Marokko «Es kostet nichts, Träume zu haben»

sda

12.12.2022 - 06:00

Walid Regragui ist der Architekt des marokkanischen WM-Teams
Walid Regragui ist der Architekt des marokkanischen WM-Teams
Keystone

Die erstaunliche Reise von Marokkos Fussballer bei der WM in Katar geht weiter. Den Aussenseiter trennt nur noch ein Sieg vom Final – auch weil Trainer Walid Regragui bisher alles richtig macht.

Keystone-SDA, sda

Walid Regragui denkt nicht daran, auf die Euphoriebremse zu treten. «Warum sollten wir nicht davon träumen, eine WM zu gewinnen? Es kostet nichts, Träume zu haben», sagt der 47-Jährige nach dem gewonnenen Viertelfinal gegen Portugal und vor dem ersten Halbfinal einer afrikanischen Mannschaft am Mittwoch gegen Frankreich.

Regragui hat selber schon einen bemerkenswerten Weg hinter sich, einen alles andere als einfachen Aufstieg von der französischen Industriestadt Corbeil-Essonnes, gut 30 Kilometer von Paris entfernt, bis Mitten ins Geschehen des Weltfussballs. Mit fünf Geschwistern wuchs er in einem ärmlichen Viertel auf. Er machte die Matur, studierte sich zu einem Diplom und wurde nebenbei vom späteren Meistertrainer Rudi Garcia entdeckt.

Garcia, der 2011 Lille zur französischen Meisterschaft geführt hat, nahm Regragui als Aussenverteidiger in die 1. Mannschaft von Corbeil-Essonnes auf. Mit 24 Jahren startete die Profikarriere. Er machte 45 Länderspiele für Marokko und stand 2004 beim Afrika-Cup im Final. Auf Klubebene spielte er für kleinere Vereine in Frankreich und zwei Saisons in Spanien für Santander.

So richtig durchgestartet ist Regragui erst als Trainer und ganz speziell in den letzten drei Jahren. In Katar gewann er mit Al-Duhail 2020 die Meisterschaft, bevor er gleiches in Marokko mit Wydad geschafft hat. Zudem führte er den Klub aus Casablanca im letzten Mai zum dritten Titel in der afrikanischen Champions League. Seit Ende August ist er erst Trainer von Marokko. Als Nachfolger des strengen Bosniers Vahid Halilhodzic holte er die suspendierten Stars Hakim Ziyech und Noussair Mazraoui zurück und baute ein bemerkenswert solidarisches Team auf.

Marokko solid wie Rocky

«Es ist sehr hart, uns zu schlagen. Das ist die Botschaft, die ich senden möchte», sagte Regragui nach dem Viertelfinal-Triumph im ohrenbetäubend lauten Al-Thumama Stadium. Noch hat es kein Gegner an dieser WM geschafft, Goalie Bono vom FC Sevilla zu bezwingen: Der einzige kassierte Treffer beim 2:1-Sieg gegen Kanada war ein Eigentor.

«Wir haben so viele Menschen auf der Welt glücklich gemacht», freute sich Regragui. «Wir sind der Rocky dieser WM. Wenn man Rocky Balboa gut findet, dann wegen seiner Leidenschaft. Man muss träumen und daran glauben.» Wie Rocky muss aber auch Marokko viel einstecken. Gegen Portugal fehlten Mazraoui krank und Nayef Aguerd verletzt. Captain Romain Saïss musste mit einer Oberschenkel-Blessur vom Rasen. Achraf Hakimi, so der Coach, habe «sich schlecht gefühlt, aber er hat gekämpft.» Zudem sah der eingewechselte Walid Cheddira Gelb-Rot und wird gegen Frankreich sicher fehlen.

Für Regragui sind die kleinen Rückschläge kein Grund zum Grübeln. «Ich habe 26 Spieler. Wenn man dieses Turnier gewinnen will, muss man an alle glauben», erklärt der Coach. «Wenn einer verletzt oder krank ist, kommt ein anderer dafür rein.»