Marokko scheidet aus der grossen WM-Entscheidung aus. Den Titel des Überraschungsteams von Katar haben die Nordafrikaner auf sicher, Platz 3 ist am Samstag gegen Kroatien das letzte Ziel.
«Wir haben das Maximum gegeben, das ist die Hauptsache», meinte Marokkos Trainer Walid Regragui. Der 47-Jährige stellte wie seine Spieler fest, dass die Mannschaft im Halbfinal gegen Frankreich (0:2) eine grossartige Leistung gezeigt hatte – eine weitere an dieser WM. «Wir haben unglaublich viel Kraft investiert», stellte Goalie Bono fest. «Wir hatten unsere Chancen. Wir wollten unbedingt in den Final und waren uns unserer Sache sicher, aber es hat leider nicht geklappt.»
Den Glauben an den ganz grossen Coup hatte nicht nur die Mannschaft. Auch die zehntausenden Fans im Stadion und jene, die sich in den Städten Marokkos auf den Terrassen der Cafés wiederfanden, waren voller Zuversicht. Erst nach dem 0:2 begannen sich die Treffen auf den Strassen aufzulösen. Nach dem Schlusspfiff waren aber dennoch in Casablanca, Rabat und anderen Städten Autokorsos zu sehen und Hupkonzerte zu hören. «Die Niederlage ändert nichts daran, was wir geleistet haben», stellte Regragui fest.
Mit einer Mannschaft, der das von den wenigsten zugetraut worden war, marschierte der Coach durch das Turnier, eliminierte Belgien, Spanien und Portugal dank einer überragenden Defensive. Gegen Frankreich kassierte Marokko in der Startphase seinen erst zweiten Turniertreffer und fand danach die Mittel, den Weltmeister mit Angriffen in Bedrängnis zu bringen. «Sie haben uns viele Probleme bereitet. Sie haben mich beeindruckt», sagte Frankreichs Antoine Griezmann, der zum Spieler der Partie gewählt wurde.
Die Zeit der Bestätigung
Was kommt jetzt auf Marokko zu, auf die Spieler, die grösstenteils viel besser aufgetreten sind, als das Renommee ihrer Vereine vermuten lassen würde? «Nach einer Niederlage ist es schwierig, für die Zukunft zu planen», sagte Regragui. Der Blick richtete sich vorerst auf den Samstag und das Duell gegen Kroatien um Platz 3: «Wir brauchen einige Zeit, um uns zu erholen, dann werden wir das Spiel angehen. Wir wollen Dritter werden, um unser Land stolz zu machen.»
Die WM von Marokko habe nicht nur dem Land, sondern «ganz Afrika und der arabisch-muslimischen Welt zu Ehre gereicht», schrieb die marokkanische Tageszeitung «L'Opinion». Als erstes afrikanisches Team stand Marokko unter den letzten vier einer Weltmeisterschaft. Die Spieler haben sich übertroffen, und einige von ihnen dürften schon in den kommenden Wochen zu grösseren Klubs wechseln. Sofyan Amrabat soll bei Liverpool ein Thema sein, Azzedine Ounahi bei Leicester.
Der Fussball in Marokko soll dank den Leistungen der «Löwen vom Atlas» wachsen, so Regragui. «Wir wollen uns für jede WM qualifizieren, damit es für die Menschen in Zukunft normal ist. Wir haben viel erreicht, wir haben gezeigt, dass wir mit den Top-Teams mithalten können. Wir müssen das regelmässig zeigen und beweisen, dass es kein Zufall war.»
Am Samstag besteht schon die erste Möglichkeit zur Bestätigung. Die Marokkaner beenden die für sie historische WM so, wie sie sie begonnen hatten: mit einem Duell gegen Kroatien (0:0). Diesmal wäre ein positives Resultat aber keine Überraschung mehr.