Die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft nimmt die WM in Riga mit grosser Zuversicht in Angriff. Es scheint alles möglich zu sein, sogar die Goldmedaille. Erster Gegner ist am Samstag Tschechien.
Seit dem Amtsantritt von Patrick Fischer als Nationaltrainer im Dezember 2015 haben die Schweizer an Weltmeisterschaften einzig noch bei seinem Debüt 2016 die Viertelfinals verpasst. 2018 scheiterten sie erst im Final im Penaltyschiessen an Schweden, bei der letzten WM vor zwei Jahren fehlten gegen Kanada 0,4 Sekunden zum Einzug in den Halbfinal. Fischer hatte schon vor der WM 2017 davon gesprochen, dass die Schweiz irgendwann Weltmeister werden würde. Wurde er damals für diese Aussage noch belächelt, ist dies nun anders.
Das Team ist mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem ihm alles zuzutrauen ist. In der Vorbereitung entschieden die Schweizer sämtliche vier Partien – sie traten je zweimal gegen Russland (3:1 und 1:0) und Lettland (3:0 und 2:1) an – zu ihren Gunsten, wobei sie sich in der Defensive sehr stabil präsentierten. «Wir haben ganz sicher eine starke Mannschaft und müssen uns definitiv vor niemandem verstecken», bringt es Fischer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf den Punkt. «Wenn wir unsere Gewohnheiten mit hoher Intensität umsetzen, die Details richtig machen, dann können wir mit Sicherheit jeden Gegner bezwingen.»
In diesem Jahr scheint die Chance auf den WM-Titel insofern noch grösser zu sein, als es auf dem Papier keine Übermannschaft gibt. Es sind weniger NHL-Spieler als üblich dabei. «Klar haben andere Teams Absenzen, das haben wir aber ebenfalls», führt Fischer aus und fährt fort: «Es gibt auch in der KHL oder sonst in Europa sehr viele sehr gute Hockeyaner, das sehen wir auch in unserem Team. Wir haben ein gutes Gefühl, sind uns allerdings bewusst, dass es ein Turnier mit schwierigen Spielen wird.»
Der NHL-erfahrene Verteidiger Mirco Müller, der kürzlich einen Vertrag bei Lugano über sechs Jahre unterschrieben hat, äussert sich dahingehend, dass sie selbstbewusst, aber nicht arrogant auftreten müssten, wobei der Grat dazwischen schmal sei. «Wir haben einen guten Mix von jüngeren und älteren Spielern.» Der bei den San Jose Sharks tätige Timo Meier ergänzt: «Wir sind immer noch daran, uns nach oben zu arbeiten, und müssen immer noch härter arbeiten als andere, talentiertere Mannschaften. Wenn wir unsere Stärken, den Kampfgeist und den Zusammenhalt im Team, einsetzen, dann ist alles möglich.»
Neben Tschechien bekommen es die Schweizer der Reihe nach mit Dänemark (Sonntag), Schweden (Dienstag), der Slowakei (Donnerstag), Russland (Samstag), Weissrussland (Sonntag) und Grossbritannien (Dienstag) zu tun. Um die Viertelfinals zu erreichen, ist mindestens Platz 4 in der Gruppe A gefordert. Zuversicht gibt diesbezüglich, dass die Schweizer gelernt haben, gegen Mannschaften, gegen die ein Sieg gefordert wird, das Spieldiktat in die Hand zu nehmen und diese zu dominieren.
Das hat damit zu tun, dass Fischer den Anspruch besitzt und diesen in die Tat umsetzte, auch gegen die Top-6-Nationen mitzuspielen und sich nicht in erster Linie auf eine gute Defensive zu verlassen. Darauf ist sein System ausgerichtet. Sie seien nun so weit, dass sie gegen in der Weltrangliste hinter ihnen liegende Teams «normalerweise gewinnen würden», sagt Fischer. «Allerdings gibt es in unserem Sport immer wieder Partien, in der eine Mannschaft spielerisch besser ist, aber dennoch verliert.»
Wie auch immer, die Qualifikation für die Viertelfinals ist für die Schweizer das Minimalziel. Fischer hat stets das grosse Bild im Kopf: «Es geht nicht um die Goldmedaille an und für sich. Wir haben nach wie vor den Ruf, zwar gut zu sein, aber nicht gut genug für den Titel, dass wir dafür zu weich sind. Diese Stimmen wollen wir zum Verstummen bringen.» Deshalb wird auch bei der Erholung nichts dem Zufall überlassen, zählt die Mannschaft auf funktionelle Schlafbekleidung und die Unterstützung eines Schlaf-Coaches. «Wenn es in den Final reicht, dann bestreiten wir in zehn Partien in 16 Tagen. Das wäre eine enorme Belastung», so Fischer. Damit ist bezüglich Ambitionen der Schweizer alles gesagt.