,90 m, die an Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften erforderlich sein dürften, um wie in Rom in die Kränze zu kommen.