Deutschland gelingt an der Europameisterschaft der Befreiungsschlag. Die Deutschen schlagen Titelhalter Portugal nach Rückstand mit 4:2.
Das Team von Joachim Löw zeigte dabei eine grandiose Leistung, zumindest eine Stunde lang. Endgültig vergessen sind nun das 0:6 in Spanien Ende des letzten Jahres und das 1:2 daheim gegen Nordmazedonien diesen Frühling in der WM-Qualifikation.
Deutschland dominierte Portugal von Anfang an, verbesserte sich mit dem deutlichen Sieg in der Tabelle der Gruppe F auf den zweiten Platz und kann am Mittwoch mit einem Sieg über Ungarn nicht nur weiterkommen, sondern sogar noch die Gruppe gewinnen.
Gosens...
Spätestens nach einer Stunde gab es über den Ausgang der Partie keine Zweifel mehr. Robin Gosens, der Spätberufene (ohne ein Junioren-Länderspiel), der schon bei der Niederlage gegen die Franzosen der stärkste (weil agilste) deutsche Akteur gewesen war, köpfte aus kurzer Distanz zum 4:1 ein.
Gosens hatte schon nach vier Minuten getroffen. Dieser Wahnsinnstreffer wurde wegen einer Offside-Position von Serge Gnabry noch annulliert. Die Deutschen stürmten weiter. Sie liessen sich auch von einem 20-minütigen Rückstand nicht verunsichern.
... und Müller
Dennoch benötigte Deutschland auch Glück. Die zwei wichtigsten Tore vom 0:1 zum 2:1 erzielten innerhalb von 239 Sekunden zwei portugiesische Verteidiger für Deutschland: zuerst Ruben Dias (35.), dann Raphael Guerreiro (39.). Schier unglaublich: Deutschland führte gegen Portugal mit 2:1, der einzige deutsche Torschütze während der ersten 140 EM-Minuten war jedoch Mats Hummels, der gegen Frankreich ebenfalls ins eigene Tor getroffen hatte.
Kai Havertz (51.) und Gosens korrigierten in der ersten Viertelstunde der zweiten Halbzeit mit den Goals vom 2:1 zum 4:1 diesen Makel. Am Ende liess sich festhalten: Bundestrainer Löw hatte den richtigen Riecher, als er gegenüber dem 0:1 gegen Frankreich die Startaufstellung nicht veränderte. Thomas Müller, der deutsche Rückkehrer nach drei Jahren Absenz, kurbelte das Offensivspiel an und war an allen Toren beteiligt.
Seltene Niederlage
Dennoch sind die Deutschen noch kein Titelanwärter. Wenn es schnell geht, wenn der Gegner schnell nach vorne spielt, steht die deutsche Hintermannschaft immer noch viel zu schnell im Schilf. Dies wurde nach einer Viertelstunde offensichtlich, als Cristiano Ronaldo zuerst vor dem eigenen Tor per Kopf klärte und gut zehn Sekunden später nach einem Sprint über 97 Meter frei vor Manuel Neuer zum 1:0 für Portugal einschieben konnte. Später sorgte die deutsche Abwehr derart für Konfusion, dass Goalie Neuer Richtung Spielerbank nach Massnahmen schrie, um die komfortable Führung sicher über die Zeit zu bringen.
Dennoch: Die deutsche Gesamtbilanz des zweiten Spiels glänzt. Schliesslich sind die Portugiesen nicht irgendein Gegner. Inklusive des EM-Triumphs von 2016 verloren die Portugiesen an EM-Endrunden seit zwölf Spiele nicht mehr. Cristiano Ronaldo (1 Tor und 1 Assist gegen Deutschland) präsentiert sich in Topform. Portugals Superstar geht immer noch davon aus, dass die aktuelle portugiesische Auswahl noch stärker ist als die Gold-Equipe von 2016. Die Gelegenheit, das unter Beweis zu stellen, bietet sich den Portugiesen am Mittwoch gegen Frankreich.
Portugal – Deutschland 2:4 (1:2)
München. – 14'500 Zuschauer. – SR Taylor (ENG). – Tore: 15. Ronaldo (Jota) 1:0. 35. Dias (Eigentor) 1:1. 39. Guerreiro (Eigentor) 1:2. 51. Havertz (Gosens) 1:3. 60. Gosens (Kimmich) 1:4. 67. Jota (Ronaldo) 2:4.
Portugal: Rui Patricio; Semedo, Dias, Pepe, Guerreiro; Carvalho (58. Rafa Silva), Danilo; Bernardo Silva (46. Sanches), Fernandes (64. Moutinho), Jota (83. André Silva); Ronaldo.
Deutschland: Neuer; Ginter, Hummels (73. Can), Rüdiger; Kimmich, Gündogan (73. Süle), Kroos, Gosens (62. Halstenberg); Havertz (73. Goretzka), Müller; Gnabry (87. Sané).
Bemerkungen: Portugal ohne João Felix und Mendes (beide verletzt). Deutschland ohne Hofmann und Klostermann (beide verletzt) und Musiala (nicht im Aufgebot). 79. Pfostenschuss Sanches. Verwarnungen: 66. Havertz (Foul). 77. Ginter (Foul).