«Der Weg eines Talents an die Spitze darf nicht an finanziellen Hürden scheitern», so die Maxime von Dominique Gisin, die sich bei der Stiftung Schweizer Sporthilfe stark engagiert.
Dominique Gisin ist bei der Stiftung Schweizer Sporthilfe, die am Samstag in Zürich mit einer grossen Gala ihr 50-Jahr-Jubiläum begeht, seit April 2019 als Delegierte des Stiftungsrates tätig. Die Abfahrts-Olympiasiegerin von 2014 ist dabei auf strategischer und repräsentativer Ebene engagiert.
Parallel dazu ist Gisin an der ETH mit ihrem Master-Studium gefordert. «Fliegerisch» sei sie ebenfalls nach wie vor aktiv, dazu gebe es zahlreiche weitere «kleinere und grössere Projekte», so die 36-jährige Engelbergerin, die auch Einsitz im Verwaltungsrat der Titlis Bergbahnen nimmt.
Dominique Gisin, die Schweizer Sporthilfe lädt zur grossen Jubiläumsgala ein. Wer wird am Samstag alles mitfeiern?
«Mehr als 600 Gäste aus dem Sport, unter ihnen unzählige Legenden aus der Sportwelt, ehemalige und aktuelle Athletinnen und Athleten. Dazu werden auch ganz viele Menschen an der Gala sein, die dem Sport in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stark geholfen haben, sei dies bei der Sporthilfe, Swiss Olympic und den diversen Sportverbänden. Ich freue mich auf einen wunderbaren Abend.»
Auf wen oder was freuen Sie sich besonders?
«Auf die Emotionen. Es werden auch Athleten dabei sein, mit denen wir in diesem Sommer an den Olympischen Spielen in Tokio mitfiebern durften. Natürlich freue ich mich aber auch besonders darauf, alte Bekannte aus dem Sport wieder einmal treffen zu können und mich mit ihnen auszutauschen. Und nicht zuletzt hoffe ich, dass wir von diesem Anlass auch ganz viel Unterstützung, natürlich in finanzieller Form, werden mitnehmen können.»
Sie sind seit zweieinhalb Jahren die Delegierte des Stiftungsrates der Schweizer Sporthilfe. Was wird Ihre Rolle an der Gala sein?
«Diese sieht vor, dass ich mit ganzem Herzen dabei bin. Die Sporthilfe ist für mich eine enorm wichtige Institution im Schweizer Sport. Es ist nach wie vor nötig, dass die Athleten direkt finanziell unterstützt werden. Ganz viele von ihnen leben, das hat auch kürzlich wieder eine Studie gezeigt, mit ihrem Lohn massiv unter dem Mindestlohn. Trotzdem erbringen sie diese gewaltigen Leistungen. Unsere Vision war und ist es, dass der Weg eines Talents ganz an die Spitze nicht an finanziellen Hürden scheitern darf. Dafür stehe ich ein. Die Arbeit wird uns nicht ausgehen, aber nun an der Gala dürfen wir auch einmal feiern und die fünfzig Jahre Revue passieren lassen.»
Ein anderer wichtiger, eigentlich jährlich wiederkehrender Anlass, der Super10Kampf, wird heuer zum zweiten Mal hintereinander nicht stattfinden. Was bedeutet das für die Stiftung Schweizer Sporthilfe?
«Das tut uns allen sehr weh. Einerseits, weil es ein toller Anlass ist, andrerseits, weil eine solche Absage sich auch finanziell auswirkt. Mit dem Super10Kampf konnten wir immer auch Einnahmen generieren.»
Wurde der Anlass im August vielleicht etwas zu früh abgesagt?
«Unser Auftrag ist es, die Athleten zu unterstützen, in diesen turbulenten und schwierigen Zeiten erst recht. Sie müssen sich auf unsere Beiträge verlassen können. Doch die Gesundheit aller geht vor. Die Unsicherheit, in welcher Form und unter welchen Bedingungen der Super10Kampf genau hätte stattfinden können, war zu gross. Das Ganze beinhaltete auch ein finanzielles Risiko, welches wir nicht eingehen wollten und durften.»
Wie sicher ist denn das finanzielle Fundament der Stiftung Schweizer Sporthilfe?
«Zum Glück gibt es mehrere Säulen, auf die wir uns abstützen können. Die Lotteriegesellschaften sind für uns ganz, ganz wichtig. Auch dürfen wir auf Partner aus der Wirtschaft zählen, eine weitere wichtige Säule ist die breite Bevölkerung. Zum Glück blieb die Unterstützung aus all diesen Bereichen in Zeiten der Pandemie recht stabil. Die Solidarität spielt weiterhin. Aber klar: Ein Jahr wie 2020 ist gar nicht einfach. Wir waren auf zusätzliche Unterstützung angewiesen. Nun stehen wir aber wieder auf eigenen Beinen.»
Beim 25-Jahr-Jubiläum war die Rede davon, dass man über all die Jahre total 50 Millionen Franken für die Förderung von rund 2000 Athleten aufgebracht hat. Nun, nach 50 Jahren Schweizer Sporthilfe, ist man bei rund 150 Millionen für über 20'000 Athleten angelangt. Der Geldbedarf nimmt also zu.
«Auch der Sport hat sich in diesem halben Jahrhundert massiv entwickelt, er wurde viel professioneller. In vielen Ländern wird er zudem staatlich stark unterstützt, was bei uns nicht der Fall ist. Diese Lücke versuchen wir ein bisschen zu füllen, deshalb ergeben sich solch hohe Beträge. Zum Effekt trägt bei, dass ganz viele Sportarten neu dazugekommen sind. Wie genau es weitergeht, werden wir sehen. Klar ist, dass unser Herz weiterhin für alle Athleten schlagen wird. Wir werden weiterhin die unterstützen, die es nötig haben. Es soll sich keiner Gedanken machen müssen, wie er die nächste Monatsmiete bezahlen soll.»
Welche Athleten stehen im Fokus der Sporthilfe?
«Das ist sehr abhängig von der Sportart. Oftmals sind es Athleten, die nicht oder noch nicht im Fernsehen zu sehen sind und deshalb keine grosse Aufmerksamkeit generieren können. Unsere Unterstützung lehnt sich sehr stark an das Karten- und Karrierenweg-System von Swiss Olympic an.»
Im April 2021 wurde der Team Suisse Athletenförderclub lanciert. Wie viele der als Vision angestrebten 100'000 Mitglieder konnte man schon gewinnen?
«Nächste Woche ist Stiftungsrats-Sitzung. Ich bin gespannt auf die Resultate. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg. Durch diesen Club hat eine massive Verjüngung und Expansion der Gönner und Unterstützung stattgefunden. Das war keineswegs selbstverständlich in Zeiten wie diesen, in denen sich viele Leute mit ganz anderen Problemen herumschlagen. Wir sind enorm dankbar und auch überwältigt von dieser Welle der Unterstützung.»
Warum braucht es die Sporthilfe?
«Damit die Athleten wirklich auch direkt unterstützt werden. Wie gesagt: In der Schweiz sind viele von ihnen finanziell auf wackligen Beinen unterwegs.»
Aber könnte die Athleten-Unterstützung nicht auch direkt durch Swiss Olympic und den jeweiligen Sportverband geschehen?
«Eine gute Frage. Aber das jetzige System, dass die Athleten durch die Sporthilfe unterstützt werden, hat sich über all die Jahre bewährt. Die Unterstützung geht sowieso Hand in Hand und sind wir, Swiss Olympic und die Verbände eng miteinander verzahnt. Wer unterstützt wird, ist untereinander abgesprochen. Wir alle sind ein Mosaikstein im ganzen Gefüge, auch die Armee ist Teil davon.»
Wenn Sie zum Jubiläum einen Wunsch frei hätten, was wünschten Sie sich für die Sporthilfe?
«Dass ich auch das 100-Jahr-Jubiläum erleben dürfte und der Weg dahin ein erfolgreicher bleibt. Das würde bedeuten, dass auch weiterhin noch ganz viele Athletinnen und Athleten unterstützt werden können und ihren Traum nicht wegen finanzieller Hürden aufgeben müssen.»