Die Ära von Joachim Löw hätte am Mittwochabend beinahe im Desaster geendet. Nach der nervenaufreibenden Vorrunde und der knappen Achtelfinal-Qualifikation versprühen die Deutschen Optimismus.
Sechs Minuten fehlten Ungarn, um in den Achtelfinal einzuziehen. Der eingewechselte Leon Goretzka verhinderte mit dem 2:2 die Sensation und eine weitere Endrunden-Enttäuschung der Deutschen, drei Jahren nach ihrem Vorrunden-Out bei der WM in Russland.
Löw war nach seinem 197. Match als deutscher Bundestrainer gezeichnet. In seinem Gesicht war das nervenaufreibende Szenario der Partie zu erahnen: «Es war eines der schwierigsten Spiele überhaupt.» Löw war darum bemüht, das Positive herauszustreichen. Dass spielerisch bei stürmischen Verhältnissen in München vieles im Argen lag, verschwieg der 61-Jährige nicht.
Aber wichtiger war ihm vor dem Achtelfinal am Dienstag in London gegen England, die Einstellung seiner Spieler zu loben. Diese hätten «viel Moral und extrem gute Mentalität» gezeigt. Auch deshalb habe er nie den Gedanken gehabt, es könne sein letztes Spiel an der Spitze der deutschen Nationalmannschaft sein. Der Staff habe draussen immer das Gefühl gehabt, «dass wir in der Lage sind, ein Tor zu machen».
Das Schlimmste überstanden
Die Vorrunde sei nun abgehakt, betonte Löw: «Jetzt geht es um alles oder nichts. Das ist auch eine gute Situation.» Nach dem überstandenen Sturm und der knapp verpassten Blamage scheinen die Deutschen mit einer gewissen Lockerheit voraus zu blicken, fast so, als wäre das Schlimmste überstanden. «Wembley liegt uns», freute sich Manuel Neuer. Und Joshua Kimmich meinte: «Geil! Ein schöneres Spiel gibt es fast nicht. Und ich sehe da gute Chancen für uns.»
Es gibt so einiges zu verbessern bei den Deutschen. Aber sie haben gegen Portugal auch gezeigt, dass sie viel Druck entwickeln und dominieren können, wenn sie ihrer Linie treu bleiben und die individuellen Fehler minimieren. Es war für den vierfachen Weltmeister eine komplizierte Vorrunde, die aber als Ausgangspunkt für Grösseres stehen könnte. «Wir haben klasse Jungs, und wir haben Selbstvertrauen», gab Neuer eine milde Kampfansage an die Engländer.
Löws Versprechen
Die Engländer wussten schon zuvor, dass der Achtelfinal auch im Fall des Gruppensiegs eine Knacknuss werden würde gegen den Zweiten der «Todesgruppe». Und das wird es am Dienstag, auch wenn Deutschland nicht in der Achtelfinal stürmte, sondern stolperte und stotterte, wie die englische Zeitung «The Sun» feststellte.
Nochmals einen ähnlichen Auftritt wie gegen Ungarn dürfen die Engländer aber nicht erwarten. «So viel kann ich versprechen: Wir werden anders auftreten als heute», sagte Löw nach er Zitterpartie.